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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Ungenießbarkeit zurückgehen lassen. Gebratener Reis mit Hühnerfleisch war im schlimmsten Falle nicht richtig gebraten, oder es war zu wenig Hühnerfleisch drin, aber es war immer irgendwie essbar. Und das in jedem Restaurant und in jeder Stadt der Welt. Risikominimierung war das, und Risikominimierung stand auch heute Abend auf dem Programm. Er beschloss also, in dasselbe Hotel zu gehen, in dem er gestern mit Bettina gewesen war. Schon um der alten Zeiten willen. Zugegeben, das Berliner Luft war unterste Kanone, aber eben immerhin eine Kanone, mit der er schon geschossen hatte. Und den Rest des Geldes konnte er dann ja verwenden, um sich eine Zahnbürste zu kaufen. Und etwas zu essen.
    Kuli drehte sich auf dem Weg zur U-Bahn so oft um, dass er auch genauso gut hätte rückwärtsgehen können. Aber es waren keine Verfolger auszumachen. Soweit man das im Dunkel und inmitten der Menschenmassen beurteilen konnte. Vielleicht gab es diese ominösen Verfolger ja auch gar nicht. Zumindest noch nicht. Vielleicht hatte Paul recht damit, dass vorerst die Waffen schweigen würden. Kuli ging die Treppen zur U-Bahn-Station hinunter und hatte trotz allen Mutmachens das mulmige Gefühl, dass dieser Abend nicht so verlaufen würde, wie er es sich erhoffte.

    P aul hatte sich wirklich fest vorgenommen, mit der U-Bahn zu fahren – doch dann kam ihm der Wunsch nach Hygiene dazwischen. Er trug nicht die richtigen Klamotten für eine erste Verabredung, und richtig gewaschen hatte er sich aufgrund der knappen Zeit in der Frühe ja auch nicht. So konnte er sich unmöglich mit Sophie Müller treffen, dazu noch im Kandinsky in der Kandinskystraße. Also – was sollte er tun, die Zeit drängte nun einmal – rief er ein Taxi. Nur kurze Zeit später hielt eines vor ihm, die Beifahrertür schwang auf, Paul schmiss sie wieder zu und stieg demonstrativ hinten ein. Er hatte keine Lust, sich zu unterhalten. Den Fahrer schien das nicht weiter zu kümmern, sein Name war Wassili, ein Weißrusse, der einen langen und beschwerlichen Weg nach Berlin gegangen war und es sich zur Aufgabe gemacht zu haben schien, jedem Fahrgast oder zumindest Paul jeden Kieselstein dieses Wegs persönlich vorzustellen. Das wäre ja vielleicht noch halbwegs höflich wegzunicken gewesen, aber dass sich Wassili während der kompletten Fahrt ausdauernd und nicht unsportlich zu ihm umdrehte, obwohl er doch wenigstens in den Rückspiegel hätte gucken und zumindest ein Auge dem Straßenverkehr hätte widmen können, störte Paul dann doch beträchtlich. Wie durch ein Wunder schienen allerdings alle entgegenkommenden oder vor ihnen fahrenden Autos im richtigen Moment auszuweichen, zur Seite zu springen oder durch ein plötzlich entstandenes Wurmloch gerade noch rechtzeitig in eine andere Dimension zu entschwinden, sodass Paul unverletzt und um ein gutes Kilogramm leichter vor seiner Haustür aus dem Mercedes sprang. Er gab Wassili sechzehn Euro ohne Trinkgeld und zitterte leicht dabei. Wassili riet ihm vom Alkohol ab und gab winkend Vollgas. Paul starrte konsterniert hinterher, und obwohl er in nur wenigen Minuten ein weiteres Taxi benötigen würde, wäre er nicht für eine Sekunde auf die Idee gekommen, Wassili unten warten zu lassen. Gut, dass Berlin so groß war und mehr Taxis als Schulabgänger besaß. Er stürmte ins Treppenhaus und die sechs Holztreppen nach oben. Nachdem er völlig außer Atem seine Wohnungstür aufgeschlossen und sich vorgenommen hatte, ab morgen nun aber endgültig das Rauchen einzustellen, rief er schon ein neues Taxi und bat darum, dass der Wagen in zehn Minuten bei ihm vor der Tür stünde. Die Frau in der Taxizentrale kam ihm bekannt vor, entweder heute Morgen oder heute Mittag hatte er bereits mit ihr telefoniert. Er musste aufhören mit dem Taxifahren.
    Paul stellte den Fernseher an. Eine Robbe klatschte einen Mann in die Ecke einer Scheune und sich selbst Beifall. Paul riss sich aus seiner kurzen Schockstarre und warf einen Blick auf den blinkenden Anrufbeantworter. Drei neue Anrufe. Das waren drei Anrufe mehr als gewöhnlich. Paul drückte auf die Taste und begann, Hemd und Schuhe auszuziehen.
    «Bernauer hier», erklang die erste Stimme, die es nicht mal auf einem Anrufbeantworter schaffte, ihre Abneigung gegen ihn zu verbergen. «Kommissar Bernauer», konkretisierte sie. «Bitte rufen Sie mich baldigst im Präsidium zurück. Danke.»
    Das war alles. Ein Anruf von neun Uhr sechsunddreißig. Dieser Laubenpieperpolizist! Paul würde ihn morgen

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