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Schlechte Gesellschaft

Titel: Schlechte Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Born
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Richtung Innenstadt abbog. Die Ahnung eines langen, heißen Sommers, der endlich zu beginnen schien, lag in der Luft. Judith hatte ihn verlassen.
    Wieland griff nach ihrem Mantel, ließ sich auf sein Bett fallen und vergrub die Nase in das glänzende Material. Er roch Judiths Parfüm, ihr Shampoo, ihre Haut. Der Stoff fühlte sich weich und warm an. Es war kühl in der seit Wochen unbewohnten Wohnung. Wieland zog den Mantel über. Die oberen Knöpfe konnte er schließen, aber schon an der Brust wurde es zu eng. Wie ein Umhang stand das Kleidungsstück von seinem Rücken ab. Lange betrachtete er sich im Spiegel seiner Schranktür. Er wirkte scheu und verhohlen auf sich, wie ein alter Bekannter, den er vor Jahren zuletzt gesehen hatte und der nicht mehr derselbe war.

 
    Vierter Teil
    Â 
    Judith Gellmann-Vahlen

Blood on the tracks (September 1976)
    Vahlen schaltete das Autoradio aus. Mitten auf der Straße sah er eine dunkle, scheinbar unbewegliche Gestalt. Seine Scheinwerfer durchdrangen die Dunkelheit nicht ganz. Das Ding war zu groß für ein Reh. Ein Wildschwein? Er blendete ab, vorsichtshalber. Nur keinen Ärger, dachte er, noch wenige Kilometer durch den Wald, dann war er zu Hause. Es musste vier, halb fünf am Morgen sein. Er war erschöpft, hatte getrunken, und wie so oft verstand er nicht mehr, warum er überhaupt gemeint hatte, wegfahren zu müssen.
    Das letzte Mal, als er frühmorgens aus Frankfurt zurückgekommen war, hatte Hella am Bett der Kleinen gesessen. Erste Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster. Sie trug ein halb aufgeknöpftes Leinenhemd, in dem sie ihm auf fast unberührbare Weise schön erschien. Judith plapperte etwas von ihrer Puppe.
    Â»Schlaft ihr nicht mehr?«
    Hella sah ihn kaum an. »Es ist spät.«
    Â»Willst du wissen, wo ich war?«
    Â»Es ist mir egal, wo du warst.«
    Â»Hör auf, Hella. Das gehört eben auch dazu.«
    Â»Es gehört zu deiner Arbeit, mit anderen Frauen nächtelang unterwegs zu sein?«
    Â»Du möchtest ja nicht wissen, wo ich war. Also stell auch keine Vermutungen auf. Ich gehe jetzt schlafen. Es war eine anstrengende Nacht. Legst du dich zu mir?«
    Â»Ich will mit Judith in den Garten.« Sie nahm das Kind auf den Arm, drückte es an sich, so dass er nur im Vorbeigehen die kleine Hand berühren konnte.
    Er hatte sich auf das Bett fallen lassen, hatte die Schuhe abgestreift und lange die Decke angestarrt, bevor er schließlich eingeschlafen war.
    Vahlen wusste nicht, was ihn mehr ermüdete, Hellas Vorwürfe, ihr überhebliches Getue an den trüben Tagen danach oder seine Ausreden und Rechtfertigungen. Und obwohl er sich klar darüber war, dass es nichts ändern würde an seiner Schlaflosigkeit, an seinen Zweifeln und seiner Unfähigkeit zu schreiben, dauerte es nie lange, und er fuhr wieder weg. Seine Unruhe begann meistens am frühen Abend. Judith weinte oft – und jedes Mal glaubte Vahlen, sie müsse Schmerzen haben. Hella tat, als wäre das Schreien normal. Er hörte sie mit ruhigen Schritten in der Küche umhergehen und das Essen zubereiten. Dann genügte oft ein Anruf von einem alten Bekannten, und Vahlen stieg in den Wagen.
    Wenn er in Frankfurt auf Gellmann und die anderen traf, im Eckstein oder in der Roten Quelle, stellte er sich keine Fragen mehr, eins führte zum anderen – das Bier, der Klare, eine Runde Tischfußball, die Gespräche über die Lage der Welt. Irgendwann kamen meistens ein paar Frauen dazu, und man beeilte sich, eine abzubekommen.
    Wahrscheinlich lag da nur ein Strohballen, den ein Traktor am Abend verloren hatte. Es sah nicht aus wie ein Auto, trotzdem war es möglich, dass es sich um einen Unfall handelte. Je langsamer der Wagen wurde, desto undurchdringlicher und geradezu unheimlich wirkte auf ihn das Dunkel der Waldstraße.
    Erst gestern war er ganz in der Nähe umhergelaufen. Das rotbraune Laub hatte zwischen den grünlichen Baumstämmen hervorgeleuchtet, so dass weiter weg alles zu einem fleckigen Lila verschwamm. Tropfen hingen an den Ästen. Bei jedem Windstoß fielen sie wie träger Regen herab. Die Wege waren mit einer glitschigen Schicht bedeckt. Mehrmals war er hingefallen, hatte sich mit den Händen abstützen müssen. Das Geräusch seiner Schritte sog der Waldboden vollständig auf. Aber von unten im Tal war der Bach deutlich zu hören gewesen.
    Er konnte den

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