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Schlangenjagd

Schlangenjagd

Titel: Schlangenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Jack Dubrul
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Kopfnicken auf den Fallschirm.
    Von allen menschlichen Emotionen verabscheute Cabrillo Mitleid am meisten. Die Blicke verlogenen Mitgefühls, mit denen ihn Passanten an dem Tag bedacht hatten, als Julia Huxley ihn im Rollstuhl mit einem säuberlich zusammengefalteten und mit einer Sicherheitsnadel zusammengesteckten Hosenbein aus einem Krankenhaus in San Francisco herausholte, hatten ihn in Rage gebracht. Er schwor sich an diesem Tag, dass niemand ihn jemals wieder so ansehen würde. Daher hatte er nach dem Verlust des Beines drei Operationen über sich ergehen lassen und praktisch Tausende Stunden Physiotherapie absolviert, damit er laufen konnte, ohne auch nur andeutungsweise zu humpeln. Er konnte jetzt besser Ski laufen und schwimmen als zu dem Zeitpunkt, als er noch beide Beine besaß – und er konnte sogar auf der Prothese balancieren.
    Er hatte zwar ein Handicap, aber er war nicht gehandikapt.
    Trotzdem gab es Dinge, die er nicht so gut tun konnte wie in der Zeit, als er noch beide Beine hatte, und eins davon war Fallschirmspringen. Seinen Körper gerade und stabil zu halten, während man sich im freien Fall befand, erforderte zwar auch winzige Korrekturen mit den Armen, aber im Wesentlichen waren es doch die Beine, die einen Fallschirmspringer in Position hielten. Juan hatte während der letzten beiden Jahre Dutzende von Übungssprüngen absolviert, und ganz gleich, wie sehr er sich auch bemühte, er konnte trotzdem nicht verhindern, dass sein Körper in eine langsame Rotation überging, die sich schnell zu einem gefährlichen Trudeln steigerte.
    Da er den Druck des Windes auf seinen Fuß nicht spürte, vermochte er die Drehung ohne einen Partner, der ihn festhielt und bremste, nicht zu stoppen. Es war ein seltenes Manko, das Juan nur ungern eingestand. Max wusste das.
    »Es wird schon klappen«, sagte Cabrillo und fuhr fort, seinen Schirm zu falten.
    »Bist du sicher?«
    Juan schaute hoch und lächelte. »Max, du benimmst dich wie eine alte Frau. Sobald ich das Flugzeug verlassen habe, brauche ich mich nur gerade zu halten. Ich bin nicht lange genug im freien Fall, um mit meinem Derwischtanz anzufangen. Große Höhe, frühes Öffnen, alter Freund. Wenn es eine andere Art des Abspringens wäre, säße ich sicher im Operationszentrum und würde das Geschehen zusammen mit dir auf dem Monitor verfolgen.«
    »Na schön«, sagte Max. »Ich wollte nur sichergehen.«
    Eine halbe Stunde später übergab Juan seinen Fallschirm und seine Ausrüstung einem der Deckhelfer, damit er beides zu dem Hubschrauberhangar in der Nähe des Hecks der
Oregon
brachte. Ehe er sich in seine Kabine zurückzog, um sich seinen längst fälligen Schlaf zu gönnen, machte er noch einen Abstecher in die Sanitätsstation, um nach Sloane zu sehen. Doc Huxley saß nicht an ihrem Schreibtisch oder im angrenzenden Operationssaal, daher schaute er in den drei Ruheräumen nach. Im dritten fand er Sloane. Die Beleuchtung war gedämpft, während sie halb aufgerichtet in einem Krankenhausbett schlief. Sie hatte die Bettdecke weggeschoben, Juan konnte den Wundverband unter ihrem Arm sehen. Nichts wies darauf hin, dass die Schusswunde noch blutete.
    Ihr kupferrotes Haar lag ausgebreitet auf dem weißen Kissenbezug, und eine kleine Strähne fiel ihr in die Stirn. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und während Juan die Strähne zurückstrich, veränderte sich ihr Mund, als erwartete sie, geküsst zu werden, und ihre Augenlider flatterten für einen kurzen Moment, ehe sie noch tiefer in den Schlaf sank.
    Er deckte sie zu und verließ den Raum. Zehn Minuten später – und trotz der bevorstehenden Rettungsaktion und der Sorge um die verschwundenen Waffen – war Cabrillo mindestens ebenso tief eingeschlafen wie Sloane Macintyre.
    Sein Wecker klingelte eine Stunde bevor er nach Swakopmund fliegen sollte, um dort mit Tiny Gunderson zusammenzutreffen. Er schlug die Augen auf. Sie waren blau und völlig klar und bereit, sich allem zu stellen, was ihn erwartete. Er rollte sich aus dem Bett, überlegte, ob er noch einmal duschen sollte, verzichtete dann aber darauf.
    Juan knipste zwei Lampen an und hüpfte auf einem Bein zu seinem begehbaren Wandschrank. Aufgereiht wie Reitstiefel standen seine künstlichen Beine hinten im Schrank. Einige waren fleischfarben und kaum als Prothesen zu erkennen, während andere eher wie Maschinen aussahen. Es waren Modelle mit Titanstreben und chromblitzenden Scharnieren. Er setzte sich auf eine Bank und schnallte sich an, was

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