Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
eine ihrer Lehrveranstaltungen, die in ein paar Wochen begannen, vorzubereiten.Der Professor war so freundlich gewesen, seinen Studenten den Stoff für die erste Klausur im Voraus bekannt zu geben. Es handelte sich um einen Einführungskurs zum Thema Strafrecht und Gesellschaft an der California State University in Sacramento.
Aus Angst, bei der Lektüre einzuschlafen – es ging darin um den Umgang der Gesellschaft mit Straftätern –, legte sie das Buch weg und trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Dann drehte sie die Musik lauter und trommelte zum Rhythmus des Songs »Pumped Up Kicks« der Indie-Band Foster the People mit den Fingern auf die Konsole. Sie lauschte dem Liedtext und musste lächeln, als ihr einfiel, dass Hayley diese CD für sie gebrannt hatte.
Ehe die zweite Strophe ertönte, verließ Ellen Woodson ihr Haus, wobei sie einen Rollkoffer hinter sich herzog. Sie sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, bevor sie ihr Gepäck im Kofferraum verstaute.
Heiliger Strohsack! Jessica konnte kaum glauben, was sie da sah.
Ellen hatte heute ihre längste Mittagspause eingelegt und jetzt verließ sie ihr Haus mit Gepäck. Was das wohl zu bedeuten hatte?
Jessica neigte zu einer pessimistischen Betrachtungsweise und erwartete stets das Schlimmste. Dass Ellen Woodson jetzt derart von ihrem gewöhnlichen Tagesablauf abwich, konnte nichts Gutes bedeuten.
Nur mit Mühe hielt sie ihre Aufregung unter Kontrolle und lehnte sich gegen die Kopfstütze. Jetzt nichts überstürzen!
Obwohl die Straße auf beiden Seiten vollgeparkt war, gab es nur ein einziges Auto, in dem jemand auf dem Fahrersitz saß – ihres. Wenn sie nicht aufpasste, würde Ellen sie womöglich sehen und wüsste sofort, dass jemand sie beobachtete. Jessica empfand die Musik plötzlich als viel zu laut, aber sie durfte auf gar keinen Fall riskieren, sich nach vorne zu beugen und den CD-Player leiser zu stellen. Sie wartete damit, bis Ellen Woodson den Kofferraum zugemacht und sich hinters Steuer gesetzt hatte. Ihre Hände zitterten. Es kam ihr vor, als folgte sie einem Schwerverbrecher, anstatt einer harmlosen Bankangestellten.
Seitdem jemand vor einem halben Jahr auf sie geschossen hatte, empfand Jessica bei dieser Art von Arbeit Unbehagen. Der Vorfall hatte sich ereignet, kurz nachdem sie begonnen hatte, für Lizzy zu arbeiten. Jessica war damals mit einer Pistole bewaffnet in das Haus eines Mathematik-Nachhilfelehrers eingedrungen, weil sie geglaubt hatte, bei dem Mann handele es sich um den Spinnenmann, einen Serienmörder, der zu der Zeit Sacramento unsicher machte. Aber anstatt einen Mörder auf frischer Tat zu ertappen, platzte sie mitten in einen bizarren Sexskandal, bei dem einer der beteiligten Männer auf sie schoss. Hinterher stellte es sich heraus, dass diese Männer an Wochenenden ahnungslose Opfer suchten, denen sie Frauenkleider anzogen. Dann zwangen sie ihre Opfer unter Androhung von tödlicher Gewalt zu perversen Sexspielen. Die Täter filmten ihre Handlungen und verkauften die Videos über das Internet.
Wie tief ist die Welt nur gesunken? fragte sich Jessica, als sie den Wagen startete und losfuhr, vorsichtig darauf bedacht, ein paar Wagenlängen hinter Ellen Woodson zu bleiben.
»Bin ich froh, dass du wieder da bist«, sagte Lizzy, als Hayley zur Tür hereinkam.
Hayley trat einen Schritt zurück. »Wieso? Was ist los?«
»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
»Wenn du willst, dass ich nachts nicht mehr rausgehe, lautet die Antwort nein. Und dein Geschirr räume ich auch nicht weg. Wenn es etwas mit dieser Schale zu tun hat, in der du deine Süßigkeiten aufbewahrst, dann tut es mir leid, dass ich sie kaputt gemacht habe. Ich hab sie nicht gesehen, als ich die Kaffeetasse aus dem Schrank geholt hab. Du musst wirklich aufpassen, wo du deine Sachen hinstellst.«
»Nein, es ist etwas ganz anderes«, sagte Lizzy. »Du hast meine Schale kaputt gemacht?«
»Sie hat sowieso nicht so toll ausgesehen. Ich würde mich schämen, wenn ich meiner besten Freundin darin Popcorn anbieten würde.«
»Hast du überhaupt eine beste Freundin?«
»Nein, aber darum geht es auch nicht. Die Schale war hässlich. Ich hab dir damit sogar einen Gefallen getan.«
Die Schale war Lizzy egal und sie wusste, dass es Hayley leidtat. Außerdem gingen ihr im Moment andere Dinge durch den Kopf. »Ich möchte, dass du mir hilfst, in eine Wohnung einzubrechen«, platzte es aus ihr heraus.
Hayleys Augen verengten sich. »Du hast mir
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