Schlamm, Schweiß und Tränen
total ausgepowert ist und keine Energie mehr hat,
aber dennoch in der Lage ist, dieses Quäntchen an eiserner Willensstärke zu mobilisieren, um weiterzumachen; oder ob man ein Mensch ist,
der unter der Erschöpfung zusammenbricht und den Mut sinken lässt.
Das ist einzig eine Frage der mentalen Stärke, und es ist schwer
vorauszusagen, wie Menschen unter extremer Belastung reagieren.
Doch das Einzige, was mich interessierte, war, dass ich das erste
Wochenende der SAS Selection hinter mich gebracht hatte.
Die Schinderei hatte begonnen.
Wie um Himmels Willen konnte es nur möglich sein, dass ich mir absolut nichts Schöneres auf dieser Welt vorstellen konnte, als auf der stählernen Ladefläche eines Militärlastwagens
zu liegen und von Krämpfen geschüttelt und total erschöpft Dieselabgase einzuatmen?
Doch genau jene Augenblicke, in denen wir zusammengerollt in
unseren Biwaksäcken lagen und wussten, dass wir gerade ein weiteres
Übungs-Wochenende lebend überstanden hatten, haben uns für all
diese Mühen und Qualen irgendwie entschädigt.
Die wöchentlich durchgeführten Übungsnächte sind immer nach
dem gleichen Muster abgelaufen - Geländeläufe, militärisches Konditionstraining (dazu gehörten Ausdauermärsche mit schwerem Marschgepäck, die innerhalb eines strengen Zeitlimits absolviert werden mussten, ein mörderisches Krafttraining, den Trainingspartner im Gamstragegriff zu schultern und über eine vorgegebene Distanz zu tragen sowie eine Reihe anderer ganz normaler Extrem-Übungen), Kartenleseund Orientierungsübungen, Erste-Hilfe-Training und Waffenkunde.
Als neue Rekruten trugen wir die grüne Standarduniform der Armee. Aber es war schlicht und einfach nicht zu übersehen: Dieses
selbstbewusste und entschlossene Auftreten der SAS-Elitesoldaten, wenn sie in ihrer SAS-Uniform, auf der überall das SAS-Abzeichen
prangte, durch das Camp schritten.
Im Gegensatz zu ihnen waren wir nur Rekruten, die nichts wussten und nichts waren. Wir waren nur Nummern.
Nicht mehr und nicht weniger.
Mit verstohlenen Blicken bewunderte ich die sorgfältig in Form
gebrachten Barette und die Gürtelschnallen mit dem geflügelten
Dolch, die die SAS-Leute trugen. So langsam bekam ich auch eine
Vorstellung davon, wie hart sie dafür hatten schuften müssen, um
sich diese SAS-Insignien zu verdienen.
Unser nächstes Selection-Wochenende in den Bergen rückte bedrohlich näher und sollte schon bald über mich hereinbrechen.
Kaum hatte sich mein Körper allmählich etwas erholt, da quälte
mich auch schon wieder die Angst, was mir wohl als Nächstes bevorstehen würde.
Schließlich wird es kaum jemanden geben, der sich darauf freut,
körperlich so extrem hart geschunden zu werden, bis er sich vor Erschöpfung nicht mehr auf den Beinen halten kann - und das immer
wieder und wieder.
Der Viertonner-Militärlastwagen bog in eine ruhige Haltebucht
direkt am Fuße irgendeines anderen kalten, vom Wind umtosten Berges ein - so etwa gegen ein Uhr nachts. Es regnete stark.
In Zweiergruppen versuchten wir jeweils ein kleines ebenes Fleckchen Erde zu finden, wo wir uns zum Schlafen hinlegen konnten.
Doch da wir unser Nachtlager direkt am Rand einer Senke eingerichtet hatten, in der sich ziemlich schnell das Wasser sammelte und unseren Schlafplatz zu einer ungemütlichen Grube aus glitschigem Morast
machte, war an Schlaf überhaupt nicht zu denken und so mussten wir
eben versuchen, das Beste aus den fünf Stunden bis zum Sonnenaufgang zu machen.
Um 05:55 Uhr hieß es „Stillgestanden!" und dann mussten wir alle
in strömendem Regen in dieser Sumpflandschaft in Marschordnung antreten. Der diensthabende SAS-Offizier erklärte uns, dass dies unser
letzter „geführter" Orientierungsmarsch ist und dass wir uns bewusst
machen sollen, wie wichtig es ist, die grundlegenden Kenntnisse und
Fertigkeiten zu verinnerlichen, die uns die Ausbilder auf diesem
Marsch vermitteln.
Dann übergab er den Oberstabsgefreiten das Kommando, drehte
sich um und ging.
Kaum hatten wir die Marschanweisungen erhalten, als die Ausbilder sich auch schon umdrehten und uns lautstark dazu aufforderten
ihnen zu folgen.
Sie stürmten voraus, die Berghänge hinauf durch die sumpfige
Graslandschaft, die übersät war mit stacheligen und scharfkantigen
Riedgrasbüscheln, und innerhalb weniger Minuten hatten sie uns abgehängt und einen gefühlten mehrere Kilometer großen Vorsprung.
Dann blieben sie auf einmal stehen, drehten
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