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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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dasselbe. Kam mir nicht richtig vor, aber was konnte ich anderes tun?«
    Walters Augen flehten mich an, doch ich war weit davon entfernt, irgendetwas wirklich zu verstehen. Da gab es vieles, was Walter mir nicht erzählte. Sie sind weggezogen … nach dem, was passiert ist. Er wusste etwas über 1958. Über Edeline verschwieg er auch etwas. Aber er war so schwach. Wie konnte ich fragen, ohne ihn aufzuregen?
    »Haben Sie jemals von ihm gehört? Was mit ihm passiert ist?« Ein Kind, das um 1960 herum geboren worden war, würde jetzt auf die fünfzig zugehen. Immer noch zu jung, um mein Einbrecher zu sein, aber…
    »Ein paar Jahre später ist er uns besuchen gekommen. Er muss so ungefähr siebzehn gewesen sein, kam gerade aus dem Heim und wollte Geld, um ins Ausland zu gehen. Ich habe
ihm gegeben, was ich konnte, aber viel war’s nicht. Konnte dem Jungen nicht allzu viel abgewinnen, war für meinen Geschmack viel zu sehr wie Saul. Hat uns Geschichten erzählt, wie sie ihn in dem Kinderheim behandelt hätten. Hat versucht, uns ein schlechtes Gewissen zu machen.«
    »War er schlecht behandelt worden?«
    »Das hat er gesagt, aber einiges von dem, was er uns erzählt hat, konnte ich nicht glauben. Ich glaube, sein Dad hat ihm den Kopf verdreht.«
    »Er hatte immer noch Kontakt zu seinem Vater?«
    Walter nickte. »Der Junge hat ihn immer im Gefängnis besucht. Sie haben ihn dazu ermutigt, die Leute in dem Kinderheim, dachten, es wäre gut für ihn, mit seinem Vater in Verbindung zu bleiben. Aber Saul hat dem Jungen Geschichten erzählt, völlig verschrobene Geschichten, wie sich das Dorf gegen ihn gewendet und ihn und seine Muter vertrieben hätte. Er hat behauptet, das sei der wahre Grund gewesen, warum seine Mutter umgekommen wäre. War natürlich alles Blödsinn, Saul hat nur gekriegt, was er verdient hat, aber man hat gesehen, dass der Junge darauf reingefallen war. Man hatte ihn gelehrt, uns zu hassen, das Dorf zu hassen, für das, was seiner Meinung nach seinen Eltern angetan worden war.«
    »Wie lange ist er geblieben?«
    »Nicht lange. Als er gemerkt hat, dass er nicht mehr von uns kriegt, ist er gegangen. Wir haben nie wieder von ihm gehört.«
    »Erinnern Sie sich noch an seinen Namen?«
    »Er hieß Saul. Wie sein Dad.«
    Ich konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. Ein zweiter Saul Witcher. Der einen Groll gegen das Dorf hegte.
    Das Licht in Walters Augen, die recht hell gewirkt hatten, als ich gekommen war, ließ jetzt allmählich nach. Ich ermüdete ihn.
    »Walter, irgendjemand aus dem Dorf hat Ulfred erwähnt. Ich habe mich gefragt, ob…«

    Die Hand, die die meine hielt, fasste fester zu. Ich hatte mich geirrt, als ich sie als kraftlos beschrieben hatte. Dort war sogar noch eine ganze Menge Kraft vorhanden.
    »Wir haben unser Bestes für Ulfred getan. Niemand hätte mehr … Er war nicht ganz richtig, wissen Sie? Schon so geboren. Konnte nicht sehen, konnte nicht hören, konnte nicht sprechen. Aber er war so stark. Ich bin nicht mit ihm fertig geworden. Und er und Edeline. Wie hätte ich sie daran hindern sollen? Ich konnte keinen von ihnen daran hindern.«
    Ich war zu weit gegangen. Walter war ernstlich erschüttert. Ich musste ihn beruhigen. Sanft umfasste ich seine Finger mit beiden Händen. »Ist schon gut, Walter, wirklich. Das ist doch lange her. Regen Sie sich –«
    »Und nachdem … was sie mit ihm gemacht haben…«
    Es gab keine Monitore in Walters Zimmer, doch ich war mir ziemlich sicher, dass seine Herzfrequenz gefährlich anstieg, und er hatte Mühe, Atem zu holen. »Walter, ich bin sicher, es war ein Versehen, bitte…«
    »Ich musste ihn fortschicken. Dr. Amblin hat uns geholfen. Und der Vikar. Hat einen Platz für ihn gefunden. Es ging ihm gut. Da gab’s Ärzte und Pfleger. Sie konnten sich um ihn kümmern.«
    »Bestimmt ging es ihm gut. Sie haben das Richtige getan.«
    Walter beruhigte sich allmählich. Ich wartete, ließ ihm einen Moment Zeit, bis sich die angespannten Muskeln seines Gesichts lösten.
    »Bestimmt konnten Sie ihn doch besuchen?«, erkundigte ich mich, als ich es für ungefährlich hielt.
    Walter nannte eine psychiatrische Klinik in einer Stadt, die keine fünfzig Kilometer entfernt war, allerdings auf der anderen Seite der Grafschaftsgrenze, in Devon. Im Stillen wiederholte ich den Namen mehrmals, um sicherzugehen, dass ich ihn nicht vergessen würde. »Wir sind ein- oder zweimal hingefahren«, sagte er. »Wir konnten sehen, dass er es gut hatte, dass er ordentlich

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