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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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war einfach nur unangenehm, aber keineswegs lebensgefährlich. Doch wenn man sich im Winter nicht richtig um seinen Körper gekümmert hat, konnte man sich ganz schnell
eine Unterkühlung einhandeln. Und als Folge der Unterkühlung
konnten eigentlich nur zwei Dinge passieren - entweder man hat die
Übung nicht geschafft und damit die SAS Selection vergeigt oder
man ist dran gestorben.
    Allerdings waren beide Optionen nicht gerade prickelnd.

     

Jetzt, beim zweiten Anlauf, stellte ich fest, dass ich stärker und
kräftiger war.
    Ich konnte spüren, dass ich dem Ganzen - im Vergleich zu meinem ersten Selection-Versuch - mental und körperlich viel besser gewachsen war, denn jetzt war ich meist unter den Ersten, die nach einem langen Marsch das Ziel erreichten.
    Mit der Zeit wurden die Selection-Prüfungen und Übungs-Wochenenden immer anspruchsvoller. Wir wurden in zunehmend
schwierigerem Gelände in den walisischen Bergen ausgesetzt - auf
schwarzen, trostlosen Berggipfeln ohne jeden Reiz, in endlosen
Sumpflandschaften und in alten verlassenen Steinbrüchen.
    Ich habe Tag um Tag und Stunde um Stunde damit zugebracht,
mich in Eiseskälte und strömendem Regen durch diese Berge zu
schleppen. Dann hatte ich immer die Kapuze meiner Armeejacke tief
ins Gesicht gezogen und ganz fest gezurrt, während ich kontinuierlich
zum nächsten Checkpoint weitergestapft bin.
    Dabei habe ich unentwegt leise vor mich hin gebrabbelt und gesummt und mich immer weiter angetrieben.
    Je schlechter die Witterungsverhältnisse wurden, desto mehr Kraft
und Mühe hat es mich gekostet, sie ohne größere Blessuren zu überstehen.

    Das ist eine Kunst, die man lernen kann: Man muss die Dinge eben
nehmen, wie sie kommen und darf sich niemals unterkriegen lassen.
    Das habe ich mir zum Leitsatz gemacht.
    Nach und nach ist mir diese ganze, schier endlose Schinderei an den
Übungswochenenden regelrecht in Fleisch und Blut übergegangen.
    Denn jedes Mal ging das Ganze wieder von vorne los: Entweder
stehe ich bis zur Hüfte im Wasser irgendeines Hochwasser führenden
Gebirgsbachs und wate durch dieses reißende Wildwasser. Oder ich
bohre meine Stiefel tief in den kalten Schlamm irgendeines steilen
Berghangs, während ich im Dunkeln vorsichtig versuche, diesen
Steilhang zu queren.
    Oder aber ich balanciere über einen schmalen, rutschigen Baumstamm, der über irgendeiner Klamm liegt. Es ist dunkel und nass und
das Gewicht meines Rucksacks samt Koppeltragehilfe und Gewehr
macht mir schwer zu schaffen.
    Ich bin zwar todmüde, aber ich marschiere dennoch immer weiter.
    Doch das Schlimmste an den ganzen Übungen war immer das
Warten - wenn man zwischen den einzelnen Märschen in der kalten,
nassen Moorlandschaft lag und krampfhaft versuchte, wenigstens das
eine oder andere Stündchen Schlaf zu bekommen.
    Immer schön mit den Zehen wackeln, immer schön lächeln und immer schön auf die nächste Aufgabe konzentriert bleiben. Du schaffst das
schon, Bear.
    Und mit der Zeit habe ich es auch tatsächlich geschafft.
    Woche für Woche für Woche.
    Nachdem wir in der sogenannten „Test Weck" - das ist die Prüfungswoche, die den Abschluss der „Gipfelstürmer"-Phase der SAS
Selection bildet - auch noch die allerletzte Prüfung hinter uns gebracht hatten, war von unserer ursprünglichen Einheit nur noch eine
Handvoll Rekruten übrig. Trucker und ich gehörten dazu sowie noch
ein paar andere.
    Wir alle hatten so vieles gemeinsam geschafft und durchgestanden
- wir fühlten uns wie Brüder. Das war ein gigantisches Gefühl.
    Wir konnten miterleben, wie einer nach dem anderen von uns irgendwann seinen absoluten Tiefpunkt erreichte und an seine Grenzen stieß - doch wir fünf hatten schließlich bis zum bitteren Ende durchgehalten. Dabei hatte jeder von uns seinen eigenen, ganz persönlichen
Kampf gekämpft, und gerade dadurch haben wir einen Stolz und ein
Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, wie es im Zivilleben
schwerlich anzutreffen ist.

    Doch alles, was wir bis zum Beginn dieser „Test Weck" durchgemacht hatten, war im Prinzip nur darauf ausgelegt, uns auf die extremen Strapazen dieser einen Woche vorzubereiten.
    Diese Woche bestand aus unmittelbar aufeinanderfolgenden Märschen quer durch die Berge und bildete praktisch den krönenden Abschluss aller Eignungstests zur körperlichen Leistungsfähigkeit der
Rekruten, die sich sowohl für das aktive 22. SAS-Regiment als auch
für das 21. und 23. Reserve-Regiment beworben hatten

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