Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
eingerahmten Foto hängen blieb, das ihn händeschüttelnd mit George W. Bush zeigte, dem 43. Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Obwohl ihn Fitness-Freaks wie Arnold Schwarzenegger und Lou Ferrigno schon immer fasziniert hatten, konnte Anthony sich viel eher mit Richard Simmons identifizieren.
Wie Simmons, hatte auch Anthony in seiner Jugend an Übergewicht gelitten. Simmons wog zum Zeitpunkt seines Highschoolabschlusses hundertfünfzehn Kilo, Anthony sogar über hundertzwanzig.
Er gab seinen Eltern die Schuld an seinem Übergewicht. Sie waren beide extrem fett. Nach seinem Highschoolabschluss beschlossAnthony, alles völlig anders zu machen als seine Eltern. Er verplemperte seine Zeit nicht mehr vor dem Fernseher und aß nur noch Biokost. Seine Eltern legten keinen Wert auf ihr Äußeres; Anthony wurde Sauberkeitsfanatiker. Sie stopften sich die Bäuche voll; er aß den ganzen Tag über kleine Portionen. Sie trieben nie Sport; er machte ein Fitnessstudio auf und verbrachte fast den ganzen Tag dort.
Die meisten Eltern, fand er, hatten keine Ahnung, wie ihre Einstellungen und ihr Äußeres auf ihre Kinder abfärbten. In ihrem Egoismus neigten sie dazu, die Grundsätze guter Erziehung zu ignorieren. Kinder orientierten sich nun mal an den Erwachsenen in ihrem unmittelbaren Umfeld.
Sein Blick fiel auf ein anderes Foto, das Jane erst kürzlich an die Wand gehängt hatte. Seine Assistentin hatte es während ihrer letzten Wanderung zu den Horsetail Falls aufgenommen. Jane war zwar nicht gerade schlank, aber dafür gesund und kräftig. Sie war nicht nur die beste Mitarbeiterin, die er je hatte, sondern verfügte auch über Witz und Humor. Er wusste nicht, was er ohne sie tun würde, wenn sie jemals ihre Stelle kündigen und ihn verlassen sollte.
Bei der Vorstellung, sie nicht wie gewohnt an ihrem Schreibtisch sitzen zu sehen, wenn er durch die offene Tür blickte, wurde ihm schlecht. Wegen ihr verzichtete er sogar auf Auslandsreisen – was sie jedoch nicht wusste, da er es nie erwähnt hatte. Warum in die Ferne schweifen, wenn alles, was er wollte, vor seiner Nase lag? Sogar gleich hier in seinem Büro.
Jane Andrews – seine große Liebe.
Er verspürte das Bedürfnis, zu ihr zu gehen und ihr ein für alle Mal zu sagen, was er für sie empfand. Inzwischen musste sie doch auch kapiert haben, dass er weit mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie hegte.
Das Telefon klingelte und er nahm ab. »Hallo?«
Durch den Hörer drang nichts weiter als schweres Atmen. »Wer spricht da?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits wusste. Diese Anrufe, bei denen die Person am anderen Ende gleich wiederauflegte, waren anfangs nur sporadisch erfolgt, aber in letzter Zeit kamen sie im Stundentakt. Er hatte schon überlegt, die Polizei einzuschalten, aber die beobachtete ihn ohnehin schon mit Adleraugen. Die Polizei glaubte, er könnte etwas mit dem Verschwinden von Diane Kramer zu tun haben.
Das beunruhigte ihn zutiefst.
Er bot eine Dienstleistung für übergewichtige Frauen an, die es nicht alleine schafften, abzunehmen. Nie käme er auf den Gedanken, einem anderen Menschen bewusst wehzutun. Seine Methoden hatten Tausenden von Frauen in der ganzen Welt geholfen. Jeden Tag bekam er mehrere Hundert E-Mails, die ihn und seine Arbeit lobten.
Der Anrufer war immer noch am Apparat. Das war ungewöhnlich, denn normalerweise legte er nach fünf Sekunden auf. »Andrea, bist du das?«
Keine Antwort.
»Sag mir doch endlich, was du von mir willst, damit ich dir helfen kann.«
Wieder ertönte nur schweres Atmen.
Eigentlich wusste er ja, was sie wollte. In der Zeit, die Andrea in seiner Berghütte verbracht hatte, waren sie sich ziemlich nahegekommen. Mit seiner Hilfe hatte sie es geschafft, ihr Körpergewicht auf die Hälfte zu reduzieren. Anfangs hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt, stellte aber bald fest, dass sie eine bedürftige und besitzergreifende Frau war. Daraufhin verlor er schnell sein Interesse. Aber Andrea ließ sich nicht so leicht abwimmeln. Sie wurde regelrecht besessen von ihm, kam ständig in seinem Büro vorbei und brachte ihm Geschenke. Es dauerte nicht lange, bis sie mit seiner Assistentin im Fitnessstudio aneinandergeriet, und das noch dazu vor seinen Kunden. Von da an verbot er Andrea, ihn zu belästigen. Irgendwann war das Maß voll. Sie würde es zwar niemals zugeben, aber Anthony war davon überzeugt, dass es Andrea gewesen war, die ihn im Zusammenhang mit dem Verschwinden ihrer Schwester
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