Schlangenblut (German Edition)
schossen. Der Schmerz war so heftig, dass sie nicht einmal sicher war, woher er kam. »Taylor?«
Ein Krankenwagen kam neben ihnen mit quietschenden Reifen zum Stehen. Burroughs und die Sanitäter halfen Taylor auf eine Bahre. Taylors linker Unterarm war auf bizarre Weise verbogen. Sanitäter drängten sich um ihn und versperrten ihr die Sicht.
Lucy sah sich mit verschwommenem Blick um. Sie hatte offenbar minutenlang nichts mitbekommen, denn überall standen bereits Feuerwehrleute und spritzten mit ihren Schläuchen in alle Richtungen, bis sich über die Ansammlung von Polizeifahrzeugen und Schaulustigen mehrere Regenbogen wölbten.
Das Grinsen auf den Gesichtern der Feuerwehrleute sagte ihr, dass dies offenbar wieder einmal ein lustiger Tag für sie war: keine Toten, keine Kollateralschäden, alles im Griff – alles in allem ein Brand, wie er angenehmer nicht sein konnte.
»Sorgen Sie dafür, dass die begreifen, dass es sich hier um den Schauplatz eines Verbrechens handelt. Wir müssen so viele Beweise sichern wie nur irgend möglich.« Ihre Stimme war nun wieder kräftiger. Solange sie sich nicht bewegte und nur oberflächlich atmete, waren die Schmerzen zu ertragen. »Und dann muss sich jemand im Garten umsehen. Taylor hatte einen Laptop in der Hand, als wir aus dem Fenster geflogen sind.«
»Ich hab das Ding«, sagte Burroughs und hielt die zersplitterten Überreste einer Laptop-Tastatur in die Höhe wie einen Pokal. »Er ist draufgefallen.« Der Detective kam zu ihr geschlendert. »Das nächste Mal überlege ich mir zweimal, ob ich euch FBI -Leuten erlaube, in meinem Revier zu wildern.«
»Der Drecksack hat uns durch eine drahtlose Kamera beobachtet. Wahrscheinlich sogar durch mehr als eine.«
»Ich hab ein paar Jungs losgeschickt, um die Nachbarschaft nach ihm abzusuchen, aber bei dem ganzen Durcheinander hatte er genug Zeit, um sich aus dem Staub zu machen. Falls er überhaupt hier war – vielleicht hat er ja die Kameras so geschaltet, dass er ihre Bilder über einen Computer von überall sehen konnte.« Er trat einen Schritt zurück und musterte sie lange und gründlich. »Haben Sie sich schon von einem Sanitäter untersuchen lassen?«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, sie sollen sich um Taylor kümmern. Mir geht’s gut.« Ihre Beine zitterten, obwohl sie sich an den Wagen lehnte. »Hat schon jemand mein Handy gefunden? Fletcher hat mich auf ihm angerufen, vielleicht ist ja mit dem Anruf was anzufangen.«
»Ich glaube, Sie brauchen jetzt wirklich die Sanitäter, Lucy«, meinte Walden, und seine Stimme klang irgendwie seltsam.
»Nein, ich brauche dieses Handy. Burroughs, würden Sie nach ihm suchen?«
Burroughs aber hörte nicht auf sie und schnappte sich stattdessen den nächstbesten Sanitäter.
»Wieso hört eigentlich niemand auf mich?« Lucy wurde allmählich wütend. Der Rücken ihrer Bluse war so klatschnass von Schweiß, dass er an ihrer Haut klebte. »Schafft endlich das verdammte Handy her!«
»Tun wir, versprochen«, sagte Walden. »Sobald die Sanitäter Sie untersucht haben.«
»Ich sage Ihnen doch, mir geht’s gut.«
»Lucy.« Burroughs hielt sie an der Taille fest, als sie sich auf den Stoßfänger sacken ließ. »Hören Sie mir mal zu. Wir kümmern uns um alles, aber Sie müssen sich jetzt auf diese Bahre legen.«
Er zog die Hand zurück und hielt sie ihr vors Gesicht. Sie war voller Blut, so viel Blut, dass es in einem unablässigen Strom von seiner Handfläche rann.
Wie gebannt folgte Lucy den Blutstropfen. Sie wirbelten in Zeitlupe umher, winzige rote Perlen glitzernden Sonnenlichts, und tropften und fielen …
KAPITEL 28
Sonntag, 13.22 Uhr
Die Fahrt im Krankenwagen in die Three-Rivers-Klinik erlebte Lucy wie durch einen Schleier aus Sirenen, piependen Monitoren und dem Rufen über sie gebeugter Männer. Die Sanitäter schnallten sie mit dem Gesicht nach unten auf die fahrbare Krankentrage, was ihr das Atmen nicht gerade erleichterte. Das Schwanken des Krankenwagens verursachte bei ihr ein flaues Gefühl im Magen – schlimmer als bei ihrem letzten Versuch, sich auf ein Boot zu begeben.
»Mir wird gleich schlecht«, stöhnte sie, ohne sicher zu sein, dass jemand sie hörte. Hände in Handschuhen tauchten unter ihr auf und hielten ihr eine gelbe Plastikschüssel hin. Sie erbrach sich, gleichzeitig schnitten Wellen des Schmerzes durch ihren Körper, bevor ihr erneut schwarz vor Augen wurde.
Als sie erwachte, lag sie noch immer mit dem Gesicht nach unten da, doch
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