Schlangenküsse
wie ein Wunder. Aus eigener Kraft hätte ich nicht mehr zurückgekonnt, denn Aibon war wie ein Sog, der mich immer mehr auf die Wand zuzog.
Und plötzlich war ich da!
Auch das war mir nicht neu. Eine andere Luft umfächerte mich. Zugleich sah ich das grüne Flimmern, das meine Gestalt nachzeichnete. Es war wie ein Mantel, der nur für kurze Zeit entstand, um dann wieder zusammenzufallen.
Ich drehte mich um.
Nein, da war nichts, obwohl ich eigentlich das Reptilienhaus hätte sehen müssen.
Von nun an stand fest, dass mich das Paradies der Druiden umschlungen hielt...
***
Und nicht nur mich, sondern auch Suko, der kurz nach mir die Welt betreten hatte und jetzt wieder an meiner Seite stand.
Wir schauten uns die Umgebung genauer an und stellten zunächst fest, dass die Blonde sich nicht mehr in unserer Nähe aufhielt. Sie war abgetaucht. Möglichkeiten gab es genug, denn wir standen mitten in einem dichten Wald, in dem es zum Glück nicht so dunkel war, denn vom Himmel her sickerte ein dämmeriges Licht nach unten.
Es war ein Wald, wie man ihn sich in unserer Welt überall gewünscht hätte. Noch nicht durch irgendeinen sauren Regen verändert. Eine wunderbare und auch frische Luft umfächerte uns, die Balsam für unsere Lungen war. Hier stimmte die Umwelt noch, wenn auch nur äußerlich. Tatsächlich aber beinhaltete der Aibon-Wald die ungewöhnlichsten Geschöpfe, die man schon mit dem Begriff märchenhaft bezeichnen konnte.
Der Boden war von einer weichen und auch dicken Moosschicht bedeckt, die an einige Stellen weiße Blüten zeigte. Pflanzen gruppierten sich zu Büschen zusammen, an denen fleischige Blätter hingen. Die mächtigen Kronen der Laubbäume überragten die Tannen bei weitem. Es kam uns vor, als wollten sie den Himmel mit seinem hellen, grünlichen Licht berühren und einfach dort hineintauchen. Erst beim zweiten Hinsehen fielen die zahlreichen Blumen oder Blüten auf, die sich als Farbtupfer von den niedrigen Gewächsen abhoben und dem Wald einen exotischen Anblick gaben.
Ein herrliches Bild für einen, der diese Welt zum ersten Mal betreten hatte.
Aber nur auf den ersten Blick. Der Wald verbarg vieles. Auch hier gab es die Gesetze des Überlebens, denn Aibon war kein Reich ohne Regeln. Es war entstanden, als der erste große Kampf zwischen Himmel und Hölle getobt hatte. Es wurde von einigen Menschen als das Fegefeuer betrachtet. Hier hinein waren die Engel gefallen, die zwar auf Luzifer’s Seite gestanden hatten, aber nicht zu seinen engsten Vertrauten gehört hatten. Sie existierten noch heute, allerdings in einer anderen Form und Gestalt. So waren sie zu den Trooping Fairies geworden, den Elfenwesen, die auf weißen Pferden ritten und so etwas wie die Sheriffs dieser Welt waren. Oft zerbrechliche Geschöpfe, die allerdings nicht aufgaben und sich den Feinden immer wieder stellten.
Davon gab es genug, denn Aibon besaß zwei Gesichter. Zum einen dieses schöne, wunderbare, reine und naturnahe, zum anderen die wüstenartige Welt, die von dem mächtigen Magier und Druidenfürst Guywano regiert wurde.
Er war derjenige, der immer wieder versuchte, beide Hälften des Landes unter seine Kontrolle zu bekommen. Ständig griff er den Teil Aibons an, den wir so mochten, aber bisher hatte er es noch nicht geschafft, die Macht über die Grenzen seines Landes auszuweiten. Aufgeben würde er niemals, das stand für uns fest, und wir mussten damit rechnen, dass er möglicherweise hinter dem Schlangenzauber stand.
Wir hatten beide nicht miteinander gesprochen, um die neue Umgebung zunächst auf uns einwirken zu lassen. Suko war einige Meter zur Seite getreten und suchte einen Weg, den wir gehen konnten, denn wir wollten auf keinen Fall hier stehenbleiben. Der Rückzug jedenfalls war uns zunächst versperrt. Aber das kannten wir von anderen Besuchen. Bisher hatte sich uns immer eine Chance geboten.
Und wir standen in dieser Welt nicht allein, denn wir hatten einen großen Verbündeten. Es war der Rote Ryan, eine schillernde Figur, die so etwas wie ein Wächter und Hüter dieser Welt war. Mit ihm und seiner Gefährtin Ribana waren wir befreundet. Der Rote Ryan war der Mann mit der Flöte. Ein Papageno des geheimnisvollen Landes. Ihm gehorchten die Feen, Elfen und Trolle. Und er war der Todfeind des mächtigen Guywano, der Menschen in lebende Schatten verwandeln konnte, die alles, was sie berührten, nach Aibon schafften.
In diesem Land stand auch das Rad der Zeit, auf das ich ebenfalls schon
Weitere Kostenlose Bücher