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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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gibt’s nicht», keuchte sie. «Oh Gott, wie hältst du das bloß aus? Allein die ganzen Gerüche! Na, immerhin hattest du’s ja dann nicht so weit.»
    «Genau», sagte Kuli und blickte sich ebenfalls um. Das stimmte schon, so richtig romantisch war das hier nicht. Eine Dönerbude halt.
    Remzi hatte irgendetwas aufgeschnappt und ließ sein säbelartiges Messer vom Dönerspieß sinken. «Wollt ihr schon was?», fragte er laut über die Köpfe der sieben oder acht wartenden Kunden hinweg und klang gar nicht mehr so gut gelaunt.
    «Also, ich nehm erst mal Lahmacun …», rief Kuli, doch als er Bettinas Gesicht sah, ließ er die Speisekarte sinken, an die er sich die ganze Zeit geklammert hatte.
    «Vergiss es», befahl sie und stand auf. «Wir gehen.»
W acht Wacht Wacht
Wacht Wacht Wacht Wacht, oh Wacht!
Meister, weißt du, wie ich heiße?
Das Grüne, nicht das Weiße
Ich bin ich
Froschscheiße
    Paul ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken und wünschte sich einen Kamin, damit er Richard Schiefelbecks Gedichte zum Feuermachen nutzen konnte. Was machte er hier eigentlich? Wieso las er diesen Kram? Er hatte keine Ahnung von Gedichten. Er hatte Germanistik studiert. Genauer gesagt: Er war eingeschrieben gewesen. Er hatte Veranstaltungen besucht. Vorlesungen. Vereinzelt. So die ersten zwei, drei Mal. Bis sie ihn gelangweilt hatten. Nein, er hatte keine Ahnung von Gedichten. Und eins war mal klar: Richard Schiefelbeck hatte auch keine Ahnung von Gedichten.
    Er legte das Blatt zurück auf den Stapel und öffnete ein Bier. Luna lag jetzt bestimmt schon in ihrem spanischen Bett und schlief. Ob sie diesen Javier mochte? Ob sie schon papá zu ihm sagte? Bestimmt nicht. So schnell ging das nicht. So schnell konnte das ja wohl nicht gehen. Nein. Er trank einen Schluck und kämpfte gegen den in ihm aufsteigenden Trübsinn. Irgendwie saß er gerade auch in einer Art Warteschlange. Der Kuli, der fühlte dieser Blumenhändlerin auf den Zahn und hatte wahrscheinlich auch noch seinen Spaß dabei – und er? Er saß in seinem Wohnzimmer, las den geistigen Durchfall eines Volltrottels und sehnte sich nach einem schönen Gedanken. Froschscheiße. Ein schöner Gedanke musste her. Sophie Müller. Ja, klar: Sophie Müller. Das war ja schon morgen. Das heißt, falls sie überhaupt kam. Falls er überhaupt hinging. Das stand ja noch gar nicht fest. Da konnte ja jeder kommen und ihn am Telefon zu irgendwelchen Restaurants delegieren. Unverschämtheit. So weit kam’s noch. Und wer weiß, ob sich das überhaupt lohnte? Wieso hatte er eigentlich noch nicht …?
    Paul schaltete seinen Computer an, wartete ungeduldig wie immer auf das Hochfahren des Betriebssystems und öffnete den Internetbrowser. Er gab ihren Namen bei Google ein. Knapp sechzigtausend Ergebnisse. Das war ja schon mal überschaubar, da war man ja ganz andere Zahlen gewohnt. Wie hieß diese Firma noch mal, für die sie arbeitete? Ja, genau, Cast-an-artist oder so. Nein, genau so. Ohne Bindestriche? Mit! Er gab den Firmennamen ein, schrieb Sophie Müller in Anführungsstrichen dahinter und drückte auf Return. Und da erschien auch schon ein Foto. Ziemlich klein, leider recht verpixelt und auch nur der Kopf, aber immerhin, eindeutig, das musste sie sein. Paul wäre am liebsten in den Bildschirm gekrochen. Es gefiel ihm, was er sah. Kurze blonde Haare hatte sie, die Sophie Müller, aber gelockt waren sie und standen ziemlich wild vom Kopf ab. Sie hatte ein schmales Gesicht und grinste in die Kamera, ein intelligentes, ironisches Lächeln war das, so wie er es nach ihrem Telefonat eigentlich auch erwartet hatte. Und so, wie es Paul auch gefiel. Wenn man jetzt nur wüsste, wie es unterhalb des Kopfes weiterging, dachte Paul. Er überlegte, ob Sophie Müller wohl auch nach ihm suchte, im Internet. Ob sie seinen Namen auch googelte? Ob sie seinen Namen überhaupt noch wusste? Oder ob ihr das letzlich völlig egal war, mit wem sie sich da morgen Abend treffen würde? Falls sie überhaupt kam. Jedenfalls: Falls sie nach ihm suchte oder gesucht hatte, fündig werden würde sie nicht. Von Paul Uhlenbrock gab es kein einziges Foto im World Wide Web. Da war er stolz drauf, da hatte er stets drüber gewacht. Keine Poserfotos, keine Partyfotos, keine Pinkelfotos, nichts! Im Internet existierte Paul Uhlenbrock nicht. Er wusste, heutzutage bedeutete das, er existierte eigentlich gar nicht.
    Paul seufzte und stand auf. Herrgott, dieser Abend war schon wieder so scheiße. Er wusste rein gar

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