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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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schließlich um drei Uhr morgens wieder in unser Basislager im Wald zurückkehrte.
    Ich lehnte mich zurück und ruhte mich aus, während ich auf das
militärische Konditionstraining um 05:55 Uhr wartete.
    Das militärische Konditionstraining begann zunächst relativ
harmlos - ein fünf Kilometer-Marsch mit Gepäck über einen Waldweg hinunter durch die Talsenke.
    Als die Ausbilder das Marschtempo jedoch kräftig erhöhten, zog
sich unsere Truppe wieder zu einer langen Reihe auseinander, doch
schon bald erreichten wir das Ende des Weges, wo die Lastwagen wieder auf uns warteten.
    Ich fühlte mich wieder richtig fit und genoss es schon fast, dass ich
in der Lage war, mit dem Tempo Schritt zu halten, während fast alle
anderen hinterhergetrottet kamen.
    In dem Augenblick, als ich fest damit rechnete, dass die Ausbilder
nach links abbiegen würden, wo die Viertonner-LKWs warteten, merkte ich, dass sie auf einmal scharf nach rechts abbogen und den
gut 300 Meter hohen steilen Berghang bis zur Kammlinie hinaufstürmten.

    Das war dann exakt jener Augenblick, in dem die Kommandos
tatsächlich im scharfen Feldwebelton gebrüllt wurden, aber das war
eigentlich die Ausnahme, denn bisher war das so gut wie nie vorgekommen.

     

Die Ausbilder brüsteten sich immer damit, dass sie die
Rekruten nie anbrüllen mussten. Denn das SAS-Auswahlverfahren
an sich war ohnehin schon hart genug.
    Wie sie uns gegenüber oft betonten, bestand ihre Aufgabe lediglich darin, die Prüfungen durchzuführen und zu überwachen.
    Doch auf einmal hatte ein Tempowechsel stattgefunden, denn die
Kommandos kamen mittlerweile lautstark und sehr bestimmt und ernst.
    „Los, Bewegung. Zackig", brüllte der Ausbilder. „Wenn wir irgendeinen von Euch beim Gehen erwischen, ist er raus, kapiert? Ihr
habt diesen Hang hochzulaufen."
    Ich machte es so, wie es befohlen wurde; ich ließ die verlockende
Aussicht auf einen Platz im Lastwagen links liegen und stürmte den
steilen Abhang hinauf, indem ich mich dem Ausbilder an die Fersen
heftete. Mir war allerdings klar, dass ich zuerst meinen Rhythmus
finden musste.
    Das war immerhin ein großer Berghang und mit dem Gewicht des
schweren Rucksacks, war es schier unmöglich, den ganzen Hang laufend zu erklimmen.
    Ich musste einfach nur dafür sorgen, dass ich nicht der Erste war,
der dabei erwischt wurde, wie er schwächelte. Ich holte das Letzte aus
mir heraus und mein Atem ging immer schwerer.

    Auf halbem Weg nach oben blieb der Ausbilder dann stehen, drehte sich zu uns um und beobachtete uns. Ich beschloss daher, weiterhin
bergauf zu laufen, wenn auch langsamer, bis ich auf seiner Höhe war
- ganz gleich, wie erschöpft ich auch war.
    Endlich - ich lief irgendwo im Mittelfeld der Truppe - hatte ich ihn
dann erreicht. Meine Beine und Schultern brannten wie Feuer und
mein Herz und meine Lunge fühlten sich an, als wollten sie explodieren.
    Ich schaute den Hang hinunter und sah, wie ein paar wenige
Nachzügler sich mühsam zu uns bergauf kämpften. Zwei der Jungs
konnten nur noch mit größter Mühe einen Fuß vor den anderen setzen. Ich wusste, dass sie ganz schön in der Klemme saßen.
    Der Ausbilder hatte uns die Bedingungen ja unmissverständlich
klargemacht: Wer läuft, besteht; wer geht, fällt durch.
    „Rechts um, Leute; Ihr marschiert wieder den Weg hinunter und
steigt in die Viertonner. Und Ihr", bellte er, indem er auf die beiden
letzten Rekruten zeigte, „Ihr beiden kommt mit mir." Als wir dann auf
dem Rückweg waren und uns alle nacheinander in die Lastwagen
quetschten, die auf dem schlammigen Parkplatz standen, überkam
mich ein Gefühl großer Erleichterung. Von der Ladefläche meines Bedford-Lastwagens aus beobachtete ich, wie diese beiden Nachzügler, die
schlappgemacht hatten, zu einem anderen Lastwagen gebracht wurden.
    So funktionierte das eben: Sobald einer durchgefallen war, wurde
er vom Rest der Truppe getrennt. Das half uns nicht nur dabei, als
Team zusammenzuwachsen, sondern vermittelte auch uns allen, die
wir noch immer eisern durchhielten, ein gewisses Gefühl von Stolz,
dass wir genau im richtigen Lastwagen saßen.
    Es war nicht wirklich viel, aber es bedeutete uns eine ganze Menge.

    An den kommenden drei Wochenenden wurde die Schlagzahl
kontinuierlich erhöht: Die Marschrouten wurden länger, die Rucksäcke schwerer und der Druck stärker.
    Normalerweise sind wir bis zu 48 Kilometer weit marschiert, über
die Berge, mit etwa 23 Kilo Marschgepäck.

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