Schlamm, Schweiß und Tränen
drauflos.
Hinauf zum ersten Gipfel und hinunter durch das anschließende
Tal, dann quer durch einen Fluss und wieder hinauf zum nächsten
Gipfel.
Einige Stunden später überholte ich Trucker, der mir zügig hinterherkletterte. Er nickte mir zu und lächelte. Er schien gut in Form
zu sein.
Ich machte mich daran, den nächsten steilen Gebirgshang zu erklimmen, indem ich mich auf Händen und Knien in dem feuchten,
sumpfigen Gelände entlanghangelte.
Schon bald befand ich mich auf einer Strecke, von der ich glaubte,
dass dies nun die letzte Marschetappe auf dem Rückweg wäre. Es waren nur noch etwa zehn Kilometer bis zum Ziel, doch dann traf ich
die falsche Entscheidung und wählte eine Route, die mich in den aufgeweichten, sumpfigen Boden und das hohe Schilf der Moorlandschaft führte.
Auf dieser Route habe ich dann gezwungenermaßen sehr viel an
Boden und an Höhenmetern eingebüßt, weil ich unzählige, etwa
neun Meter tiefe felsige Schluchten mit tosenden Gebirgsbächen
durchqueren musste, damit ich überhaupt irgendwie vorwärtskommen konnte.
Doch ich war fest entschlossen, meinen schwer erkämpften Zeitvorsprung nicht zu verlieren und deshalb bahnte ich mir erbarmungslos meinen Weg durch die unwegsame Riedgras-Landschaft. Es dauerte nicht lange, bis ich die Lastwagen sah, die unten im Tal, am Fuß
des Berges auf uns warteten.
Ich hatte es gerade noch innerhalb des Zeitlimits geschafft; ich wuchtete meinen schweren Rucksack - den „grünen Affen", wie wir Rekruten
ihn gern nannten - von meinem schmerzenden Rücken und ließ mich
in den Lastwagen plumpsen - überglücklich, aber hundemüde.
Wie ich herausfand, hatten all die anderen an diesem Tag mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die Route war ganz bewusst so angelegt. Aber immerhin hatte ich den Marsch überlebt.
Der Marsch am nächsten Tag führte uns wieder durch die berüchtigte Riedgras-Landschaft im Hochmoor. Und wieder fanden wir am
Schwarzen Brett die Anweisung vor, dass das Gewicht des Marschgepäcks noch einmal erhöht wird. Außerdem befanden wir uns in einer
Region des Gebirges, mit der ich bisher noch keine Bekanntschaft gemacht hatte.
Als wir in der eiskalten Morgendämmerung in Marschordnung
antraten und darauf warteten, dass wir einzeln im zwei-Minuten-Takt
losgeschickt wurden, tippte ich einem anderen Rekruten auf die
Schulter und fragte ihn, ob er das Gelände kenne - und wie sich herausstellte, kannte er es offensichtlich sehr gut.
In etwa einer halben Minute informierte er mich nicht nur über
alle Tücken des Geländes, sondern auch über mögliche Abkürzungen,
die er kennengelernt hatte.
Prima Kumpel. Das waren wertvolle Infos.
Die gegenseitige Hilfsbereitschaft während der SAS Selection war
gut. Es gab keinen Konkurrenzkampf. Denn wenn der Chef-Ausbilder hätte eines Besseren belehrt werden können und wir allesamt bestanden hätten, wäre er der Erste gewesen, der dieses Ereignis gefeiert
hätte. Beim SAS gibt es keinerlei Beschränkung, wonach nur eine bestimmte Anzahl von Rekruten die Prüfung bestehen darf. Die einzige
Beschränkung, die der SAS sich auferlegt, besteht in den extrem hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit seiner Rekruten.
Ich marschierte sehr zügig los. Bis jetzt war ich so viele Kilometer
durch diese tückische Riedgras-Landschaft marschiert, dass ich mich
doch tatsächlich seltsamerweise mit der Zeit an dieses unwirtliche
Gelände gewöhnt hatte.
Trotz des sintflutartigen Regens, der ununterbrochen auf uns niederprasselte, kam ich an diesem Tag mit einer guten Zeit ins Ziel. Ich
streckte mich hinten auf der Ladefläche des Lastwagens aus und plauderte auf dem Rückweg angeregt mit den anderen Jungs.
Allmählich gewann ich an Selbstvertrauen und Persönlichkeit.
Am Morgen des nächsten Tages bemerkte ich, dass weniger Lastwagen dastanden. Ich hatte gehört, dass eine ganze Menge Rekruten
bereits „ausgemustert" worden waren. Sie hatten sich entweder verlaufen oder waren dem Gewicht ihres Rucksacks nicht mehr gewachsen
oder konnten das vorgegebene Zeitlimit nicht einhalten.
Es war nicht ganz einfach den Überblick zu behalten; doch jeden
Abend wurden die Namen der Rekruten am Schwarzen Brett ausgehängt, die noch immer mit von der Partie waren - und bis jetzt stand
mein Name noch auf dieser Liste.
Ich wollte weiterhin unauffällig bleiben, ohne Probleme, ohne
Gedöns.
Einfach nur die Aufgabe bewältigen, im Zeitlimit und damit auf
der Liste
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