Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
quälte, und dafür auch noch fünfzehntausend Dollar von ihr wollte. Andere mochten das ja toll finden, aber sie hatte sich schon seit Langem mit ihrem Übergewicht abgefunden und wollte lediglich ein paar Kilo abnehmen. Sie hatte eine Anzahlung von fünftausend Dollar geleistet; der Rest war fällig, sobald sie ihr gewünschtes Gewicht erreicht hatte. Das Geld hatte sie nur deshalb lockergemacht, weil sie hoffte, auf diese Weise Diane zu finden. Es war schon eine Menge Geld, aber Diane hätte bestimmt dasselbe für sie getan.
Sie erhob sich vom Bett und ging zur Küche, wo sie vor dem Eingang stehen blieb.
Melbourne schrubbte den Boden auf allen vieren, genau wie es Vivians Mutter immer getan hatte. »Ich will hier raus«, sagte sie. »Ich unterschreibe alles, was Sie wollen. Ich werde im Beisein Ihrer Anwälte bestätigen, dass es meine freie Entscheidung war. Mein Geld will ich auch nicht zurück. Ich will überhaupt nichts von Ihnen. Ich will nur, dass Sie mir die Kette abnehmen und mich gehen lassen.«
Melbourne schrubbte weiter, und als er ihr antwortete, sah er sie nicht einmal an. »Tut mir leid, das geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Was Sie gerade erleben, gehört zum Programmablauf. Jeder muss da durch. Sie sind einfach nur schneller als die meisten anderenbei Phase drei angelangt. Um ehrlich zu sein, Sie haben die Phasen eins und zwei übersprungen.«
Vivian waren diese Phasen völlig egal. Ihr ging es einzig und allein darum, so schnell wie möglich hier wegzukommen. »Ihr Programm hat seinen Sinn und Zweck erfüllt. Ich habe fast dreißig Kilo abgenommen und jetzt will ich nach Hause.«
Der letzte Satz ließ ihn aufhorchen. Er wandte sich ihr zu und kniff die Augen zusammen, als er sie von Kopf bis Fuß musterte.
Vivian hasste diesen Mann – hasste ihn mehr, als sie jemals einen Menschen gehasst hatte.
»Ich bin beeindruckt.«
»Schön. Machen Sie mich jetzt endlich los?«
»Nein, tut mir leid.«
»Warum nicht?«
Er erhob sich, legte Putzlappen und Reinigungsmittel unter das Spülbecken und ging an ihr vorbei in ihr Schlafzimmer. Dort holte er das Tagebuch aus der Nachttischschublade und hielt es hoch. »Hier haben Sie selbst Ihr Zielgewicht eingetragen. Bevor wir hier fertig sind, müssen Sie noch ungefähr fünfzig Kilo abnehmen.«
»Bevor
wir
hier fertig sind? Was haben Sie bisher getan, außer die Fußböden geschrubbt?«
Er legte das Tagebuch in die Schublade zurück und lächelte.
»Sie haben rein gar nichts für mich getan.« Vivian deutete auf die Speisekammer. »Sie haben mir genug Backmischungen für Kuchen und Plätzchen hiergelassen, dass es für eine ganze Armee reicht.«
»Nichts, was Sie nicht auch in der wirklichen Welt bekommen können.«
»Ich hab das ganze Zeug weggeworfen.« Sie hob beide Arme. »Ich habe meine Fresssucht überwunden. Den Rest schaffe ich auch zu Hause.« Die Verzweiflung in ihrer Stimme gefiel ihr nicht – genauso wenig wie die Art und Weise, in der Melbourne immer wieder den Kopf schüttelte, als könne ihn nichts von dem, was sie sagte, umstimmen. Er war ein Mann, der von seiner Mission so überzeugt war, dass er ihr nicht einmal richtig zuhörte. Inzwischenhatte er den Karton und die Tüten in die Speisekammer gebracht und packte Konservendosen und andere Lebensmittel aus.
»Was haben Sie mit Diane angestellt?«
Er seufzte und drehte sich zu ihr um. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich kenne keine Diane.«
Und ob er sie kannte. Sie konnte es in seinen Augen sehen. Als sie den Namen erwähnte, war er zusammengezuckt, nur leicht, aber es genügte. »Diane Kramer hat alle Ihre Seminare und Veranstaltungen besucht. Sie ist Ihr größter Fan und hat sämtliche Ihrer T-Shirts und nutzlosen Fitnessgeräte gekauft. Jetzt wird sie schon seit Monaten vermisst und ich weiß, dass Sie etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben. Sie war hier, da bin ich mir sicher. Und jetzt ist sie spurlos verschwunden. Wo steckt sie und was haben Sie mit ihr gemacht?«
Kapitel 22
Das Mädchen von nebenan
Es war bereits Freitagmorgen und Lizzy konnte kaum glauben, wie schnell die Tage vergingen, wenn sie jeden Morgen Sport treiben musste. Fünf Minuten auf dem Laufband kamen ihr wie zwei Stunden vor, die dreiundzwanzig Stunden bis zum nächsten Training dagegen wie fünf Minuten. Es war einfach nicht fair.
Jetzt saß sie im Auto auf dem Weg zu Jareds Haus. Sie hatte keine Zeit gehabt, sich nach dem Training umzuziehen, denn sie musste – oder vielmehr
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