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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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durchzogen, die Schlaglöcher sind voller Wasser, der Wagen holpert und sprüht links und rechts Gischtfontänen hoch. Im Dorf selbst wird es wieder besser, sie fährt am Anger vorbei, biegt rechts ab und gleich wieder links, der Sportplatz ist nichts weiter als ein leerer Platz mit netzlosen Torstangen an beiden Schmalseiten. Vor der Baracke mit den geschlossenen Fensterläden scheint der Boden festgefahren, sie stellt den Wagen so ab, dass sie beim Wegfahren nicht erst wenden muss. Sie sucht heraus, was sie für ihren Job braucht, und steckt es in ihre Sporttasche, wo sie auch schon den Kanister verstaut hat.
    Draußen zieht sie ihren Mantel an und wartet, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Schließlich macht sie sich – die Sporttasche am Schulterriemen – auf den Weg, der aber bald keiner mehr ist, sondern nur noch Ackerrain entlang von Gebüsch und Gartenzäunen. Immer wieder versinkt der Fuß in feuchter Erde, und jedes Mal werden die Schuhe schwerer. Die meisten Häuser sind dunkel, nur aus einem fällt Licht, gerade rechtzeitig sieht sie noch, dass dort ein Mann auf der Terrasse steht, rauchend. Sie geht ein paar Schritte zurück, bis sie sich hinter einer Gartenhecke ducken kann. Sie stellt die Sporttasche ab und wartet. Warten und Kälte ertragen gehören zu den Dingen, die sie in ihrer Ausbildung als Erstes gelernt hat.
    D er Monsignore, ja natürlich«, sagt Zlatan und legt die Zeitung auf den Tisch zurück. »Wie kamen Sie darauf, dass es dieser da sein muss?«
    »So viele davon laufen in Berlin nun auch wieder nicht herum«, meint Barbara und krault die Katze, die ihren Teller leer gefressen hat und sich nun wieder an ihre Beine drückt.
    »Darf ich mal sehen?«, fragt Dingeldey und nimmt nun ebenfalls das Blatt, überfliegt den Artikel aber nicht, sondern liest ihn sorgfältig. »Fein«, sagt er dann, »Hochwürden runden das Bild ab.« Schließlich legt er den Stift zur Seite, stützt – die Ellbogen auf dem Tisch – sein Kinn auf die zusammengefalteten Hände und blickt in die Runde, plötzlich nachdenklich und fast besorgt. »Trotzdem bleibt ein Unbehagen.« Er legt die Unterarme wieder auf den Tisch und richtet den Blick auf Berndorf. »Sie ersparen es mir, Ihren Auftritt in Frankfurt kommentieren zu müssen? Sie haben ja diese Leute … diese Mafiosi, oder was immer sie sind, zum Haus dieser bedauernswerten Halbblinden geführt wie der Dackel die Wurstdiebe zur Metzgerei. Aber dass Sie nach Ihren diversen Heldentaten nicht die Polizei gerufen und gewartet haben, bis sie eintrifft – dafür fehlen mir die Worte. Menschenskind, Sie waren leitender Kriminalbeamter!«
    Beifällig klopft Barbara auf den Holztisch, was aber von der Katze mit Missbilligung aufgenommen wird. Sie macht einen Satz zur Seite, setzt sich dann wieder und beginnt sich ausgiebig und lustvoll zu kratzen, den Kopf nach oben gestreckt, die Lefzen leicht angezogen.
    »Eben drum«, sagt Berndorf heiter. »Weil ich nämlich weiß, was die Polizei tut, wenn ihr von oben nahegelegt wird, nichts zu tun: Sie lässt sich das nicht zweimal sagen. Und dass die Polizei weder mir noch Zlatan zu glauben oder gar behilflich zu sein bereit ist, das hat man mir in Berlin bereits sehr deutlich gemacht.«
    »Das mag durchaus so gewesen sein, aber darum geht es jetzt nicht«, unterbricht ihn Dingeldey. »Vorrangig geht es darum, dass Sie sich mit der Mafia angelegt haben. Dass Sie der Mafia oder Leuten, die mit ihr vergleichbar sind, einen Gesichtsverlust zugefügt haben. Das lassen die nicht auf sich sitzen. Ich traue Ihnen zwar durchaus zu, mein Lieber, dass Sie noch ein paar Tricks wie den mit der Kellertreppe auf Lager haben. Aber irgendwann wird Ihnen kein Trick mehr helfen. Irgendwann taucht wieder ein schwarzer Geländewagen auf und fährt an Ihnen vorbei, und die Sache ist mit einem Feuerstoß aus der Maschinenpistole erledigt.« Dingeldey beugt sich nach vorne und deutet mit dem Zeigefinger erst auf Berndorf, dann auf Zlatan. »Im Untergrund werden Sie nicht überleben und Zlatan Sirko auch nicht. Deshalb werden wir die Staatsanwaltschaft und die Polizei geradezu dazu zwingen müssen, Ihren Fall zu übernehmen und endlich ihre Arbeit zu tun.«
    Zlatan lacht. »Sie meinen, so wie man das Dutch bataillon gezwungen hat?«
    Dingeldey runzelt kurz die Stirn. »Er meint Srbrenica«, hilft Berndorf nach.
    »Entschuldigung!« Der Anwalt hebt kurz beide Hände und nickt Zlatan zu. »Wir haben aber hier doch eine etwas andere

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