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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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schon endlich losmarschieren, dachte ich, dann wird
das pulsierende Blut den Muskelkater und die Schmerzen in meinem Rücken und in meinen Füßen schon vertreiben.
    Auf dieser letzten Fahrt im Lastwagen, der uns in die Berge brachte, sprach keiner ein Wort. Wir saßen alle eng zusammengekauert, hatten die Mütze tief ins Gesicht gezogen oder den Kopf in den Händen vergraben und jeder hing seinen ganz persönlichen Gedanken
nach.

    In dieser Nacht mitten im Februar war es bitterkalt.
    Durch das Zischen der Bremsen und den Ruck des stoppenden
Motors wurden wir aus unseren Gedanken gerissen. Ich warf einen
Blick nach draußen.
    Es war dunkel und der Boden war mit einer dicken Schneeschicht
bedeckt. Es war Zeit auszusteigen.
    Unsere Rucksäcke wogen mittlerweile knapp 25 Kilo plus Koppeltragehilfe, Wasser, Verpflegung und Sturmgewehr. Verdammt schwer.
    Die Ausbilder haben das Gewicht unseres Marschgepäcks überprüft, indem sie unsere Rucksäcke reihum an den langen Fleischerhaken dieser alten Federzugwaage gehängt haben, die notdürftig an der
Rückseite eines der Lastwagen befestigt war.
    Die Waage zeigte an, dass Truckers Rucksack ein ganzes Pfund zu
wenig wog.
    Daraufhin haben die Ausbilder ihm einen gut viereinhalb Kilo
schweren Stein vor die Füße geworfen, den er auf seinen Rucksack
noch obendrauf packen musste. Der „Long Drag" hieß eben nicht
umsonst der lange Leidensweg. Keiner von uns konnte hier irgendwelche Gefälligkeiten erwarten.
    Trux und ich halfen uns gegenseitig dabei, uns die schweren Rucksäcke auf den Rücken zu wuchten, uns diese Last aufzubürden, und
dann traten wir einer nach dem anderen in Marschordnung an und
warteten auf den Befehl, jeweils wie gewohnt im zwei-Minuten-Takt
loszumarschieren.
    Es herrschte eine beißende Kälte und der Wind wehte selbst hier
unten, am Fuß des Gebirges, ziemlich kräftig. Während wir noch auf
das Kommando warteten, drehten wir uns alle mit dem Rücken zum
Wind.
    Endlich fiel mein Name.
    „Grylls. Die Uhr läuft. Los!"

     

Ich machte mich auf den Weg und marschierte in
die Dunkelheit.
    Ich stellte meine Kompasspeilung auf den ersten Referenzpunkt
am Gipfelkamm ein, konzentrierte mich auf die Laufrichtung und
marschierte, so schnell mich meine Füße trugen.
    Der erste Checkpoint befand sich in etwa 600 Metern Höhe bergauf und ich dachte mir, ich könnte einen Teil der Strecke abkürzen,
indem ich direkt durch den Talkessel bergauf laufe, anstatt weiter in
Richtung Kammlinie zu laufen.
    Ich merkte jedoch sehr schnell, dass dies ein Fehler war.
    Denn bis ich merkte, dass ich die Dicke der Schneedecke ganz gewaltig unterschätzt hatte, hatte ich bereits einen Teil der Strecke zurückgelegt und konnte es mir nicht leisten, noch einmal umzukehren.
    Der Schnee in diesem Talkessel hatte sich zu riesigen Schneeverwehungen aufgetürmt, sodass ich hüfthoch im Pulverschnee versank.
Ein Vorwärtskommen war nur im Schneckentempo möglich.
    Es war Vollmond und so konnte ich am Horizont die Schatten der
Rekruten erkennen, die auf der Route oben am Berg entlangliefen.
All die anderen Rekruten marschierten einer nach dem anderen immer weiter bergauf.
    Ich dagegen steckte in diesem verdammten Talkessel im tiefen
Pulverschnee fest und kam so gut wie überhaupt nicht vorwärts.

    Dabei hatte dieser Horrormarsch doch gerade erst begonnen.
    Ich verfluchte mich selbst.
    Das war ja eine echt beschissene Entscheidung, Bear.
    Ich war bereits total durchgeschwitzt.
    Über eine Stunde habe ich gebraucht, bis ich die Kammlinie überquert hatte, und bis zu diesem Zeitpunkt bin ich keinem anderen Rekruten begegnet. Ich war nicht nur allein unterwegs, sondern ich lag
auch zeitlich im Hintertreffen.
    Und oben auf dem Gebirgskamm herrschte ein extrem stürmischer Wind, sodass ich genau genommen von zwei Schritten, die ich
vorwärts machte, wieder einen zurückgeworfen wurde.
    Ich arbeitete mich vorsichtig über den schmalen Trampelpfad
voran, den die Schafe entlang des Bergkamms hinterlassen hatten,
und der nur wenige Meter rechts von mir ungefähr 250 Meter steil
abfiel.
    Plötzlich gab unter meinem Gewicht die Eisschicht auf einer zugefrorenen Lache nach und ich versank bis zu den Oberschenkeln in einer eiskalten, schwarzen, schlammigen Pampe.
    Ich war jetzt patschnass und mit diesem schweren, schwarzen
Lehm überzogen, der zäh wie Kleister an meinen Beinen klebte.
    Ein super Start.
    Doch dann habe ich mich einfach nur auf meine Aufgabe

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