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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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Barmann einen Vierteldollar zu und ging tatsächlich wieder an den Spieltischen vorbei, ohne sich von ihnen anlocken zu lassen. Fast war er stolz auf sich. Auf Deck aber forderte das Schicksal ihn heraus.
    * * *
    Brian Stokes, der erste Maat auf der "Elisabeth Kane", blickte auf den blinden Passagier, den ihm zwei seiner Leute präsentierten. „Haben wir unten in Frachtraum Eins gefunden, Sir“, meldete ihm einer der Matrosen. Joe stand zwischen zweien dieser stämmigen Seeleute und wagte nicht, sich zu rühren.
    „So was gab´s noch nie an Bord der „Kane“. Wie heißt du, Junge, und woher kommst du?“, fragte Stokes mit grollender Stimme den braunhäutigen jungen Mann vor sich. Er war ein harter, wenn auch gerechter Mann Ende vierzig mit wettergegerbtem Gesicht, aber gütigen Augen. Er war auf dem großen Fluss zuhause wie sein Kapitän. Joseph erinnerte sich an Mama Bos Worte, Fremden nicht zuviel über sich zu verraten. Deshalb schwieg er zunächst. Einer der Matrosen knuffte ihn in die Seite. „Mach´s Maul auf oder bist du stumm? Wir können dich auch ohne Namen über Bord werfen!“
    „Mein Name ist…Joe“, sagte der Junge jetzt leise. Dabei hielt er den Kopf gesenkt. Stokes nickte. „Schön, und weiter?“
    „Nur Joe.“
    „Okay. Und was machst du hier an Bord?“
    „Hatte kein Geld für die Überfahrt.“
    Das war nicht einmal gelogen. Joseph wusste, dass er auch in Memphis noch lange nicht in Sicherheit sein würde. Auch Tennessee hatte sich im Mai 1861 aus der Union losgesagt. Von da aus würde er weiter fliehen müssen, bis er schließlich einen der sicheren Nordstaaten erreichen würde. Zumindest aber  das neutrale Kentucky.
    „Schön und gut. Trotzdem hast du an Bord nichts zu suchen. Der Käpt´n wird jetzt entscheiden, was mit dir passieren soll.“
    Einer der Matrosen grinste. „Werfen wir ihn den Fischen vor. Vielleicht schafft er´s ja auch bis ans Ufer“, meinte er kaltherzig und blickte seinen Kameraden an. "Sollen wir ´ne Wette abschließen, Steve?", schlug er diesem vor.
    Stokes warf ihm einen grimmigen Blick aus seinen grauen Augen zu. „Wir sind weder auf hoher See noch gesetzlose Freibeuter!“, wies er ihn zurecht. Der Mann blickte zu Boden. Dann wandte der erste Maat sich wieder dem Jungen zu.
    „Woher kommst du, Joe?“
    Dieser zuckte die Schultern. „Von überall und nirgends.“
    „Ein Streuner, Sir. Bestimmt so ein illegaler Einwanderer. So, wie der aussieht, hat er lange nicht mehr gebadet“, mutmaßte der andere Seemann namens Steve. „Oder ein entlaufener Sklave“, vermutete sein vorlauter Kollege.
    „Quatsch, der ist doch kein Nigger! Kommt bestimmt aus Europa. Vielleicht Spanier oder so.“
    „Der hat doch keinen Akzent!“
    „Schluss jetzt!“ Stokes ging auf Joseph zu und zog ihm sein Hemd bis zum Hosenbund herunter. Nirgendwo ein Sklavenmal, nur karamellbraune, glatte Haut. Der Maat war zufrieden und ließ den Kapitän holen.
    André hatte die Szene von der Reling aus beobachtet, so wie einige der anderen Passagiere auch. Der junge Mann mit den lockigen schwarzen Haaren faszinierte ihn auf Anhieb, und als Stokes nach dem Brandzeichen suchte und der Spieler die Makellosigkeit von Josephs Oberkörper bemerkte, durchlief ihn ein seltsam brennendes Gefühl, dass sich in der Hüftgegend verstärkte. Er bemühte sich, den Blick abzuwenden, doch das schien unmöglich.
    Es war gerade kurz nach elf Uhr vormittags. Die Sonne stand bereits mit voller Kraft am Himmel. Einige der Damen flanierten mit zierlichen Sonnenschirmen an Deck, während ihre eleganten Gatten im Raucherzimmer die neuesten politischen Entwicklungen diskutierten. Auch die weiblichen Zuschauer warfen verschämte und gleichzeitig bewundernde Blicke auf den hübschen und kräftigen Jungen, der immer noch von einem der Matrosen am Arm festgehalten wurde. Joseph wirkte völlig ungerührt. Er stand stolz und aufrecht da wie die Statue eines griechischen Gottes. Seine Augen musterten die Gaffer an der Reling mit der gleichen Neugierde, so dass einige bereits die Blicke abwandten. Nur André LeClerq nicht. Dessen blauen Augen tauchten tief in das dunkle Meer von Josephs Pupillen.  
    Da war etwas….etwas, das André am liebsten die Hand hätte ausstrecken lassen, nur um diese goldbraune Haut zu berühren, die sich über den Brustmuskeln spannte. Muskeln, die von harter Arbeit stammten. Dieser schwarzgelockte Jüngling war das genaue Gegenteil von ihm, dem überschlanken Spieler, der einem

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