SCHLANGENWALD
aufsuchen, ummir vor Ort ein Bild zu machen. Nun wird dieser Part wohl etwas schwieriger werden“, bedauerte Sally.
„Wann hast du Blanco das letzte Mal gesehen?“, fragte Paula.
„Heute. Wir haben uns mit ihm getroffen, und da hat er mir unter anderem von eurem Treffen erzählt. Er bat mich, dass ich ein Auge auf dich haben sollte, weil du dich seiner Meinung nach in Gefahr befindest.“
„Das sagt ausgerechnet Blanco, der seine Recherchen stur weiterverfolgt, obwohl sie ihm alles niedergebrannt haben?“ Paula schüttelte den Kopf.
„Ja, das habe ich ihm auch gesagt, aber er sieht das anders. Vor allem jetzt, wo er glaubt, so knapp vor der Lösung seines Problems zu stehen. Er hat dir sicher von den Wasseruntersuchungen erzählt. Diese Untersuchungen wurden im Auftrag des zuständigen Umweltpolitikers durchgeführt, kurz nachdem Tico World errichtet worden war. Da ihm aber die Hände gebunden sind, hat er mich gebeten, an seiner Stelle weiterzumachen.“
„Du redest von dem Umweltpolitiker, der von Kandin erpresst wurde?“, kombinierte Paula.
„Ja. War eine blöde Sache, in die er hineingerutscht ist. Der dumme Mann hat nicht bemerkt, dass sie ihn mit Drogen vollgepumpt und dann beim Schäferstündchen mit zwei viel zu jungen Mädchen gefilmt haben. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder ob er sich nur geniert, diese Entgleisung zuzugeben. Er kann sich angeblich an nichts mehr erinnern. Sei es, wie es sei. Jedenfalls gibt es einen gestochen scharfen Film, auf dem alles dokumentiert ist und der sich in Kandins Gewahrsam befindet.“
Paula fiel die Kamera im Büro ein. Sie konnte sich gut vorstellen, dass das, was Sally erzählte, stimmte.
„Mit diesem Beweisstück hat sich Kandin alle Probleme von Seiten der Umweltschützer vom Hals geschafft. Obwohl das Stück Land Teil des Nationalparks ist, hat er die nötigen Genehmigungen für den Bau der Ferienanlage durchgesetzt.“
„Nur weil er einen Politiker erpresst hat?“
„Wer sagt, dass es nur einer war?“, gab Sally zu bedenken. „Wir wissen nur von dieser und Blancos Erpressung. Das heißt aber nicht, dass er nicht auch andere Leute bestochen oder erpresst hat. Er muss sehr viel Geld bei dieser Firma verdienen, dass er das alles für den Bau einer Ferienanlage riskiert. Oder er hat noch ganz andere Geschäfte laufen, von denen wir keine Ahnung haben.“
Maria brachte einen Teller mit gegrillten Fischen.
„Wo befindet sich Blanco jetzt? Ich möchte unbedingt mit ihm sprechen. Eine Freundin ist seit gestern verschwunden. Kandin sagte mir, dass sie einen anderen Job angenommen hat. Aber das glaube ich nicht. Vielleicht hat er sie so wie mich von einem Moment auf den nächsten hinausgeschmissen. Dann hat sie sicher mit Blanco Kontakt aufgenommen.“
„Er wohnt in einer finca in der Nähe der Ferienanlage. Er hat es sich in den Kopf gesetzt herauszufinden, was es mit dem hohen Blausäuregehalt auf sich hat. Wenn du willst, fahren wir morgen zu ihm. Vielleicht ergibt es sich, dass ich Tico World besichtigen kann. Als Touristin.“ Sally grinste.
Kandin hatte gesagt, dass er zwei Tage verreisen müsse, also voraussichtlich erst Sonntagnachmittag zurückkehren würde, überlegte Paula. Der Zeitpunkt erschien ideal, um in Tico World nach dem Rechten zu sehen. „Es wäre gut, wenn wir morgen zu Blanco fahren könnten. Ich habe ihm einige Sachen über Kandin zu erzählen, die ihn bestimmt interessieren“, sagte Paula und biss in das frische Schaumgebäck aus Eischnee und Zucker, das Maria nach den köstlichen Fischen vor sie hingestellt hatte. Auch Sally konnte der süßen Versuchung nicht widerstehen. „Dann treffen wir uns morgen gegen neun Uhr und ich organisiere bis dahin einen Taxifahrer, der uns herumchauffiert“, schlug sie vor.
Zwanzig
Samstag
1.
Am nächsten Morgen fuhren die beiden Frauen los. Sallys Hang zu Pastellfarben war ungebrochen – Pullover, Jacke, Hose und sogar die Kappe waren in hellem Blau gehalten. Paula trug ihre Haare unter der Kapuze eines Sweaters versteckt und hatte sich Sonnenbrillen aufgesetzt. Sie wollte nicht aufgrund der blonden Haare unnötig auffallen.
Irgendwann landeten sie bei einem heruntergekommenen Gebäude, dessen oberes Stockwerk völlig verfallen war. Das Dach fehlte zu einem Großteil und die Ziegelsteine der noch vorhandenen Mauern wirkten, als würden sie der Erdanziehung nicht mehr lange trotzen können.
„Ein nettes Plätzchen hat sich unser Freund Blanco da ausgesucht, nicht?“, meinte
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