Schlangenküsse
Yard?«
»Da steht es.«
»Oh Scheiße.« Sie blickte zur Seite und wischte über ihr Gesicht hinweg.
»Was stört Sie, Susan?«
»Nichts, im Prinzip. Andy war nur eben auf dem falschen Dampfer. Das ist ihm in der letzten Zeit schon öfter passiert. Er ist ein übermotivierter Typ.«
»Nun ja, nichts dagegen. Ist ja alles schön und gut. Uns würde nur interessieren, was Sie auf dem Gelände zu suchen haben. Den Geräuschen nach ist es uns schon klar, aber...«
»Nein, nein, das ist ein Irrtum.«
»Bitte, was wir gehört haben, das haben wir gehört. Außerdem ist es menschlich.«
Susan hatte Courage. Sie ließ sich so leicht nicht beirren. »Es ist ein Irrtum«, erklärte sie. »Verdammt noch mal, Sie müssen mir glauben. Okay, wir haben gebumst. Ist ja menschlich – oder?«
»Das allerdings.«
»Aber nicht deswegen waren wir hier, sondern dienstlich.« Als sie sah, dass wir beide ansetzten, um zu lachen, sprach sie schnell weiter. »Wir gehören zu einer privaten Schutztruppe, die der Zoo-Direktor engagiert hat, weil auf dem Gelände einiges vorgekommen ist, was er sich eben nicht bieten lassen kann.«
»Es wurde gedealt?«
»Zum Beispiel.«
»Und was noch?«
»Nichts sonst. Das heißt, es hat früher mal Typen gegeben, die sind hier eingestiegen, um Tiere zu stehlen, aber das ist jetzt vorbei. Wir suchen nur die Dealer.«
»Und zwar hier, nicht?«
»Ja, hier in der Nähe.«
Sie wollte, dass wir ihr glaubten, holte ihren Ausweis hervor und zeigte ihn uns. »Damit Sie erkennen, dass ich Ihnen hier nichts vom Pferd erzähle. Das ist nun mal so. Andy und ich sind Kollegen. Wir... wir... naja, wir haben es schon hin und wieder getrieben. Immer dann, wenn die Gelegenheit besonders günstig war.« Über ihre Lippen huschte ein Lächeln. »Ich hoffe, Sie verraten uns trotz allem nicht. Dann wären wir unseren Job los. Zwischenmenschliche Beziehungen mag man bei Firmenangehörigen eben nicht.«
»Da können wir nicht mitreden«, meinte Suko, wobei er mich angrinste und wahrscheinlich daran dachte, dass ich Glenda Perkins auch nicht nur als Kollegin kannte.
Der starke Andy hatte seit seinem Knock-out keinen Laut von sich gegeben. Jetzt begann er leise zu fluchen. Er versuchte, in die Höhe zu kommen, und hielt sich dabei seinen rechten Arm.
»Keine Sorge«, sagte Suko. »Da ist nichts gebrochen. So hart habe ich nicht zugefasst.«
»Scheiße, mir reicht’s.«
Suko half ihm hoch. Andy zog noch immer ein Gesicht wie jemand, der auf einer Zitronenscheibe kaut. Er machte auf uns auch weiterhin einen grimmigen Eindruck.
Susan meinte ganz locker: »Man kann nicht immer gewinnen, Andy.«
»Hör auf.«
»Sie haben alles gehört?«, fragte ich.
»Ja«, gab er zu.
»Dann werden wir unsere Fragen stellen, denn wir sind ebenfalls nicht zum Spaß hier. Vorweg eine andere Sache. Mein Name ist John Sinclair. Das ist mein Kollege Suko.«
»Sie haben einen harten Griff, Mann.«
»Das lernt man im Laufe der Jahre.«
Nach dieser Antwort konnte Andy nur süßlich-sauer lächeln. Dann hörte er meine Frage.
»Stimmt das mit den Dealern?«
Er nickte. »Wie Susan schon sagte, hier wurde gedealt, und das wollte der Chef des Ganzen hier nicht. Deshalb hat er uns engagiert.«
»Warum nicht die Polizei?«
»Keine Ahnung, Mr. Sinclair. Vielleicht wollte er die Sache nicht an die große Glocke hängen. Ist ja möglich. Jedenfalls ist das hier in der Umgebung passiert. Meine Kollegin und ich sind eingesetzt worden, um die Leute zu beobachten und zu stellen. Es kam dann über uns, wenn Sie verstehen.«
»Ist uns egal. Ist auch schon vergessen. Aber wir sind nicht hier, um irgendwelche Dealer zu stellen. Für uns gibt es andere Probleme.«
»Ach ja? Welche denn?«
»Hören Sie genau zu«, sagte ich. »Ist Ihnen vielleicht eine Gruppe von Frauen aufgefallen, die sich hier bei Nacht und Nebel treffen?«
Mit dieser Frage hatte ich Andy vor ein Problem gestellt. Er sah uns an, schüttelte den Kopf und gab die Frage weiter an seine Kollegin.
Susan hatte mittlerweile ihre Jeansbluse ganz geschlossen und hob die Schultern. »Nicht dass ich wüßte«, flüsterte sie.
»Überlegen Sie genau.«
»Wo soll das denn gewesen sein?«
Suko deutete auf die beiden unterschiedlich großen Reptilienhäuser. »Dort, denke ich.«
»Nein«, sagten beide wie aus einem Mund. »Nein, verdammt, da haben wir nichts bemerkt.«
»Wie oft waren Sie schon hier?«
»Es ist erst das zweite Mal«, erklärte Susan.
Da lag sie schon richtig.
Weitere Kostenlose Bücher