Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
Vom Netzwerk:
unten im Tal am Fuß der
jeweiligen Berge eingerichtet waren.
    Auch das Gewicht unserer Rucksäcke wurde noch einmal beträchtlich erhöht. Als ich diese Anweisung am Abend zuvor am
Schwarzen Brett las, musste ich zweimal hinschauen, um sicherzugehen, dass ich mich da nicht verlesen hatte.
    Jeden Morgen, wenn wir in Marschordnung antraten und darauf
warteten, dass es endlich losging, war es für mich jedes Mal ein Kraftakt, diesen schweren Rucksack auf meinen Rücken zu wuchten. Die
einfachste Methode, diesen Rucksack zu schultern, war in die Hocke zu
gehen, die Arme durch die Schulterriemen zu stecken und einen Kumpel zu bieten, dass er einen hochzieht und so auf die Füße befördert.
    Sobald man aufrecht stand, musste man stehenbleiben.

    Die Belastung durch das enorme Gewicht des Rucksacks war am
Anfang und am Ende jedes Marsches immer am schlimmsten; doch
in den ersten paar Stunden waren die Schmerzen im Rücken stets am
unerträglichsten.
    Die wund gescheuerten, nässenden Stellen an den Schulterblättern
schmerzten, sobald das Gewicht des Rucksacks wieder draufdrückte.
Doch dann hat der Kopf irgendwie das Schmerzempfinden für eine
Weile ausgeschaltet. Und zwar solange, bis gegen Ende des Marsches
die Schultern immer schlaffer wurden und die Muskeln sich auf einmal heftig zusammenkrampften und höllisch brannten.
    Der untere Rücken wie auch die Schultern von vielen Soldaten waren blutunterlaufen und über und über mit Blasen und bandagierten
Wunden übersät - Qualen, die sichtbar wurden, sobald wir im
Duschraum standen, der allerdings die meiste Zeit eher einem Feldlazarett glich.
    Dort gingen die Soldaten wortlos ihren Pflichten nach: Die Blasen
am Rücken wurden versorgt und die entsetzlich wundgelaufenen
Füße, die wahnsinnig schmerzten, wurden dick mit einem mit Zinksalbe bestrichenen Tape Verband umwickelt.
    Genau genommen haben wir abends sehr viel Zeit darauf verwendet, die unzähligen Blasen zu versorgen und zu verbinden, die alle
Rekruten unweigerlich erdulden mussten.
    An jenem Morgen, während wir wie gewohnt dastanden und darauf
warteten, dass es endlich losging, war mir wieder speiübel. Ich hasste
diese Warterei. Es war einfach reine Nervosität, dass mir so speiübel war.
    Kurz darauf konnte ich meine gesamte Tagesration an Energie in
Augenschein nehmen, die nun auf dem Boden vor meinen Füßen lag.
Das war ein schlechter Start.
    Als ich losmarschierte, fing es an kräftig zu schneien, und als ich
oben auf dem ersten Berggipfel ankam, merkte ich, dass ich kräftemäßig ziemlich schnell abbaute. Schon wieder. Die Kraftreserven meines
Körpers wurden einfach von Tag zu Tag immer weniger.
    Doch es war schlichtweg unmöglich, diese Kraftreserven in den
paar wenigen Stunden Schlaf, die wir der Nacht abringen konnten,
wieder komplett aufzutanken.

    Ich hasste es, wenn ich mich so schwindlig fühlte, als wollte ich
jeden Augenblick aus den Latschen kippen.
    Wieso fühle ich mich jetzt bloßso schwach? Ich brauche doch dringend
Kraft.
    Aber diese Kotzerei, der Schlafmangel und die stundenlangen anstrengenden Geländemärsche durch die Hochmoore, und das Tag für
Tag, machten mich einfach systematisch fertig.
    Nach etwa der Hälfte der Strecke lag ich hinter der Zeit und ich
wusste, dass ich unbedingt einen Gang zulegen musste, ganz egal, wie
elend ich mich fühlte. Ich legte mich mächtig ins Zeug und kämpfte
mich gnadenlos voran, und tatsächlich stellte ich auf einmal fest, dass
meine Kraft zunehmend zurückkehrte, je gnadenloser ich mich vorankämpfte.
    Schließlich konnte ich den Marsch innerhalb des vorgeschriebenen Zeitlimits zu Ende bringen. Als ich meine Ausrüstung in den
Lastwagen schleuderte, war ich total aufgekratzt und stand noch ganz
schön unter Adrenalin.
    Gutgemacht, Bear.
    Was ich jedoch nicht bedacht hatte, war der Preis, den ich dafür
bezahlen musste, dass ich mich Tag für Tag so extrem verausgabte -
nämlich, dass meine Kraft- und Ausdauerreserven immer mehr zur
Neige gingen.
    Schließlich man kann nicht ewig so weitermachen, denn irgendwann sind auch mal die Reserven aufgebraucht.

     

Am nächsten Tag war die Marschroute kürzer, doch
dafür wurde das Gewicht noch einmal erhöht - und zwar gewaltig.
    Kurz und knackig dachte ich. Häng Dich voll rein, Bär, noch einmal.
    Der peitschende Regen, der mir direkt ins Gesicht schlug, erschwerte die Orientierung erheblich. Und innerhalb weniger Minuten, nachdem ich aufgebrochen war, war

Weitere Kostenlose Bücher