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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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‘weißes Pack’?«, murmelte ich.
    Maureen starrte auf das glühende Ende ihrer Zigarette. »Ach, denken Sie doch, was Sie wollen.«
    »Wissen Sie, wer der Mann war, der Michael damals zusammengeschlagen hat?«, fragte ich sie.
    Sie zuckte gleichgültig die Achseln.
    »Es war Ihr Mann«, sagte ich. »Er war betrunken und wütend und erwischte Alan und Michael dabei, wie sie an Autotüren rüttelten, um zu sehen, ob welche unverschlossen wären. Alan haute sofort ab. Michael stand zu seiner Tat und blieb und wurde dafür verprügelt. Ich wollte Derek damals anzeigen, aber Michael sagte, er würde seine Wut nur an Ihnen auslassen, wenn wir ihn in Schwierigkeiten brächten. Mr. Slater ist ein ganz gemeiner Hund, sagte er zu mir. Jedes Mal, wenn seine Kinder ihm über sind, verdrischt er seine Frau.« Ich wartete auf eine Reaktion von ihr, aber es kam keine. »Also habe ich Derek laufen lassen und Michael mit zu mir nach Hause genommen, anstatt ihn aufs Polizeirevier zu bringen. Es hat drei Stunden gedauert, bis das Nasenbluten aufhörte.«
    Sie drückte ihre Zigarette aus, ohne mich anzusehen. »Das können Sie doch mir nicht zum Vorwurf machen. Ich hab ja die meiste Zeit nicht mal gewusst, wo Derek sich rumtreibt, geschweige denn, was er für Sachen macht.«
    Das hörte sich sehr nach der Einleitung zu einer Rechtfertigung an. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf.«
    »Ach was, natürlich tun Sie das. Genau wie alle anderen. Maureen ist schuld, dass ihre Kinder sich aufführen wie die Banditen... Maureen ist selbst schuld, dass sie so einen miesen Kerl geheiratet hat. Na schön, vielleicht war ich selbst schuld, vielleicht auch nicht. Aber wer, verdammt noch mal, hat sich eigentlich jemals um mich gekümmert, hm? Können Sie mir das sagen?«
    »Der Pfarrer und seine Frau?«
    Wut blitzte kurz in ihren Augen auf. »Denen war die Niggerschlampe viel wichtiger als ich.«
    Ich wandte mich ab, um meinen Zorn zu verbergen. Zu gut erinnerte ich mich an Wendy Stanhopes Worte –‘Die arme Frau hat immer bei uns Zuflucht gesucht...’»So viel ich weiß, haben die beiden Sie stets aufgenommen, wenn Ihr Mann gewalttätig wurde.«
    »Immer nur aus christlicher Barmherzigkeit, nie weil sie mich mochten.« Das schien sie noch immer tief zu kränken. »Der Pfarrer hat jede Woche bei Annie angeklopft. Bei mir hat er das nie für nötig gehalten. Ich musste immer selbst sehen, wie ich Hilfe kriegte.«
    »Vielleicht war er der Meinung, dass Annie mehr aushalten musste.«
    »Bestimmt nicht mehr als wir. Sie hätten hören sollen, wie sie uns durch die Wand beschimpft hat.«
    »Sie sagten doch, dass sie das nur getan hat, wenn Sie laut waren.«
    »Aber so war's nicht immer. Manchmal war's schwer zu sagen, wer angefangen hat, sie oder wir. Sie hatte so ein dreckiges Mundwerk! Wenn die uns nicht als ‘weißes Pack’ beschimpft hat, dann als ‘Gesindel’ oder ‘Abschaum’ ... Können Sie sich nicht vorstellen, dass uns das in Wut gebracht hat?«
    »Sie konnte nichts dafür«, sagte ich. »Sie war krank. Sie litt am so genannten Tourette-Syndrom. Eine Begleiterscheinung dieser Störung ist die Koprolalie, ein Zwang, Obszönitäten zu äußern. Bei ihrer Mutter war es viel stärker ausgeprägt als bei Annie, aber vielleicht kam es bei Annie zum Durchbruch, wenn sie unter Stress stand.«
    »Dann hätte sie in die Klapsmühle gehört.«
    Glaubte diese Frau das wirklich? Oder plapperte sie es einfach nach wie ein Mantra, um damit zu entschuldigen, was sie getan hatte?
    »Vernünftiger wäre es gewesen, wenn die Gemeinde Sie und Ihre Familie anderswo untergebracht hätte«, entgegnete ich. »Ich habe, ehrlich gesagt, nie verstanden, warum man das nicht tat. Sie lebten ausschließlich von Sozialhilfe und hielten mehr Sozialarbeiter auf Trab als jede andere Familie in der Straße, und trotzdem wurde ständig Annie unter Druck gesetzt und gedrängt auszuziehen, niemals Sie und Ihre Familie. Ich fand das immer unglaublich ungerecht. Sie war rechtmäßige Eigentümerin ihres Hauses und bezahlte ihre Steuern und Abgaben, während Sie keinen Penny locker zu machen brauchten.«
    »Das war nicht unsere Schuld. Derek war arbeitslos. Wär's Ihnen lieber gewesen, wir wären verhungert?«
    Ich war nicht bereit, darauf einzugehen. »Wie kam es, dass die Gemeinde Ihre Partei ergriff und nicht Annie unterstützte, Maureen? Den Leuten muss doch klar gewesen sein, dass ihre Nachbarn ihr das Leben schwer machten.«
    »Wieso? Sie hat sich nie

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