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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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diesem Fall nicht fündig. Eine ungewöhnliche Situation. Erst nachdem ich Prof. Koletzko per Einschreiben nachdrücklich bat, mir die Quelle zugänglich zu machen, sagte er mir, dass es sich lediglich umVortragszusammenfassungen handele, die noch nirgends offiziell veröffentlicht sind.Wie soll man das nun nennen?Täuschung durch Unterlassen?
    Mittlerweile haben über 30 000 Kinder am Powerkids-Programm teilgenommen, ohne dass sich irgendjemand dafür interessieren würde, ob die AOK das Programm auch überprüft. Leider ist es naiv anzunehmen, dass die AOK dankbar wäre, wenn ein kritischer Arzt den Nachweis anmahnt, der durch Berthold Koletzko nicht geliefert wurde. So etwas stört bei den schönen Presseberichten mit glücklichen Kindern, und so lässt sich die Reaktion aller Beteiligten folgendermaßen auf den Punkt bringen: Weder die AOK noch Universitätsprofessoren in Kinderspitälern, Ernährungspsychologen der Universität Gießen noch das Bundesgesundheitsministerium interessiert offenbar wirklich, ob Kinder ohne Not möglicherweise folgenschweren Abspeckprogrammen ausgesetzt werden. Den Schaden haben die Kinder. Bei Erwachsenen weiß man, dass ständige Gewichtsschwankungen die Lebensdauer verkürzen. Was es bedeutet, wenn man damit schon im Kindesalter beginnt, können wir nur ahnen: Kinder werden in einen permanenten Jo-Jo-Effekt getrieben und suchen noch dazu die Schuld ihres ständigen Scheiterns und der vorprogrammierten Fressanfälle nicht bei den Entwicklern solcher Programme, sondern bei sich selbst. Und das wird ihre Seele krank machen.
    Inzwischen wird dieses in meinen Augen unverantwortlicheTreiben ausgeweitet auf Kindertagesstätten. Schon Dreijährige bekommen bei » Tigerkids « eine Gehirnwäsche verpasst, die sie ein Leben lang gegen ihren natürlichen Appetit und ihren Körper ankämpfen lässt.Wer trägt eigentlich dieVerantwortung für die Langzeitfolgen, wer haftet dafür? Schützen Sie Ihre Kinder vor derlei Unsinn.Wenn man versucht, Sie auf unredlicheWeise und durch das Schüren von Ängsten dazu zu bringen, Ihre Kinder an solchen Programmen teilnehmen zu lassen, dann fordern Sie, dass zuerst der Programmleiter mit seiner Unterschrift versichert, dass er dieVerantwortung für die wahrscheinlichen Langzeitschäden übernimmt. Das wirkt ganz hervorragend. 7
    Wo beschwere ich mich?
    Die Frage ist nun, was ich als Arzt tun kann, wenn ich erkenne, dass ich meine Patienten falsch behandeln würde, wenn ich mich an die Leitlinien hielte. An wen kann ich mich wenden? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung leitete diese Frage an einen bekannten Experten aus der Leitlinienentwicklung weiter. Er regte an, sich bei kontroversen Einschätzungen doch direkt an die Autoren der Leitlinien zu wenden. Ich schrieb ihm zurück, dass ich dies im Falle der Adipositas-Leitlinie schon getan hätte, ohne eine angemessene Reaktion erhalten zu haben. Seine Antwort (er möge mir verzeihen) halte ich für so ehrlich wie bezeichnend, dass ich sie hier anonym, jedoch imWortlaut zitiere:
    » Sehr geehrter Herr Kollege Frank,
    recht herzlichen Dank für die interessante Rückmeldung.
    Ich kann Ihre Argumentation sehr gut nachvollziehen.
    M. E. ist Öffentlichkeit der richtigeWeg, um Leitlinienautoren zu einer berechtigten Diskussion zu bewegen. Im konkreten Fall:Wir könnten unter www.leitlinien.de ein ›Diskussionsforum Leitlinien in der Praxis‹ einrichten– im Sinne eines Blogs. Mich würde wundern, wenn Herr K. auf so etwas nicht reagiert.
    Bezüglich der Interventionsmöglichkeiten der AWMF : die hat genügend Probleme, die formalen Aspekte des Leitliniengeschäftes zu steuern. Die inhaltlichen Ungereimtheiten zu beeinflussen, da wird es schon schwieriger.
    Lassen Sie mich doch wissen, ob meinVorschlag einWeg sein könnte, oder ob Ihnen dies zu banal erscheint.
    Bin auf die weitere Diskussion gespannt.
    Mit freundlichen Grüßen «
    Es ist ehrenhaft und notwendig, in Deutschland ein Bewertungssystem zu etablieren, welches hilft, gute und schlechte Medizin zu unterscheiden. Einer der Verantwortlichen für die Umsetzung eines solchen Systems sagt mir in seiner erstaunlich offenen Antwort jedoch nichts anderes, als dass man schon froh sein könne, wenn die formalen Kriterien von Leitlinien eingehalten würden. Eine Überprüfung, ob diese Bewertung auch zutreffend ist, übersteige allerdings die Möglichkeiten. Das Angebot, einen Blog zu begründen, auf dem Kritik veröffentlicht werden kann, in der Hoffnung,

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