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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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meine gesamte Ausrüstung
durch und durch nass. Ich sah aus, als hätte ich gerade einen tiefen
Fluss durchquert.
    Doch obwohl ich völlig durchnässt war, habe ich überhaupt nicht
gefroren. Allerdings musste ich dafür auch sehr hart arbeiten.
    Ich zog die Kapuze meiner Jacke tiefer in mein Gesicht und marschierte gegen den Wind.
    Sechs Stunden später sah ich die Lastwagen und war am Ziel. Ich
wuchtete den schweren Rucksack auf die Ladefläche und zog mir unterwegs auf der langsamen, holprigen Rückfahrt zum Camp trockene
Klamotten an. Danach musste ich wieder sehr mühsam meine Ausrüstung in Ordnung bringen, meine geschundenen Füße versorgen
und mich auf den kommenden Tag vorbereiten.
    Alle, die es bis hierher geschafft hatten, wussten nur allzu gut, was
am letzten Tag dieser Prüfungswoche auf uns zukommen würde.
    Ein letzter Marsch, eine letzte Kraftanstrengung. Doch dieser war
echt die Hölle.

    Denn der „Long Drag", dieser letzte extreme Ausdauermarsch, ist
genau jener Geländemarsch, wofür die SAS Selection geradezu berühmt-berüchtigt ist - denn bei diesem Geländemarsch ist ein Soldat
vor einigen Jahren vor Erschöpfung zusammengebrochen und gestorben. Dennoch hat der „Long Drag" auch einen positiven Effekt: Er
sorgt nicht nur dafür, dass alle Rekruten gleichermaßen an ihre Grenzen stoßen, sondern er verbindet auf besondere Weise all diejenigen,
die die SAS-Prüfung bestehen.
    Die Marschroute würde uns über die gesamte Bergkette der Brecon Beacons führen ... und danach wieder zurück. Um uns die Größenordnung dieser Herausforderung vor Augen zu führen, bräuchten
wir - wie wir schnell feststellten - allein zwei Karten im Maßstab
1:50.000, um die gesamte Route darzustellen.
    Symbolisch betrachtet, endete mit dieser letzten Prüfung auch die
„Gipfelstürmer"-Phase der SAS Selection.
    Wenn man es also schaffte, diesen Marsch innerhalb des vorgegebenen Zeitlimits zu absolvieren (je nach Wetterbedingungen betrug
es zwischen 20 und 24 Stunden), hatte man die Fitness- und Orientierungsprüfung bestanden und konnte mit Phase zwei der SAS (R) Selection - der eigentlichen Ausbildungsphase - weitermachen.

    Um zwei Uhr nachts schrillte mein Wecker. Wie ich dieses Geräusch hasste.
    Ich setzte mich langsam au£
    Die Lichter waren bereits an und alle waren eifrig damit beschäftigt, ihre Füße mit einem Tape-Verband zu versehen oder die Blasen
auf ihrem Rücken zu bandagieren. Der Rekrut neben mir wirkte
ziemlich blass und mitgenommen, während er wortlos seine Zehen
tapte - wie ein Boxer, der seine Hände vor dem Kampf sorgfältig mit
Tape-Band umwickelt.
    Irgendwie hatte ich es nach Möglichkeit immer vermieden, dieses
Blasenpflaster allzu oft zu benutzen. Ich hatte in den ersten Tagen die
Qualen durchgestanden, um meinen Rücken und meine Füße an das Gewicht zu gewöhnen, und wenn ich mich jetzt umschaute und sah,
wie alle anderen sich den wunden Rücken und die geschundenen
Knöchel fest mit Tape umwickelten, war ich heilfroh, dass ich das
immerhin nicht machen musste.

    Ich hatte mich bis jetzt jedenfalls ganz gut geschlagen und mir nur
ein paar wenige lästige Blasen eingehandelt, doch das kann den entscheidenden Unterschied machen.
    Dennoch fühlte sich mein Körper extrem erschöpft an und meine
Knöchel und Füße waren stark geschwollen.
    Das Einzige, was ich momentan bestenfalls zuwege brachte, war
ganz langsam die knapp 100 Meter bis zur Kantine buchstäblich
humpelnd zurückzulegen.
    Auf halbem Wege machte ich eine Pause, um mich auszuruhen -
und nachzudenken.
    Schau Dich doch mal an, Bear, dachte ich. Heute ist der„Long Drag"
und Du schau kaum den Weg bis zur Kantine.
    Ich versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen.
    Als wir in jener Nacht in Marschordnung antraten, herrschte Totenstille. Niemand sprach ein Wort. Von unserem ursprünglichen
Trupp, als wir mit der Prüfungswoche anfingen, war nur mehr ein
verschwindend kleiner Bruchteil übrig geblieben. Trucker war noch
dabei. Er hatte verbissen und still die Kilometer heruntergerissen und
das Zeitlimit eingehalten. Ohne Probleme. Prima Junge.
    „Wir schaffen das, Kumpel", murmelte ich ihm zu, als wir dastanden und warteten. „Nur noch diesen einen Marsch, und die Sache ist
gegessen, Trux."
    Er warf mir ein müdes Lächeln zu.
    Er sah aus wie ein Leichtverletzter. So sahen wir eigentlich alle aus.
Allesamt kräftige Männer, die auf wunden Füßen durch die Gegend
eierten.
    jetzt lasst mich

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