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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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es?»
    «Gut», antwortete Paul knapp und nahm den nächsten Anrufer entgegen. Sie hatten nämlich Warteschlange, und nur wenige Auserwählte wie eben Richard Schiefelbeck konnten es sich überhaupt erlauben, während dieser Druckperioden einen offensichtlich privat motivierten Spaziergang durch das Büro zu machen. Paul sah, dass Herr Kletzke dennoch aufstand und sich auf den Weg zu ihnen machte.
    «Ich wollte nur mal fragen …», begann Richard Schiefelbeck und bemühte sich, lässig wie ein Filmstar an der Trennwand zu lehnen. Dafür war der papierdünne und leichtgewichtige Filz allerdings nicht geschaffen, sodass der Versuch zum Scheitern verurteilt war und Richard Schiefelbeck die ganze Konstruktion beinahe eingerissen hätte. Er kippte leicht zur Seite, fing sich gerade noch und stellte sich anschließend notgedrungen einfach irgendwie so hin und gab seinen Händen ein Zuhause in den dafür vorgesehenen Hosentaschen.
    «Dann stelle ich Sie durch – oder möchten Sie eine kostenfreie SMS auf Ihr Handy geschickt bekommen?», fragte der höfliche und konzentrierte Paul gerade. Richard Schiefelbeck, der genau wusste, wie diese Telefonate verliefen, stieß sauber in die bekannten und immer gleichen Gesprächspausen. «… ob du schon ein paar meiner Gedichte genossen hast», beendete er seinen Satz und lächelte in sich hinein. Ob das nun selbstgefällig oder einfach nur bräsig aussah, lag im Auge des Betrachters. Paul entschied sich für beides und stellte seinen Kunden nach einer kurzen Verabschiedung mit dem korrekten Tastenbefehl durch. Dann drückte er die Pausentaste. Hatte ja keinen Sinn, kam man ja nicht drum herum.
    «Ich sage mal so …», begann er und war geradezu erleichtert, als Herr Kletzke vor ihnen stand.
    «Herr Uhlenbrock», fauchte der Schichtleiter, der heute in ein hellblaues Western-Jeanshemd gekleidet war, das im Schulterbereich mit schwarzem Stoff vernäht war und unter einigen hellbraunen Schnüren auf jeder Seite einen silbernen, aufgeklebten Wolfskopf als Verzierung trug. Vielleicht ging er ja nachher noch auf ein Konzert, dachte Paul und fand, Country-Musik passte ganz hervorragend zu Herrn Kletzke. «Herr Uhlenbrock», fauchte Herr Kletzke also und wies mit dem nackten Zeigefinger auf Paul, der sich gut daran erinnerte, dass er Luna beigebracht hatte, dass man das nicht tat, «wieso halten Sie Herrn Schiefelbeck von der Arbeit ab?»
    «Moment mal», protestierte Paul. «Richard ist ja zu mir gekommen, wie soll ich denn …»
    «Widersprechen Sie mir nicht», zischte Herr Kletzke und hatte schon wieder diesen typischen roten Kopf. «Und wo ist eigentlich Herr Kulenkampff? Andauernd ist der nicht da. Glauben Sie nicht, ich sehe das nicht. Ich sehe alles!», beschwerte er sich weiter, als wäre Paul Uhlenbrock für aber auch wirklich jedes Unglück in diesem Büro verantwortlich.
    «Der hat eine Blasenschwäche», sagte Paul geistesgegenwärtig. «Ist aber trotzdem zur Arbeit erschienen. Einsatz nenne ich das. Einsatz!»
    «Wenn ich dieses kleine Missverständnis aufklären dürfte», unterbrach Richard Schiefelbeck mit einem gut geübten Lächeln in Herrn Kletzkes Richtung. «Paul Uhlenbrock hat mich gerufen, weil seine Durchstell-Taste klemmt und er der Meinung war, es wäre gut, wenn ich mir das mal ansähe.»
    Herr Kletzke stutzte, dann nickte er grimmig. «Ach, so ist das. Ja, wenn das so ist … dann machen Sie das mal, Herr Schiefelbeck», knurrte er und wandte sich ab. «Bevor ich hier noch einen Techniker holen muss. Das kostet ja auch alles», fügte er hinzu und wollte Richard Schiefelbeck abschließend anerkennend auf die Schulter klopfen, brach die Annäherung aber Millimeter vor dem Direktkontakt ab. Dann schritt er zurück auf seinen Hügel.
    «Seine Arbeitszeit kostet das. Sonst nichts. Kann er halt mal nicht so lange mit der Schorndorf schäkern, der alte Affe», grinste Richard Schiefelbeck mit einem verbrüdernden Zwinkern in Pauls Richtung. «Und hast du das Hemd gesehen? So was kannst du als Schichtleiter doch echt nicht bringen, oder? Sag mal! Oder?»
    Paul betrachtete Richard Schiefelbeck, der in seinen abgewetzten Jeans und dem an den Ärmeln etwas zu kurzen, dafür über dem Bauch sehr auf seine Strapazierfähigkeit getesteten Baumwollhemd nun wirklich nicht nach Stil-Ikone aussah. «Nee, kann man nicht bringen», sagte er dann, damit das bloß keine Diskussion gab.
    Richard Schiefelbeck nickte zufrieden und beugte sich vor. «Jetzt sag doch mal», fragte

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