Schlangenjagd
vorherrschende Windrichtung. Deshalb rotieren Wirbelwinde auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn und Zyklone auf der Südhalbkugel drehen sich im Uhrzeigersinn. Die Erddrehung ist auch der Grund dafür, dass der warme Golfstrom, der an der Ostküste der Vereinigten Staaten entlangzieht, nach Norden und dann nach Osten fließt und das Wetter Europas bestimmt. Eigentlich dürfte der größte Teil Europas gar nicht bewohnbar sein. Schottland, zum Beispiel, liegt viel weiter im Norden als die kanadische Arktis.«
»Und was geschieht, wenn das Wasser aus dem Süden den Äquator vor Afrika überschreitet?«, fragte Linda.
»Dann gelangt es in die Entstehungszone der atlantischen Wirbelstürme«, erwiderte Eric Stone, der als inoffizieller Meteorologe der
Oregon
fungierte. »Die wärmeren Gewässer bewirken eine höhere Verdunstungsrate, und eine höhere Verdunstungsrate hätte stärkere Stürme zur Folge. Ein tropisches Tiefdruckgebiet braucht eine Oberflächentemperatur von über fünfundzwanzig Grad Celsius, um genügend Energie zu sammeln, um sich zu einem Wirbelsturm zu steigern. Sobald das der Fall ist, absorbiert das Tief etwa zwei Milliarden Tonnen Wasser pro Tag.«
»Zwei Milliarden
Tonnen?«,
rief Linda ungläubig.
»Und wenn die Tiefs aufs Festland treffen, laden sie zwischen zehn und zwanzig Milliarden Tonnen pro Tag ab. Was den Unterschied zwischen einem Sturm der Kategorie eins und einem verheerenden Sturm der Kategorie fünf ausmacht, ist der Zeitraum, in dem sie das Wasser vor der afrikanischen Küste aufnehmen.«
Mark Murphy, gewöhnlich der schnellste Denker im Raum, bekam leuchtende Augen, als er begriff. »Wenn der Benguelastrom nun künstlich erwärmt wird und ein Teil dieses Wassers nach Norden fließt, können die Stürme viel schneller an Stärke zunehmen.«
»Und sie werden zahlreicher«, fügte Juan hinzu. »Denkt irgendwer, was ich denke?«
»Dass die schweren Stürme, die die Vereinigten Staaten in den letzten zwei Jahren heimgesucht haben, den Prozess in nicht geringem Maß unterstützt haben.«
»Wirbelsturmexperten sind sich darin einig, dass wir mit einem natürlichen Zyklus von Stürmen größerer Heftigkeit rechnen müssen«, sagte Eric und konterte Murphs Schlussfolgerung.
»Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Generatoren und Heizaggregate diesen Zyklus nicht verstärken«, schoss Mark zurück.
»Freunde«, sagte Juan begütigend, »es ist die Aufgabe kundigerer Geister, als wir es sind, die Auswirkungen all dieser Vorgänge exakt zu beurteilen. Im Augenblick reicht es, dass diese Apparate ausgeschaltet sind. Nach dieser Konferenz rufe ich Overholt an und berichte ihm, was wir in Erfahrung gebracht haben. Er wird sich höchstwahrscheinlich an die NUMA wenden, und dann ist es deren Problem. Murph, bereite den Computer vor, damit ich ihm alle Dateien schicken kann.«
»Kein Problem.«
»Im Augenblick«, fuhr Juan fort, »möchte ich, dass wir uns auf die Rettung Geoffrey Merricks konzentrieren. Danach können wir daran denken, uns die- oder denjenigen vorzunehmen, der diese Generatoren installiert hat.«
»Meinst du, da gibt es irgendeine Verbindung?«, fragte Max vom anderen Ende des langen Tisches herüber.
»Anfangs dachte ich das nicht. Aber jetzt bin ich sogar davon überzeugt. Dieser Kerl, den Sloane und ich mit dem Rettungsboot verfolgt haben, hat lieber Selbstmord begangen, als das Risiko einzugehen, mir in die Hände zu fallen. Dabei hat er bestimmt nicht einen Aufenthalt in einem afrikanischen Gefängnis vermeiden wollen. Nein, er war ein Fanatiker und bereit sich zu opfern, damit wir die Heizaggregate nicht entdecken. Und wir wissen ja, dass es bei der Entführung Merricks nicht um ein Lösegeld geht. Sie hat politische Gründe – das heißt, er hat jemanden derart verärgert, dass er ihn aus dem Verkehr zog.«
»Umweltschützer«, meinte Linda knapp.
»Das muss es sein«, sagte Juan. »Wir sind irgendwie in eine Riesenverschwörung mit zwei Stoßrichtungen hineingestolpert. Einerseits wollen sie aus irgendeinem Grund Merrick, und andererseits versuchen sie die Meeresströmungen mit diesen Riesengeneratoren zu beeinflussen.«
Eddie räusperte sich. »Ich verstehe das nicht, Juan. Wenn diese Leute so umweltbewusst sind, warum pfuschen sie dann derart an den Ozeanen herum?«
»Das werden wir heute noch in Erfahrung bringen, wenn wir Merrick retten und ein paar von den Entführern schnappen.«
Techniker hatten die Fallschirme des Einsatzteams in
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