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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Kuli.
    Sein Gegenüber versenkte die linke Hand in den Untiefen seines Mantels und förderte einen weiteren Klarsicht-Umschlag ans Licht. «Ich hab hier noch ein Foto», ergänzte er lapidar und warf den Umschlag auf den Tisch.
    Kuli zuckte zusammen. Das musste ein Szenenfoto aus einem Horrorfilm sein, ja genau, das war eine abfotografierte Leiche aus einem Film von Wes Craven, mindestens, das war ja Splatter, war das, nichts für Jugendliche, auf keinen Fall unter achtzehn freigeben, was, wenn das in falsche Hände geriet, da musste man aufpassen, aber gut gemacht war das, sah unheimlich real aus, Respekt für den Maskenbildner – er blickte auf die Überreste einer blonden Frau, die auf einem ehemals weißen Teppich lag, den er kannte, und die mit schreckgeweiteten Augen ins Leere starrte. Ansonsten war da hauptsächlich Blut, das vom Kopf ausging und sich kreisförmig um die Leiche ausgebreitet hatte. Im Kontrast zum Teppich sah es aus, als umgäbe sie ein roter Heiligenschein.
    «Ach du Scheiße. Was ist das?», hauchte Kuli.
    «Das ist die gleiche Frau. Das ist Lisa Gerhard», sagte Bernauer mit einem dezenten Anflug von Traurigkeit in der Stimme. «Nach ihrer Ermordung. Gestern Abend.»
    «Oh Gott», stöhnte Kuli.
    «Ihr wurde eine böhmische Blumenvase über den Kopf gezogen», erklärte der Kommissar. «Das hat sie nicht überlebt. Die Dinger sind schwer.»
    «Oh Gott», stöhnte Kuli.
    «Wir haben allerdings auch Würgemale gefunden. Und Quetschungen.»
    «Scheiße», stöhnte Kuli.
    Kommissar Bernauers Körper nahm nun Haltung an, seine Stimme bekam einen offiziellen Tonfall. «Herr Kulenkampff. Wo waren Sie gestern Abend zwischen 20 und 22 Uhr?»
    «Zu Hause», sagte Kuli kleinlaut. «Allein.»
    Bernauer seufzte. «Keine Zeugen?»
    «Nein.»
    Der Kommissar setzte seinen Kaffeebecher ab, ging zum Fenster, fixierte irgendeinen Punkt auf dem voll besetzten Mitarbeiterparkplatz und verschränkte die Hände auf dem Rücken.
    «Holen Sie mir Ihren Kollegen mal her», befahl er.

    K uli rannte die paar Meter vom Aufenthaltsraum zurück, er schlitterte geradezu über den Parkettboden des Flurs, bis ihn der schalldämpfende Teppich des Großraumbüros bremste. Die irritierten Blicke seiner Kollegen kümmerten ihn nicht. Paul war mitten im Gespräch. «Und das ist eine Firma für die Herstellung von Kabelbindern, Sie wissen aber den Namen nicht, die Stadt wissen Sie auch nicht, und Sie wissen auch gar nicht, ob die Firma noch existiert, weil Ihr Zaun das letzte Mal vor fünfundzwanzig Jahren repariert wurde, ist das richtig?», resümierte er gerade einen aussichtslosen Fall und blickte genervt zur Decke.
    Kuli war das egal. «Scheiße, die ist tot, Paul!», rief er einen Tick zu laut und machte Paul ein Zeichen, sein Headset abzunehmen. Martin Schulte und Sandy Schorndorf warfen sich einen Blick zu, Richard Schiefelbeck schob seine rechte Ohrmuschel unauffällig nach oben, um besser hören zu können.
    «Finde ich nicht», sagte Paul knapp und drückte seinen Anrufer ohne Verabschiedung aus der Leitung. Er schaute Kuli mit bangem Blick an. «Wer?», fragte er und verspürte ein nervöses Kribbeln im Nacken.
    «Die Frau von gestern. Wo wir waren.» Kuli zeigte zitternd zur Tür, als wäre das zur Erläuterung hilfreich. «Ermordet», flüsterte er. «Du sollst zu dem Kommissar kommen!»
    Paul nahm jetzt endlich sein Headset ab. «Ach du Scheiße. Die ist tot?»
    «Wenn ich’s dir doch sage!»
    «Aber woher weiß dieser Kommissar denn …», begann Paul, aber Kuli ließ ihn nicht ausreden.
    «Meine Visitenkarte lag doch auf dem Tisch, da war das doch wohl klar, dass der sich bei uns meldet. Irgendwo muss die Polizei doch anfangen. Hat doch gar nichts zu bedeuten.»
    «Aber wieso denn bei uns ?», beharrte Paul misstrauisch. «Da lag doch nur deine Visitenkarte. Hast du dem etwa gesagt, dass wir zusammen da waren?»
    Kuli zeigte erneut zu Tür. «Das ist ein ganz scharfer Hund, Paul. Der hat’s unheimlich drauf», sagte er eindringlich. «Und ich würde da jetzt echt mal hingehen!»

    D er Mann, der Paul im Aufenthaltsraum erwartete und mit jahrzehntelanger Routine einen Kaffee aus dem Automaten zog, erinnerte Paul spontan an eine ausgequetschte Zitrone.
    «Herr Uhlenbrock?», sagte er matt und ließ sich schwerfällig auf einen der Stühle fallen. «Mein Name ist Bernauer, Mordkommission.»
    «Ich weiß», antwortete Paul und setzte sich ebenfalls. Auf Augenhöhe agieren, dachte er sich, die Deckung oben

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