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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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geraten: 1. Sie solle eine Katzenklappe in der Küchentür anbringen, damit die Tiere freien Zugang zu Haus und Garten haben...
»Nachdem Sie ihr den Tierschutzverein auf den Hals gehetzt hatten?«
    Maureen stäubte Asche in ihre Untertasse und beobachtete den Vorgang mit großer Konzentration. »Ich weiß nicht mehr.«
    »Das erste Mal kam der Tierschutzbeauftragte im März. Er machte ihr zur Auflage, eine Katzenklappe in ihrer Küchentür anzubringen, weil Sie und Sharon sich immer wieder über den üblen Geruch aus ihrem Haus beschwert hatten.«
    Sie zog gleichgültig die Schultern hoch und ließ sie wieder herabfallen.
    »Hatten Sie keine Angst, sie würde dem Mann bei seinem nächsten Besuch Dereks Zettel zeigen?«
    »Das hätte sie sich nicht getraut. Sie hatte vor dem Tierschutzverein beinahe genauso viel Angst wie vor Derek.«
    »Wie hat sie denn die Katzen hinausgelassen, bevor sie die Katzenklappe einbauen ließ?«
    »Überhaupt nicht. Drum hat's im Haus ja so gestunken.«
    »Das ist nicht wahr«, widersprach ich. »Sie haben mir gerade erzählt, dass Ihre Kinder ganz verrückt nach den Katzen waren, als Sie hier einzogen. Wie hätten sie von den Katzen wissen können, wenn die niemals hinausgelassen wurden, solange es keine Katzenklappe gab?«
    Ein trotziger Unterton schwang in Maureens Stimme. »Vielleicht hat sie einfach ihre Küchentür offen gelassen.«
    »Hat sie oder hat sie nicht? Das müssen Sie doch gemerkt haben. Ihre Küchen lagen Wand an Wand.«
    »Meistens war die Tür offen, ja.« Sie schaute mich kurz an und gleich wieder weg, um mich das Berechnende in ihren Augen nicht sehen zu lassen. »Drum haben wir ja gedacht, sie hätte Hühner im Haus. Der Gestank, der da rauskam, war widerlich.«
    »Herrgott noch mal!«, sagte ich verdrossen. »Das Einzige, was hier gestunken hat, waren Sie und Ihre Kinder. Weiß der Himmel, ob Sie Alan je gebadet oder seine Kleider gewaschen haben. In der Schule wollten die Kinder jedenfalls nie neben ihm sitzen. Der Junge konnte einem Leid tun. Er war immer der Erste, bei dem nach Kopfläusen geschaut wurde – und
immer
hatte er welche. Sein Schrank wurde immer als Erster durchsucht, wenn Turnsachen verschwunden waren – und
immer
wurden sie dort gefunden. Der Turnlehrer hat ihn einmal gefragt, was für ein Problem er hätte, und er sagte, er hätte gern Sachen, die sauber riechen.«
    »Dafür konnte ich doch nichts«, behauptete sie in weinerlichem Ton, der mich unglaublich reizte. »Wir hatten keine Waschmaschine.«
    »Wir hatten auch keine. Ich bin in den Waschsalon in der Hauptstraße gegangen.«
    »Sie hatten keine Kinder.«
    »Zwei Maschinen dauern nicht länger als eine.«
    »Die Säcke waren zu schwer... Ich konnte Danny nicht allein lassen... und außerdem hatte ich nie Geld. Derek hat alles versoffen.«
    Ich richtete meinen Blick auf die Wodkaflasche auf dem Tisch. »Da war er nicht der Einzige.« Ihren Versuch einer Entgegnung erstickte ich einfach. »Warum haben Sie nicht mit der Hand gewaschen? In Ihrem Badezimmer? Sie haben nicht gearbeitet. Sie hatten den ganzen Tag Zeit, sich um Ihre Kinder zu kümmern. Sie hätten sie doch wenigstens sauber halten können!«
    »Ich hab getan, was ich konnte.«
    Ich hatte so lange darauf gewartet, dies alles loszuwerden, dass ich jegliche Vorsicht vergaß. »Dann sollten Sie sich schämen«, sagte ich kalt. »Ich habe Frauen in Afrika erlebt, die viel mehr getan haben, obwohl sie nichts weiter hatten als eine Wanne kaltes Wasser. Sie haben für Ihre Kinder keinen Finger gerührt, und wenn Danny sich so gut entwickelt hat, dann nur, weil irgendwann jemand ihm echtes Interesse entgegenbrachte. Ich nehme an, es war Alans Frau –« ich sah ihrem Gesicht an, dass ich richtig getippt hatte –, »denn Sie waren es ganz sicher nicht. Sie waren ja die meiste Zeit betrunken – genau wie Ihr Mann.«
    Sie reagierte mit überraschender Gleichgültigkeit, beinahe so, als hätte sie dieselben Anklagen schon viele Male zuvor gehört. »Man tut, was man kann, um irgendwie über die Runden zu kommen«, sagte sie, »und es war auch nicht immer so. Manche Tage waren besser als andere. Und überhaupt spürt man den Schmerz nicht so stark, wenn man getrunken hat. Lassen Sie sich doch ab und zu mal grün und blau schlagen, dann werden Sie schon sehen, wie Ihnen das gefällt.«

    * * *

    Brief von Ann Butts an den Gemeinderat J. M. Davies, Richmond, aus dem Jahr 1978
    30 Graham Road
Richmond, Surrey
12. Juni 1978
    Sehr geehrter Mr.

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