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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Ich sah mich um, doch niemand war in Sicht. Jedenfalls war das Geräusch unter der Brücke hervorgekommen. Wieder kauerte ich mich hin; diesmal wollte ich der Brücke nicht so nahe kommen. Es könnte ein Fuchs gewesen sein, vielleicht sogar ein Hund. Nur hatte sich das Husten eindeutig menschlich angehört. Unter der Brücke war nichts außer Schatten, und ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich inzwischen zwanzig Minuten zu spät dran war.
    Oh, worauf hatte ich mich da eingelassen? Ich konnte mir das Ganze lebhaft vorstellen. Ein oder zwei Vernünftige würden vergeblich zur Ruhe mahnen. Vielleicht hatten sie ja einen Constable vom nahen Polizeirevier überredet, zu dem Treffen zu kommen, und dieser würde einer zunehmend erregten Menschenschar erklären, wieso die Polizei von Dorset keine zusätzlichen Leute abstellen konnte, um auf Schlangenstreife zu gehen.
    Bestimmt würde jeder eine Schlangengeschichte parat haben und darauf bestehen, sie zum Besten zu geben. Und ich, der Himmel stehe mir bei, war zur hiesigen Schlangenexpertin ernannt worden. Sie würden wissen wollen, wieso es so viele Schlangen gab, warum John Allington gestorben war, was die zuständigen Behörden (welche das auch sein mochten) in dieser Angelegenheit zu unternehmen gedachten, wie sie ihre Kinder schützen konnten. Jeder würde etwas zu sagen haben und niemand würde vernünftigen Argumenten zugänglich sein. Nun, ich hatte keine Antworten für sie. Wieder ging ich über die Brücke, in der Absicht, nach Hause zurückzukehren, mich innerlich zu wappnen und Dad anzurufen.
    »Da sind Sie ja, Clara! Ich wollte Sie gerade holen.« Gemeindeschwester
Sally stand auf der anderen Seite des Rasenfleckens; sie hörte sich an, als sei sie ganz außer Atem. »Die anderen warten noch auf Sie.«
    Also fügte ich mich ins Unvermeidliche und folgte Sally über den Rasen und in die Church Lane, eine der drei Straßen, die zum Dorfanger führten. Wir gingen ein paar Meter bergab und bogen dann nach rechts in eine kleine, von Eiben gesäumte Sackgasse ein, in der ich noch nie gewesen war, weil sie nirgendwohin führte, außer zu dem großen Herrenhaus im Tudorstil, das an ihrem Ende aufragte. Sally und ich schritten unter einem steinernen Torbogen hindurch und über einen kopfsteingepflasterten Hof. Das Haus umschloss uns; der Hauptflügel war genau vor uns. Sally zog die schwere Holztür auf und schob mich hinein.
    Wir befanden uns in einer großen Halle mit glänzender, dunkler Wandtäfelung. Eine Galerie zog sich an einer Wand entlang, und eine Treppe führte von dort aus abwärts. Ganz kurz war mir, als sähe ich aus den Augenwinkeln eine dunkel gekleidete, hochgewachsene Gestalt hinter einer Tür im Obergeschoss verschwinden.
    Ein paar Stufen über uns stand Phillip Hopwood, und neben ihm ein großer, kräftig gebauter Mann. Ich nahm an, dass es der Hausbesitzer war, unsere hiesige Berühmtheit: Clive Ventry, Selfmade-Millionär und Weltumsegler. Ventry hatte den Kopf von mir abgewandt, als hätte auch er die Gestalt auf der Galerie bemerkt. Und doch war ich mir sicher, gehört zu haben, dass er allein lebte. Hatte er Personal? Dann drehte er sich wieder herum, und ich sah, dass er Ende vierzig war, vielleicht knapp fünfzig. Er hatte dichtes, dunkles Haar, träge Augen und eine leichte Hakennase.
    Bestimmt zwanzig oder noch mehr Menschen waren versammelt, die meisten davon Männer. Alle standen herum und unterhielten sich laut, doch sie verstummten, als sie die Tür ins Schloss fallen hörten, und drehten sich nach mir um. Zwanzig Menschen, die mich alle anstarrten: eine Situation,
die ich mein ganzes Leben lang zu vermeiden versucht hatte.
    Phillip winkte von seinem Aussichtspunkt auf der Treppe herüber und bedeutete mir, vorzutreten. Das Letzte, was ich wollte, war, über die Menge erhoben zu werden, damit alle mich sehen konnten, doch Sally drängte mich von hinten vorwärts und die Leute vor der Treppe wichen auseinander, um uns durchzulassen. Phillip beugte sich zu mir herab, ergriff meine Hand und zog mich zu sich herauf, bis ich eine Stufe unter ihm stand. Weiter ging ich nicht.
    »Miss Benning«, sagte er, nachdem er den Versuch aufgegeben hatte, mich noch höher zu zerren. »Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Bewegung entstand, scharrende Geräusche waren zu vernehmen, als Stühle vom Tisch fortgezogen wurden und die Leute sich setzten. Andere versammelten sich hinter den Sitzenden, manche standen an den getäfelten Wänden. Clive Ventry

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