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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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er wollte mich vergewaltigen. Ich vermute, er wollte, dass ich das glaube. Ehe er mich freiließ, stieß er mich auf die Knie hinunter und drückte mir das Gesicht in den Matsch unten am Zaun. Er sagte, wenn ich bei der Polizei Anzeige erstattete, würde ich das nächste Mal »nicht so leicht davonkommen«. Als ich den Kopf hob, sah ich ihn um die Ecke in die Hauptstraße einbiegen. Er hatte eine dunkle Jacke an, Blue Jeans und Jogging-Schuhe. Es war Derek Slater, der gleich neben Annie Butts' ehemaligem Haus wohnt. Ich kenne ihn vom Sehen, aber ich habe nie mit ihm gesprochen. Als ich den Mut fand, in die Graham Road zurückzulaufen, war er verschwunden. Mir ist sonst niemand begegnet, und ich bin direkt nach Hause gegangen.

    * * *
Aktennotiz

    An: Superintendent Hathaway
    Von: P. S. Drury
    Datum: 29.1.79
    Betreff: Verwarnung von Mrs. M. Ranelagh wegen ungerechtfertigter Inanspruchnahme polizeilicher Dienste

    Sir,

wie Sie wissen, hat Mrs. Ranelagh eine Anzahl von Beschuldigungen gegen Derek Slater vorgebracht, darunter
Ann Butts belästigt und ermordet zu haben.
Die Familie Ranelagh mit nächtlichen Telefonanrufen belästigt zu haben.
Versucht zu haben, Mrs. Ranelagh in ihrem eigenen Haus gefangen zu halten, indem er sich vor ihrer Haustür herumtrieb.
    Keine dieser Beschuldigungen hält einer Untersuchung stand.
Der Spruch des Coroner hinsichtlich der Todesursache im Fall Ann Butts war eindeutig.
Die Slaters haben kein Telefon und keine Möglichkeit, sich die neue Geheimnummer der Familie Ranelagh zu beschaffen.
Mrs. Charles in der Graham Road 3 – direkte Nachbarin und Freundin von Mrs. Ranelagh – bestreitet, Derek Slater je vor ihrem Haus gesehen zu haben.
    Es gibt außer Mrs. Ranelaghs Aussage keinerlei Hinweise darauf, dass der o. a. Vorfall sich tatsächlich ereignet hat. Die Kleidung, die sie ihrer Aussage zufolge am fraglichen Tag getragen hat, weist keinerlei Flecken oder Spuren auf – d. h., es wurden weder Schmutzspuren an den Knien ihrer langen Hose noch Spermaspuren auf dem Stoff gefunden. Obwohl sie behauptet, auf brutale Weise festgehalten und »gegen einen Zaun« gestoßen worden zu sein, weisen ihre Arme und ihr Gesicht keinerlei Male oder Verletzungen auf. (N. B. Sie wartete 24 Stunden, ehe sie den Vorfall meldete, und behauptet, den Schmutz entfernt zu haben.)
    Mrs. Ranelagh erklärte auf Befragen, dass ihr Ehemann sie verlassen hat. Sie ist darüber offenkundig verstört. Sie berichtet, dass sie ihn am Abend zuvor angerufen hat, um ihn von dem mutmaßlichen Überfall in Kenntnis zu setzen, und dass er sie der Lüge bezichtigte. »Er sagte, ich hätte die ganze Geschichte erfunden, um ihn eifersüchtig zu machen. Manchmal glaube ich, er hat nichts anderes als Sex im Kopf.« (N. B. Mrs. Ranelagh hat stark an Gewicht verloren und wirkt anorektisch. Ihr Verhalten ist irrational – sie bricht mitten im Gespräch ab, weil sie meint, das Scharren von Ratten zu hören.)
    Ich habe telefonisch mit Mr. Ranelagh gesprochen. Er behauptet, seine Frau sei »von ihrem Lehrerinnendasein gelangweilt und wollte ihre fünfzehn Minuten Ruhm auskosten.« Seiner Meinung nach kann man im Moment keinem ihrer Worte Glauben schenken.
    Ich habe Derek Slater vernommen, und er bestreitet, am 24.1.79 um 15 Uhr in der Graham Road gewesen zu sein. Seiner Aussage zufolge war er bis zum frühen Abend auf der Rennbahn in Kempton Park. Zum Beweis legte er eine Eintrittskarte vor. Er hat außerdem die Namen und Telefonnummern von drei Freunden angegeben, die mit ihm zusammen dort waren – einer bestätigte seine Aussage, die anderen beiden müssen noch befragt werden.
    Ich bitte um Anweisung. Ich persönlich bin der Ansicht, dass Mrs. Ranelagh einen privaten Rachefeldzug gegen Derek Slater führt, weil sie ihm die Schuld am Tod von Ann Butts gibt. Meiner Meinung nach ist dieser Rachefeldzug 1. völlig unbegründet, 2. Ausdruck von Verfolgungswahn, 3. eng verbunden mit dem Schock über das Scheitern von Mrs. Ranelaghs Ehe. Ich empfehle, mit allem Nachdruck eine Verwarnung an Mrs. Ranelagh zu erteilen, Zeit und Dienste der Polizei nicht zu missbrauchen.
    J. Drury

9
    Verkatert und mit gemischten Gefühlen besichtigten wir am folgenden Morgen die Terrasse, auf der es aussah wie auf einem Schlachtfeld. Die Jungen käuten mit Genuss Einzelheiten der gelungenen Fete wieder, während Sam und mich das kalte Grausen packte, als ich daran erinnerte, dass am Mittag meine Eltern eintreffen würden. Luke und Tom, die beide am Nachmittag

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