Schlamm, Schweiß und Tränen
bleiben.
Unser Stetig kleiner werdendes Grüppchen von Rekruten kletterte wieder einmal in den dunklen Laderaum dieser großen
schweren, stählernen Lastwagen, die uns schon wieder in diese sumpfige Pampa karrten, die kilometerweit mit stacheligen Riedgrasbüscheln übersät war.
An diesem Tag mussten wir weite Strecken durch dasselbe Gelände marschieren, in dem ich vor sechs Monaten kläglich gescheitert
war und ausscheiden musste. Es war jetzt an der Zeit, diesen Selbstzweifeln den Kampf anzusagen.
Ich war sehr darauf bedacht, dieselben Fehler nicht noch einmal
zu machen. Deshalb nahm ich zwischendurch immer wieder einen
Bissen von den Snacks, die ich mir vom Frühstück abgezweigt und in
die Taschen gestopft hatte und ich trank auch regelmäßig, um meinen Wasserhaushalt im grünen Bereich zu halten.
Doch gerade, als sich nach und nach das Selbstvertrauen einstellte, dass ich dieses Mal die Sache besser im Griff hätte, unterlief mir
ein Leichtsinnsfehler.
Denn ich bin von der Hochebene viel zu früh in tiefer liegendes
Gelände abgestiegen, sodass ich mich auf einmal im tiefsten Morast
wiederfand und nur schwankend und mit größter Mühe einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Dadurch habe ich nicht nur kostbare
Energie verplempert, sondern auch wertvolle Zeit. Ich merkte, dass
meine müden Beine immer weniger Kraft hatten und dass das schwere Gewicht meines Rucksacks dazu beitrug, dass meine Beine bei jedem Schritt immer tiefer in den weichen matschigen Untergrund einsanken.
Zu allem Elend konnte ich in der Ferne am Horizont auch noch
die Umrisse von Rekruten erkennen, die auf höherem Gelände an mir
vorbeizogen.
Ich war nach relativ kurzer Zeit so erschöpft, dass ich einfach stehenbleiben und eine Pause machen musste. Nur eine Minute, um den
schweren Rucksack von meinen Schultern zu bekommen. Ich musste
dringend Bestandsaufnahme machen und leerte meine Taschen.
Dann verschlang ich alle Snacks, die ich als eiserne Ration gehortet
hatte, auf einmal. Was nützte mir die eiserne Ration. Ich brauchte die
Energie jetzt.
Dann überprüfte ich noch einmal genau die Route auf der Karte
und meine Zeit: Ich brauchte einen Plan, wie ich aus diesem Schlamassel wieder herauskomme, und zwar schnell.
Ich machte also eine 90-Grad-Drehung und kletterte wieder mühsam bergauf, zurück zu dem höher liegenden Terrain, von wo ich gerade hergekommen war. Mir war durchaus klar, dass ich mich damit
ziemlich weit von meiner Marschroute entfernte und dass ich eigentlich hätte weiter bergab marschieren müssen, aber ich wusste eben
auch, dass ich in höherem Gelände besser vorankommen würde, anstatt einen aussichtslosen Kampf im tiefen Morast zu führen. Das hatte ich schon einmal versucht - und verloren.
Der Wind hatte mittlerweile stark aufgefrischt und schickte so
kräftige Böen vom Hochplateau herunter, als wollte er mich auf diese
Weise am Aufstieg hindern. Doch ich konzentrierte mich voll und
ganz auf meine Aufgabe, ignorierte die Schulterriemen, die extrem
auf meine Muskeln im unteren Nackenbereich drückten, und gab alles. Ich musste diese Situation unbedingt in den Griff bekommen.
Ich weigerte mich energisch, die SAS Selection noch einmal in
dieser gottverlassenen, glitschigen Schlammgrube zu vergeigen.
Als ich den Rand des Hochplateaus erreicht hatte, fing ich an zu
laufen. Doch wenn man das Gewicht eines Kleinkinds auf dem Rücken
trägt, ist das Laufen in diesem mit riesigen Grasbüscheln übersäten Gelände kein leichtes Unterfangen. Doch ich brannte jetzt vor Ehrgeiz.
Ich rannte immer weiter. Und ich kämpfte mich verbissen Minute um
Minute und Kilometer um Kilometer auf die richtige Route zurück.
Ich rannte den gesamten Weg bis zum letzten Checkpoint, dann
brach ich zusammen. Der Ausbilder schaute mich verwundert an und
kicherte leise in sich hinein.
„Klasse Leistung", sagte er anerkennend, denn er hatte mich dabei
beobachtet, wie ich mich auf den letzten beiden Kilometern durch
unwegsames Gelände gekämpft hatte.
Die Selbstzweifel waren besiegt. Das Adrenalin schoss durch meine Adern - volles Rohr.
Jetzt waren nur noch drei weitere Märsche in dieser Prüfungswoche zu bewältigen. Doch das waren echte Horrormärsche.
Der erste davon fand wieder in den Brecon Beacons statt. Dabei
musste ungefähr eine Distanz von 32 Kilometern zwischen den drei
höchsten Berggipfeln zurückgelegt werden, wobei die drei Checkpoints - was ziemlich fies war - erst ganz
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