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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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Kilometer entfernt war.
    Nachdem wir jedoch schon sechs Stunden unterwegs waren,
machte sich bei uns beiden nun langsam Erschöpfung breit.
    Die Sonne brannte erbarmungslos. Wenn man aber pro Tag 6.000
Kalorien verbrennt, einen schweren Rucksack samt Koppeltragehilfe
und Gewehr die steilen Berghänge hinauf- und wieder hinunterschleppt, muss man unbedingt darauf achten, dass man genügend
trinkt.
    Das haben wir nicht beherzigt.
    Wir befanden uns beide in einer Phase, wo uns das Laufen nicht
schwerfiel, wir uns gut fühlten und wahrscheinlich ein bisschen zu
selbstsicher wurden. Das hätte uns beinahe die Chance gekostet, die
Selection-Prüfung zu bestehen.
    Wir mussten noch einen letzten Aufstieg über einen gut 600 Meter hohen Bergrücken bewältigen, bevor wir zum letzten Checkpoint
hinuntersteigen konnten. Doch mittlerweile hatte ich schon große
Probleme. Denn trotz der großen Hitze und Kraftanstrengung,
schwitzte ich nicht mehr. Das war ein schlechtes Zeichen.
    Auf diesem steilen Berghang hatte ich bei jedem Schritt das Gefühl, als würde ich die Welt auf meinen Schultern tragen. Mir war
schwindlig, ich hatte Halluzinationen und ich musste mich immer
wieder hinsetzen.

    Kurz: Ich hatte einen Hitzekollaps.
    Noch nie zuvor hatte ich einen Zustand derartiger Bewusstseinstrübung und Schwäche erlebt - es fühlte sich an, als würde ich mich
in einem Dämmerzustand befinden, wie in einem Vollrausch, und es
hörte überhaupt nicht auf. Ich sank immer wieder auf die Knie.
    Ich wollte einfach nur stehen bleiben und mich hinlegen, irgendwohin, wo es dunkel, ruhig und angenehm kühl war. Doch das ging
nicht. Ich musste etwas trinken und weiter in Bewegung bleiben -
und hoffen, dass die Flüssigkeitszufuhr bald Wirkung zeigte.
    Schließlich schaffte ich es, über den Bergkamm zu kriechen und
auf der anderen Seite hinunterzutorkeln zu unserem letzten Checkpoint. Ich checkte noch ein und dann legte ich mich total erledigt zu
den anderen Rekruten in den Wald.
    Ich hatte höllische, migräneartige Kopfschmerzen; mir war speiübel und schwindlig. Ich musste meinem Körper unbedingt Flüssigkeit zuführen und mich wieder in den Griff bekommen, und zwar
schnell.
    In der Zwischenzeit waren fünf andere Rekruten ausgeschieden,
weil sie den Orientierungsmarsch nicht zu Ende gebracht hatten; zwei
weitere wurden unterwegs aufgelesen - sie alle hatten einen Hitzschlag erlitten. Für sie war die SAS Selection gelaufen, sie waren ausgeschieden.
    In gewisser Weise habe ich sie schon beneidet, als ich sah, wie sie
ausgestreckt im Sanitätsfahrzeug lagen, wo sie gut versorgt wurden.
Es sah so aus, als würden ihre Qualen, im Gegensatz zu meinen, auf
angenehme Weise Linderung erfahren.
    Aber eins war mir klar: Ich musste unbedingt durchhalten. Denn
morgen um diese Zeit hätte ich eine weitere Prüfung hinter mich gebracht und wäre meinem Ziel einen weiteren Schritt näher gerückt.
    Also setzte ich mich hin und kochte mir einen warmen süßen Tee
in der Hoffnung, dass ich möglichst bald wieder fähig wäre, meine
Augen mehr als nur einen winzigen Spalt zu öffnen.
    Doch bevor wir zum Nachtmarsch aufbrachen, mussten wir alle
früher als sonst in Marschordnung antreten. Das ließ nichts Gutes
ahnen.

    Denn während wir dastanden, wurden die Namen von zwei Rekruten vorgelesen und die Betreffenden mussten vortreten.
    Diese beiden Jungs hatte man dabei beobachtet, wie sie am Morgen das Stauwehr überquert hatten; daraufhin wurden sie beide nun
ganz ruhig und ohne großes Trara „wieder zu ihrer Einheit zurückgeschickt" - oder wie wir es immer nannten, „ausgemustert".
    Trucker und ich hatten großes Glück, doch wir hatten auch eine
weitere wertvolle Lektion gelernt: Wenn man bei einem waghalsigen
Manöver schon alles auf eine Karte setzt, dann sollte man einen günstigen Augenblick abpassen und sich ja nicht erwischen lassen.
    Bis es dann so weit war, dass wir zum Nachtmarsch aufbrechen
mussten, fühlte ich mich schon wieder etwas besser. Ich hatte zwar noch
immer Kopfschmerzen, aber ich konnte zumindest stehen, ohne gleich
aus den Latschen zu kippen. Das war doch immerhin ein Fortschritt.
    Auch Trucker fühlte sich mehr tot als lebendig, was ein kleiner
Trost für mich war.
    Zum Glück war die Marschroute relativ einfach, denn ich konnte
spüren, wie meine Kraft nach und nach zurückkam (und ich war auch
stolz, dass ich all das überstanden hatte und mich wieder viel besser
fühlte), als ich

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