Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
Vom Netzwerk:
Kommunikation meinerseits nicht beirren ließ. »Wissen Sie, ich spiele in einer Band. Wir sind nur zu fünft: Bassgitarre, Gitarre, Schlagzeug, Saxofon und eine Sängerin. Wir spielen seit fünf Jahren zusammen.«
    »Ach?« Ich überlegte, was in aller Welt Sally dazu veranlasste, mir Einzelheiten aus ihrem Leben mitzuteilen.
    »Und in ein paar Wochen hört unsere Sängerin auf. Sie zieht in den Norden, und ich habe überlegt, ob …«
    Ich ging weiter.
    »Die Sache ist die«, fuhr Sally fort. »Ich weiß, dass Sie singen.«
    Ich blieb stehen, drehte mich um und sah sie an. »Ich singe nicht.«
    »Ich höre Sie doch«, widersprach sie und lächelte mich an. »Die ganze Zeit. Durchs Fenster.«
    »Das muss Musik von irgendeiner Aufnahme sein«, wehrte ich ab und überlegte, ob mein Cottage wohl denkmalgeschützt war und ob ich dort Doppelglasfenster würde einbauen dürfen.

    »Clara, ich kann eine Aufnahme sehr wohl von unbegleitetem Live-Gesang unterscheiden. Sie haben eine wunderschöne Stimme.«
    Über Sallys Schulter hinweg konnte ich Allan und seine Freunde aus dem Torbogen kommen sehen, der in den Hof des Gutshauses führte. Sally kehrte dem Haus den Rücken zu. Deshalb sah sie nicht, wie sie uns bemerkten und innehielten. Sie sah nicht, wie sie die Köpfe zusammensteckten und aufmerksam zuhörten, was Allan sagte, während sie uns die ganze Zeit anstarrten – nun, eigentlich hauptsächlich mich. Ich zwang mich, sie nicht zu beachten und konzentrierte mich stattdessen auf Sally. Sie war ein bisschen älter als ich, vielleicht Anfang dreißig, mit kurzem Haar, das in einem leuchtenden Rotton gefärbt war. Ihr Teint war dunkel und ihre Augen haselnussbraun. Was hatte sie eben gesagt? Irgendetwas von wegen, meine Musik wäre zu laut.
    »Es tut mir leid, ich hatte keine Ahnung, dass ich Sie störe.« Ich fragte mich, wer mich sonst noch hören konnte, wer noch zugehört hatte, während ich mich völlig allein wähnte.
    »Seien Sie doch nicht blöd. Wie fänden Sie es, mal für die Band vorzusingen?«
    Wie ich das fand? So, dass ich mir lieber den Arm abhacken würde. Aber Sally gab sich Mühe, nett zu sein. Sie machte mir ein Kompliment. Hinter ihrer Schulter setzte sich die Männergang wieder in Bewegung. Ich wollte weg sein, bevor sie uns erreichten.
    »Ich glaube nicht … wirklich. Vielen Dank, aber …«
    »Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen, ja? Ich könnte Sie den anderen ja einfach nur vorstellen. Ganz ohne Druck.«
    »Okay«, willigte ich ein, denn das schien die einfachste Möglichkeit, ein lächerliches Gespräch zu beenden und das Weite zu suchen. »Ich glaube, ich laufe jetzt noch ein bisschen. Gute Nacht.«
    Ich wandte mich von ihr ab und joggte los, nahm eine Richtung, die mich von zu Hause wegführte. Mir war klar, dass sie
mich für unhöflich halten würde, doch ich wollte nur noch weg von hier. Zu viele Menschen, zu viel Gerede, viel zu viel Aufmerksamkeit. Ich rannte durchs Unterholz, fort von dem Lärm und dem Trubel, auf der Suche nach Einsamkeit und Sicherheit.
    Ich trug weder Joggingsachen noch richtige Laufschuhe, doch das war mir egal. Unwillkürlich wurde ich schneller, als ich über den Dorfanger lief und die Carters Lane hinunterrannte, ehe ich in eine einspurige Gasse einbog, die zum tiefsten Punkt des Dorfes führte, den man mit dem Auto erreichen konnte. Die Leute aus dem Dorf nannten diese Gasse »Bottom Lane«. Ob sie jemals einen richtigen Namen gehabt hatte, wusste ich nicht. Außer zu dem leeren Haus führte die Bottom Lane nirgendwohin. Ich rannte weiter, vorbei an dem alten Haus, ohne es anzusehen, den schmalen, von Haselsträuchern gesäumten Weg entlang, der sich durch den Buchenwald zog und aus dem Dorf hinausführte. Erst als das Licht am Himmel merklich zu verblassen begann, machte ich kehrt.
    Inzwischen war ich müde. Ich war am Morgen Laufen gewesen, vor meinem Abenteuer mit der Kreuzotter, und ich hatte während des Tages kaum etwas gegessen. Im Grunde hätte ich aufhören und den Rest des Weges langsam gehen sollen. Hätte ich das getan, wäre vielleicht alles anders gekommen.
    Es war ein warmer, feuchter Frühling gewesen, der fast doppelt so viel Regen gebracht hatte, wie für diese Jahreszeit üblich war, und auf dem schmalen, steilen Pfad, der ins Dorf zurückführte, floss das Wasser nicht besonders gut ab. Lachen aus dickem, schwarzem Schlamm lauerten auf den nächsten hundert Metern. Zu beiden Seiten wurden die Hecken dichter und höher, da sich

Weitere Kostenlose Bücher