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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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täglich tat, meistens mehrfach, bei der Fahrt zur Arbeit, bei der Rückfahrt, vor dem Supermarkt, an der Bank, im Restaurant und, als er noch sein Auto besessen und benutzt hatte, was man generell vermeiden sollte, an den Ampeln, wo sogenannte Straßenkünstler drei Bälle jonglierten oder seine Autoscheiben mit ihren Schwämmen malträtierten. Sie alle schienen ihn mit ihrem Elend förmlich anzuschreien, und er konnte sich nur davor schützen, indem er sich vor Menschen generell schützte. Manchmal klappte das nicht, so wie jetzt, dann fiel die Fassade zusammen. Dann zückte er seine Geldbörse, gab dem Mädchen zwei Euro, nahm ihr «Danke und einen schönen Abend» in dem Wissen entgegen, dass er ihr weder geholfen hatte noch dass das für beide ein schöner Abend werden konnte. Sie wusste das, er wusste das, und er wusste, dass sie ihn bereits wieder vergessen hatte, nachdem sie die zwei Euro eingesteckt hatte. Es gab keine Hoffnung. Seine einzige Hoffnung saß in Barcelona. Er würde versuchen, gleich noch mit ihr zu telefonieren, sonst wusste er nicht, wie er aus diesem Tag noch einigermaßen glimpflich herauskommen sollte.

    K uli stand auf dem Bahnsteig und wartete auf die U-Bahn, die in wenigen Augenblicken einfahren würde. Hinter ihm räusperte sich jemand. Ansprechen lassen durfte man sich hier nicht, das wusste er, die Erfahrung hatte er schon gemacht. Das Räuspern wiederholte sich. Kuli konzentrierte sich auf die Schienen.
    «Entschuldigung», sagte nun eine Stimme, die älteren Semesters zu sein schien. «Sie sind doch der Neue, nicht wahr?»
    Kuli drehte sich um. Im Halbdunkel auf einer Bank saß eine weißhaarige Frau, die Kuli heute schon einmal gesehen hatte. Glaubte er zumindest. Ihre Handtasche thronte als Schutzschild auf ihrem Schoß.
    «Ja», sagte Kuli. «Stimmt. Und Sie sind noch mal …»
    «Frau Gutschmidt», sagte Frau Gutschmidt mit bitterem Unterton. «Es ist immer sehr schade, dass uns die Neuen nicht vorgestellt werden.»
    «Ja, schade ist das», antwortete Kuli lahm und wusste nicht so recht, ob das jetzt so etwas wie ein Gespräch werden würde. Er hoffte inständig, seine Bahn würde zu früh kommen. «Sind aber auch sehr viele Leute.»
    «Setzen Sie sich doch», sagte Frau Gutschmidt und wies auf den leeren Platz neben sich.
    «Meine Bahn kommt gleich.» Kuli wies auf das Display, das noch eine Minute anzeigte.
    «Meine auch», sagte sie und klopfte auf den Sitz. Ergeben ließ sich Kuli sinken. Einen Moment schwiegen beide, dann öffnete Frau Gutschmidt ihre Handtasche und holte eine Tupperdose heraus. Darin lagen zwei belegte Brote, die übereinandergestapelt und fein säuberlich in der Mitte durchgeschnitten worden waren. Schinken und Käse, erkannte er, als sie den Deckel abhob.
    «Haben?», fragte sie und hielt ihm die Dose hin.
    «Nee», sagte Kuli.
    Sie wedelte ungeduldig mit der Dose, er nahm sich das Schinkenbrot und biss hinein. Frau Gutschmidt tat es ihm gleich. Einträchtig saßen sie nebeneinander und aßen, während Kuli aus den Augenwinkeln die Anzeige ‹Wenige Minuten später› erkennen konnte.
    «Lecker», sagte er, um mal was zu sagen. Frau Gutschmidt schwieg. Kuli biss ein weiteres Mal ab, kaute langsam und konzentriert.
    «Waren Sie noch einkaufen?», fragte er dann, obwohl er keinerlei Einkaufstüten oder Ähnliches erkennen konnte.
    Frau Gutschmidt schüttelte unwirsch den Kopf. «Ich hab Ihnen ein Schinkenbrot angeboten, ich habe nicht gesagt, dass ich mich mit Ihnen unterhalten will», sagte sie schroff und biss so herzhaft in ihr Brot, dass Kuli unwillkürlich an einen Genickbruch denken musste. Und zwar an seinen.
    «Okay», sagte er. Sie saßen und aßen. Als Kuli aufgegessen hatte und das Schweigen keine Begründung mehr hatte, startete er einen neuen Versuch.
    «Arbeiten Sie schon lange bei T2?»
    Frau Gutschmidt verschloss ihre Tupperdose sorgfältig und ließ sie in den Untiefen ihrer Handtasche verschwinden.
    «Das interessiert Sie doch gar nicht.» Sie spitzte die Lippen und sah von der Seite nun aus wie ein verhaltensgestörter Karpfen.
    «Aber sicher interessiert …», begann Kuli.
    «Ich weiß genau, dass der Herr Uhlenbrock über mich geredet hat», sagte Frau Gutschmidt und verfolgte mit den Augen eine zerzauste Taube, die unter Lebensgefahr zwischen den Schienen nach Nahrung suchte.
    «Aber nein …», versuchte Kuli es erneut.
    «Ich will Ihnen mal was sagen, junger Mann.» Sie blickte ihm erstmals direkt ins Gesicht. Ihres sah

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