Schlangenkopf
Auftraggeber dafür?«
»Diskretion.« Hornisser greift zu dem Glas mit dem Mineralwasser und nimmt es wie gedankenverloren auf, stellt es dann aber wieder hin. »Und außerdem hätte er gerne, dass Sie ihm das … das Ergebnis Ihrer Aufräumarbeiten überlassen – irgendwelche elektronischen Kleinteile zum Beispiel oder etwaige Disketten mit irgendwelchen Einspielungen.«
»Das wollten wir eigentlich alles der Staatsanwaltschaft zukommen lassen.«
»Das ist …«, sagt Hornisser und lächelt fast schmerzlich, »nein, das ist kein so guter Gedanke. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wären in keiner Weise zielführend, in gar keiner …« Er blickt auf. »Das sollte Ihnen auch bekannt sein. Mein Auftraggeber wäre gezwungen, sich der Staatsanwaltschaft gegenüber auf sicherheitsrelevante Belange zu berufen.«
»Na gut.« Dingeldey nimmt den letzten Schluck seines Espresso und blickt, als gäbe es nichts anderes zu tun, angelegentlich zum Fenster hinaus. Er überlegt, aber eigentlich gibt es nichts zu überlegen, und Hornisser weiß, dass das so ist. Deswegen lässt ihn Dingeldey noch ein wenig länger warten. »Unter diesen Umständen«, fährt er schließlich fort, »wird sich mein Mandant das Beweismaterial kaum abkaufen lassen wollen. Übrigens werde ich es ihm auch nicht empfehlen. Schon aus Sicherheitsgründen nicht.«
»Aus Sicherheitsgründen?«
»Allerdings«, sagt Dingeldey. »Für den Fall weiterer unangemeldeter Besuche.«
Ein Zucken läuft über Hornissers Gesicht. »Offenkundig sind Sie an einer einvernehmlichen Regelung nicht interessiert«, antwortet er kühl. »So etwas ist nie klug. Vielleicht überlegen Sie es sich noch einmal … Meine Karte haben Sie ja.«
E s ist noch früh am Abend, aber das Dalmacija ist gut besucht, Berndorf muss froh sein, dass noch ein Katzentischchen für ihn übrig ist. Er hat sich einen Fleischspieß bringen lassen und Djuvec-Reis dazu, nun bestellt er einen bosanska Kahva , obwohl er den Kaffeesatz in der Tasse nicht mag.
Er ist zu spät in Frankfurt angekommen, um im Standesamt noch nach Sterbefällen im Stadtteil Heddernheim fragen zu können. Aber der Taxifahrer hatte gemeint, das Dalmacija sei das einzige bosnische Restaurant, das es in Sachsenhausen gibt. Außerdem hat er Hunger.
Noch weiß er nicht, wie er sich nach Zlatan Sirko erkundigen kann oder soll. Wenn Zlatan hier Unterschlupf gesucht und gefunden hat, wird der Patron das einem Fremden kaum mitteilen.
Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit, denkt Berndorf: Er muss ein paar Zeilen schreiben, aus denen hervorgeht, warum Zlatan mit ihm Kontakt aufnehmen soll, und wie er das tun kann. Und dann hoffen, dass der Mann hinter der Theke das Schreiben weiterleitet. Schwierig? Nun ja – der Patron wird wissen, dass Zlatan nicht ewig auf der Flucht leben kann.
Der Kellner will den Kahva bringen und muss – bevor er das Tässchen auf dem Tisch abstellen kann – einen Schritt zurücktreten, um zwei Männer vorbeizulassen, die gerade das Lokal betreten haben. Es sind Männer, denen man ansieht, dass sie auf den Gedanken, einem Kellner den Vortritt zu lassen, im Schlaf nicht kommen würden.
Aber noch immer ist es voll im Grill Dalmacija, und reserviert haben die beiden Männer auch nicht. Sie reden mit dem Patron, offenbar schlägt der ihnen vor, am Tresen einen Apero zu nehmen, bis ein Tisch frei wird. Jedenfalls hieven sie sich schließlich auf die Barhocker. Der eine ist ein großer kräftiger Mann, mit einer ausgeprägten steilen Stirn und vollem schwarzen Haar, durch das sich eine einzelne weiße Strähne zieht, der andere ist nur mittelgroß, bereits ein wenig beleibt, mit sandfarbenem, nach hinten gekämmten Haar, und einer etwas schief ins Gesicht gesetzten Nase.
Berndorf kommt ins Grübeln, als er die beiden Männer betrachtet. Sie scheinen nicht zur üblichen Kundschaft zu gehören. Das sind zumeist Einheimische, von den Touristen schon lange aus den Äppelwoi-Kneipen vertrieben, die sich zu einem Abendessen verabredet haben und später noch ins Kino wollen, Paare, Cliquen … So jedenfalls stellt er sich das vor. Aber die beiden an der Theke, Straßenanzug, solides Schuhwerk, ein wenig angespannt – die sind nicht hierhergekommen, um nur zu Abend zu essen und vielleicht ein paar Gläser Slibowitz zu kippen. Die Augen sind unruhig, vermessen das Lokal, auch die anderen Gäste – und so greift Berndorf zur Rundschau und blättert sie durch und will ein Gast sein wie viele andere auch, ein
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