Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)

Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)

Titel: Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. R. Ragan
Vom Netzwerk:
Watcher Warriors. Die Chemie zwischen ihnen hatte von Anfang an gestimmt. Außerdem hatten sie beide eine Schwäche für Cupcakes mit Zuckerperlen – ihre bevorzugte Droge. Obwohl sie die anderen Gruppenmitglieder anfeuerten, tauschten sie untereinander heimlich E-Mails aus, in denen sie sich eingestanden, dass der Kampf gegen die überflüssigen Pfunde eigentlich hoffnungslos war. Aber nach außen hin gaben sie das nie zu.
    Beide wogen über 120 Kilo. Vivian hatte vor kurzem sogar 140 auf die Waage gebracht und war somit fast zwanzig Kilo schwerer als Diane. Sie kamen beide aus übergewichtigen Familien und jede hatte einen schlanken Angehörigen, der ihr ständig unter die Nase rieb, wie fett sie war. Bei Diane war es die Schwester, bei Vivian die Mutter. Vivian hatte erst ihre Ruhe, als sie nach Kalifornien zog.
    Im Gegensatz zu Vivian begriff Diane nicht, wer ihre Schwester wirklich war: eine egoistische, dominante und voreingenommene Zicke.
    Diane bildete sich tatsächlich ein, dass ihre Schwester es nur gut mit ihr meinte und wollte, dass sie abnahm, um länger und gesünder zu leben. Blödsinn. Außerdem redete die Schwester ihr ständig ein, dass sie ein tolles Leben hätte, wenn sie nur fünfzig Kilo abnahm. Alles würde dann besser werden.
    Was für ein Schwachsinn.
    Probleme verschwanden nicht dadurch, dass überflüssige Pfunde wegschmolzen.
    Aber Diane konnte ausgesprochen stur sein, und wenn es um ihre Schwester ging, war sie geradezu blind.
    Vivian rutschte von der Bettkante und ging ins Bad. Dabei fiel ihr auf, dass ihre Knie nicht mehr wehtaten. Sie hob zur Probe ein Bein. Zu ihrer Überraschung fühlte sie überhaupt keinen Schmerz.
    Sie wusch ihr Gesicht, putzte die Zähne und warf einen Blick auf die Waage. Sie hob einen Arm und ließ das Fett absichtlich schwabbeln. Dann tat sie dasselbe mit einem Bein.
    Nichts hatte sich verändert. Die Versuchungen, die Melbourne ihr hinterlassen hatte, reichten aus, um drei Leute mit ihrer Größe und ihrem Gewicht monatelang satt zu kriegen.
    Da brauchte sie sich gar nicht erst auf die Waage zu stellen.
    Auf dem Weg in die Küche zitterte sie vor Kälte. Obwohl sie erbärmlich fror, weigerte sie sich, auf dem Laufband zu rennen. Und bevor sie auch nur einen Sit-up machte, müsste die Hölle zu Eis gefrieren. Melbourne hatte ihr versprochen, regelmäßig vorbeizukommen, doch in den dreißig Tagen, die sie schon hier verbrachte, hatte er sich kein einziges Mal blicken lassen. Nach einer Woche war Jane, seine Assistentin, unerwartet erschienen, aber anscheinend hatte Melbourne die Frau einer gründlichen Gehirnwäsche unterzogen, denn sie reagierte nicht auf Vivians flehentliches Bitten, sie freizulassen. Sie war wohl nur gekommen, um nachzusehen, ob Vivian sich vernünftig ernährte.
    Aber irgendwie seltsam war der Besuch schon gewesen. Jane überprüfte weder ihr Gewicht noch ihre Tagebucheinträge. Einmal versuchte sie sogar, in das Schlafzimmer zu gelangen, das Melbourne verschlossen hielt. Aber da sie keinen passenden Schlüssel hatte, gab sie frustriert auf und verließ die Hütte so schnell, wie sie gekommen war.
    Noch seltsamer war, dass Vivian das Gefühl beschlich, Jane von irgendwoher zu kennen. Aber woher, das wusste sie nicht.
    Sie setzte sich an den Tisch im Esszimmer und nahm das Messer mit der gezackten Klinge an sich, das sie dort jeden Tag liegen ließ. Dann legte sie das rechte Fußgelenk auf ihr linkes Knie und begann, an der metallenen Fußfessel zu sägen.
    Bereits nach fünfzehn Minuten tat ihr das Handgelenk weh. Ein Blick auf die Fessel zeigte ihr, dass sie das Metall auch nachwochenlangem Sägen kaum angeritzt hatte. Wie sollte sie da nur von hier wegkommen?
    Ihr Blick wanderte von dem Messer zu ihrem Fußgelenk und sie berührte ihre Haut mit der Klinge. In Filmen sah man manchmal, wie Menschen sich einzelne Gliedmaßen abtrennten, um zu überleben. Sie schloss die Augen, drückte die Klinge an ihr Fleisch und setzte zu einem Schnitt an. Autsch! Sie öffnete die Augen und betrachtete den Knöchel. Er blutete nur ein bisschen.
    Morgen vielleicht, dachte sie und legte das Messer auf den Tisch.
    Die Milch war längst alle, die Eier wahrscheinlich schon schlecht. Es gab zwar Milchpulver, aber das fand sie ekelhaft.
    Den Aufenthalt in Melbournes geheimer Folterkammer hatte sie nur aus einem einzigen Grund gewählt: Sie wollte Diane finden. Aber bisher hatte sie keinen einzigen Hinweis darauf entdeckt, dass Diane überhaupt hier gewesen

Weitere Kostenlose Bücher