Schlangenkopf
etwas jünger ist als Kramer, aber sehr viel größer und ausladender in den Schultern. Er setzt sich etwas abseits.
»Sie haben sich an der Hand verletzt?«, fragt Kramer, »schlimm?«
»Nein«, sagt Berndorf, »nicht schlimm, der Polizeiarzt hat sich die Hand angesehen und noch einmal verbunden, besten Dank auch!« Damit sind die Präliminarien beendet, und Kramer beginnt mit der unvermeidbaren Frage, ob Berndorf ihnen denn sagen könne, wo er vorgestern – also am Mittwoch – gewesen sei.
»Ich bin mit einem Linienbus nach Frankfurt gefahren. Im Stadtteil Sachsenhausen habe ich ein bosnisches Restaurant aufgesucht, um dort zu Abend zu essen. Danach habe ich einen Besuch in Heddernheim gemacht, in einem Wohnhaus in der Trajanstraße, und dort mit einem Mann gesprochen, der eine wichtige Aussage vor dem Internationalen Gerichtshof für Jugoslawien zu machen hat.«
Die beiden Polizisten wechseln einen Blick. »Sie geben also zu«, schaltet sich Dotz ein, »dass Sie sich am Mittwochabend in dem Anwesen Watzkau aufgehalten haben?«
»Zugeben kann man nur, was man zuvor bestritten hat«, fährt ihn Berndorf an. »Wann, bitte haben Sie mich nach diesem Anwesen gefragt?«
»Warum werden Sie so aggressiv?«, fragt Dotz. »Ich habe Ihnen doch überhaupt keinen Vorwurf gemacht!«
»Wann haben Sie mich gefragt?«, insistiert Berndorf. »Wann habe ich etwas bestritten?«
Dotz murmelt etwas von Wortklauberei.
»Entweder geben Sie mir jetzt eine Antwort, oder Sie hören kein Wort mehr von mir. Aber den Abbruch der Vernehmung haben dann Sie provoziert.«
»Hören Sie«, sagt Kramer und wirft Dotz einen warnenden oder sogar tadelnden Blick zu, »wir sind wirklich an einem offenen Gespräch interessiert …«
»Warum erhalte ich dann von diesem Menschen keine Antwort?«
»Werden Sie nicht beleidigend!«, kommt es von Dotz.
»Ach ja? Ist es eine Beleidigung, einen Frankfurter Polizisten einen Menschen zu nennen? Das sollte dann aber einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden«, höhnt Berndorf.
»Wir bitten sehr um Entschuldigung«, rafft sich Kramer auf. »Sie haben nichts zugegeben, was Sie zuvor bestritten hätten, und Kollege Dotz hat Ihnen zuvor auch keine Frage gestellt – einverstanden?«
Berndorf hebt kurz beide Hände und lässt sie wieder auf den Tisch fallen, als lohne es sich nicht, weitere Worte zu machen.
»Ich will ganz offen zu Ihnen sein, ohne jeden Trick«, fährt Kramer schließlich fort. »Wir verstehen ganz einfach nicht, was vorgestern Abend in der Trajanstraße abgelaufen ist. Wir haben einen Toten, wir haben zwei Schwerverletzte, wir haben eine fast blinde Frau, die … na gut.« Offenbar will er sich dazu nicht weiter äußern. »Alles andere liegt noch im Dunklen.«
»Aber gegen mich haben Sie einen Haftbefehl erwirkt«, stellt Berndorf mit sanfter Stimme fest.
»Ich bitte Sie!«, sagt Kramer fast flehentlich, »bei der Einvernahme fiel der Name Berndorf, es wurde gesagt, Sie hätten in diesem Haus in der Trajanstraße einen gewissen Zlatan aufgesucht und seien nach der Schießerei mit diesem Zlatan … nun ja: in einem Wagen geflüchtet, der Ihnen nicht gehört.«
»Und dann wussten Sie sofort – aha, Berndorf! Das muss der und der sein? Ich bin geschmeichelt.«
»Nein, natürlich nicht«, räumt Kramer ein. »Aber dann kam aus Berlin die Information, dass Sie …« – er deutet mit beiden Händen auf sein Gegenüber – »dass also der Private Ermittler Hans Berndorf sich für einen gewissen Zlatan Sirko interessiere, der aus irgendwelchen Gründen untergetaucht sei, aber Verbindungen nach Frankfurt habe …«
»Der Hinweis kam von Ihren Berliner Kollegen?«
»Gewiss doch, von den Kollegen dort.«
»Und die Kollegen haben Ihnen nichts von einem tödlichen Unfall mit Fahrerflucht gesagt, um einen Unfall, bei dem es sich meiner Überzeugung nach um einen Mordanschlag handelt, dem Zlatan Sirko hätte zum Opfer fallen sollen? Haben Ihre Kollegen auch nichts davon gesagt, dass ich in dieser Sache bei ihnen vorgesprochen habe, sehr nachdrücklich sogar?«
»Der Anruf ist bei mir aufgelaufen«, sagt Dotz. »Und der Anrufer, also der Kollege bezog sich nur auf den Vorfall in Heddernheim. Er habe einen Tipp bekommen und wolle den weitergeben.« Dotz hebt entschuldigend beide Hände. »Das ist alles.«
Berndorf sieht ihn an und schüttelt den Kopf. »Ich glaube Ihnen nicht.«
»Das ist dann Ihr Problem«, erwidert Dotz.
»Dieser Zlatan Sirko …« – Kramer zieht jetzt
Weitere Kostenlose Bücher