Schlangen im Paradies
Versprechungen Geld ab-schwatzen würden, doch daß jemand sie absichtlich umzubringen versucht hatte, erschien ihm unvorstellbar. «Ich komme sofort», versprach er und knallte den Hörer wütend auf die Gabel.
Der Warteraum im Monterey Hospital war hell und freundlich, mit Grünpflanzen und einem kleinen Teich, fast wie eine Hotelhalle. Er mußte jedesmal an die Stunden denken, die er hier gesessen hatte, als Jeanie im Krankenhaus lag.
Die Ärzte seien noch mit Mrs. Meehan beschäftigt, teilte man ihm mit, Dr. Whitley stehe ihm gleich für ein kurzes Gespräch zur Verfügung. Während er wartete, erschien Elizabeth.
«Wie geht’s ihr?»
«Keine Ahnung.»
«Sie hätte diese Injektionen nicht kriegen dürfen. Sie hatte wirklich Angst. Es war ein Herzanfall, nicht wahr?»
«Wir wissen es noch nicht. Wie sind Sie hergekommen?»
«Min hat mich in ihrem Wagen mitgenommen. Sie parkt ihn gerade. Helmut fuhr in der Ambulanz mit Mrs. Meehan. Das darf doch alles nicht wahr sein.» Ihre Stimme wurde lauter, so daß sich die Leute ringsum zu ihr umdrehten und sie anstarrten.
Scott zog sie auf das Sofa neben sich. «Reißen Sie sich zusammen, Elizabeth. Sie haben Mrs. Meehan doch erst vor ein paar Tagen kennengelernt. Sie dürfen sich nicht so aufregen.»
«Wo ist Helmut?» Das war Min. Sie stand hinter ihnen. Ihre Stimme war tonlos, verriet keinerlei Gefühlsregung. Offenbar befand sie sich in einer Art Schockzustand. Sie umrundete die Couch und sank in einen Sessel ihnen gegenüber. «Er muß völlig außer sich sein …» Sie verstummte. «Da ist er ja.»
Für Scotts geschultes Auge erweckte Helmut den Eindruck, als habe er ein Gespenst gesehen. Er trug noch den erstklassig geschnittenen blauen Kittel, in dem er seine chirurgischen Ein-griffe vorzunehmen pflegte. Er ließ sich in den Sessel neben Min fallen und griff nach ihrer Hand. «Sie liegt im Koma. Die Kollegen sagen, sie habe irgendeine Injektion bekommen. Das ist unmöglich, Min, ich schwör’s dir, absolut unmöglich!»
«Sie bleiben hier.» Das galt allen dreien. Scott hatte den Chefarzt erspäht, der ihm auf dem langen Korridor zur Notaufnahme zuwinkte.
Sie unterhielten sich im Privatbüro. «Man hat ihr etwas injiziert, das einen Schock hervorgerufen hat», erläuterte Dr. Whitley tonlos. Der hochgewachsene Dreiundsechzigjährige, sonst stets umgänglich und verständnisvoll, war jetzt stahlhart, und Scott erinnerte sich, daß sein langjähriger Freund den Zweiten Welt-krieg als Jagdflieger mitgemacht hatte.
«Wird sie’s überleben?»
«Das läßt sich unmöglich sagen. Sie liegt im Koma, aus dem sie vielleicht nie wieder aufwacht. Bevor sie völlig in Bewußtlo-sigkeit versank, versuchte sie noch etwas mitzuteilen.»
«Was war das?»
«Es hörte sich an wie ‹sti›. Mehr hat sie nicht rausbekom-men.»
«Das hilft uns nicht weiter. Was hat der Baron zu sagen? Hat er eine Ahnung, wie das passiert sein kann?»
«Wir haben ihn nicht in ihre Nähe gelassen, Scott, ehrlich.»
«Daraus schließe ich, daß ihr von dem guten Doktor nicht viel haltet?»
«Ich habe keine Veranlassung, an seinen ärztlichen Fähigkei-ten zu zweifeln. Aber er hat was an sich, das bei mir jedesmal, wenn ich ihn sehe, die Alarmglocke auslöst. Und wenn nicht er Mrs. Meehan die Spritze gegeben hat, wer denn dann, zum Teufel?»
Scott schob den Stuhl zurück. «Genau das gedenke ich herauszufinden.»
Als er das Büro verlassen wollte, rief ihn Whitley noch einmal zurück. «Scott, das hilft uns vielleicht weiter – könnte jemand Mrs. Meehans Räume durchsuchen und uns sämtliche Medikamente bringen, die sie womöglich genommen hat? Bis wir ihren Mann erreicht haben und ihre Krankengeschichte kennen, tap-pen wir völlig im dunkeln.»
«Ich kümmere mich persönlich darum.»
Elizabeth fuhr mit Scott nach Cypress Point zurück. Unterwegs erzählte er ihr von dem verkohlten Papierfetzen, den er in Cheryls Bungalow gefunden hatte. «Dann stammen die Briefe also doch von ihr!» rief Elizabeth.
Scott schüttelte den Kopf. «Ich weiß, es hört sich verdreht an, und ich weiß auch, wie mühelos Cheryl lügen kann, aber ich hab den ganzen Tag darüber nachgedacht, und meine innere Stimme sagt mir, daß sie die Wahrheit spricht.»
«Was ist mit Syd? Haben Sie sich mit ihm unterhalten?»
«Noch nicht. Sie muß ihm erzählen, daß sie zugegeben hat, den Brief gestohlen zu haben, den er dann zerriß. Ich beschloß, ihn schmoren zu lassen, bevor ich ihn befrage. Manchmal
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