Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
zu bringen. Als Vicky mit dem Tablett erschien, fand sie Elizabeth mit Kopfhörern vor, einen Notizblock auf dem Schoß, einen Kugelschreiber in der Hand, während sie die Tonbänder abspielte.

    6
    Scott Alshorne schätzte keine ungeklärten Fälle, zumal wenn sie derart verdächtige Begleitumstände aufwiesen. Gut, Dora Samuels hatte unmittelbar vor ihrem Tod einen leichten Schlaganfall erlitten. Wie lange davor? Auf Alvirah Meehans Gesicht hatte sich ein Blutstropfen gefunden, der auf eine Injektion schließen ließ. Der Laborbefund zeigte einen sehr niedrigen Blutzuckerspiegel, möglicherweise die Folge einer Injektion.
    Die Intensivmaßnahmen des Barons hatten ihr zum Glück das Leben gerettet. Wo also sollte er ansetzen?
    Mrs. Meehans Mann konnte erst sehr spät ausfindig gemacht werden – um ein Uhr früh New Yorker Zeit. Er hatte ein Flugzeug gechartert und traf um 7 Uhr morgens Ortszeit ein.
    Am frühen Nachmittag fuhr Scott ins Monterey Hospital, um mit ihm zu sprechen.
    Der Anblick von Mrs. Meehan – geisterhaft bleich, kaum atmend, an Apparate angeschlossen – erschien Scott unwirklich.
    Menschen wie Mrs. Meehan sollten eigentlich nicht krank werden. Sie waren dafür zu robust, zu lebensvoll. Der stämmige Mann, der ihm den Rücken zukehrte, nahm offenbar keine Notiz von seiner Anwesenheit. Er saß vornübergebeugt und flüsterte seiner Frau etwas zu.
    Scott tippte ihm auf die Schulter. «Mr. Meehan, ich bin Scott Alshorne, der Sheriff von Monterey County. Das mit Ihrer Frau tut mir sehr leid.»
    Willy Meehan machte eine ruckartige Kopfbewegung in Richtung Schwesternstation. «Ich weiß genau, was die über ihren Zustand denken. Aber ich sag Ihnen, sie wird wieder kerngesund. Ich hab ihr angedroht, wenn sie sich untersteht und vor mir stirbt, dann verjuxe ich das ganze Geld mit einem blonden Flittchen. Dazu läßt sie’s nicht kommen – nicht wahr, Schatz?»
    Tränen rollten ihm über die Wangen.

    «Mr. Meehan, ich muß mich kurz mit Ihnen unterhalten, nur ein paar Minuten.»

    Sie konnte hören, wie Willy auf sie zuging, doch er blieb uner-reichbar. Noch nie hatte sich Alvirah so schwach gefühlt. Sie konnte nicht einmal die Hand bewegen, sie war so müde.
    Und dabei mußte sie ihnen etwas sagen. Sie wußte jetzt, was geschehen war. Es war sonnenklar. Sie mußte sich irgendwie zum Sprechen bringen, versuchte, die Lippen zu bewegen, aber es ging nicht. Dann bemühte sie sich, mit dem Finger zu wak-keln. Willys Hand lag auf der ihren, und sie konnte einfach nicht die Kraft aufbringen, ihm begreiflich zu machen, daß sie ihm etwas mitteilen wollte.
    Wenn sie doch bloß die Lippen bewegen, seine Aufmerksamkeit erwecken könnte … Er sprach von den Reisen, die sie unternehmen wollten. Sie empfand leichte Gereiztheit, hätte ihm gerne zugerufen, er solle den Mund halten und ihr zuhören …
    Bitte, Willy, hör mir zu …

    Das Gespräch auf dem Korridor vor der Intensivstation verlief ergebnislos. Alvirah hatte eine Konstitution «wie ein Pferd». Sie war nie krank, nahm keine Medikamente. Scott fragte erst gar nicht, ob sie vielleicht drogensüchtig sein könnte. Das war sowieso ausgeschlossen, und er wollte den verzweifelten Ehemann nicht kränken.
    «Sie hat sich so auf diese Reise gefreut», erzählte Willy Meehan. «Sie hat sogar für den Globe Artikel darüber geschrieben.
    Sie hätten sehen sollen, wie aufgeregt sie war, als die ihr zeigten, wie man Gespräche aufzeichnet …»
    «Sie hat Artikel geschrieben?» rief Scott. «Und Gespräche aufgezeichnet?»
    Er wurde unterbrochen. Eine Schwester stürzte aus der Intensivstation. «Mr. Meehan, würden Sie bitte hereinkommen? Sie versucht wieder zu sprechen. Wir hätten gern, daß Sie mit ihr reden.»
    Scott eilte hinterher. Alvirah gelang es mit ungeheurem Kraft-aufwand, die Lippen zu bewegen. «Sti … Sti …»
    Willy ergriff ihre Hand. «Ich bin ja da, Schatz, ich bin bei dir.»
    Die Anstrengung war so groß. Sie war so müde. Sie würde gleich einschlafen. Wenn sie doch nur ein einziges Wort heraus-bekommen könnte, um sie zu warnen. Mit unendlicher Mühe schaffte es Alvirah. Sie artikulierte das Wort laut genug, um es selber hören zu können.
    Sie sagte: «Stimmen.»

    7
    Die nachmittäglichen Schatten wurden länger, doch Elizabeth war jedes Zeitgefühl abhanden gekommen, während sie Alvirah Meehans Tonbänder abhörte. Gelegentlich drückte sie auf die Stopptaste und ließ das Band zurücklaufen, um sich einen bestimmten Abschnitt mehrmals

Weitere Kostenlose Bücher