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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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mit den Autoren der Leitlinien eine Diskussion anzustoßen, klingt gerade so, als sei ich der erste Arzt, der überhaupt Kritik äußert. Doch inWahrheit geht es hier nicht nur um eine sachliche Diskussion, sondern auch um Macht. Seit 10 Jahren weise ich auf solche Irrtümer hin, mit niederschmetterndem Ergebnis. Auf Druck hin werden höchstens kleine Eingeständnisse gemacht. Aber eine solche Salamitaktik hilft Hunderttausenden falsch behandelter Menschen nicht viel. Sie werden weiterhin viel zu oft einer Behandlung ausgesetzt, die nicht auf sachlicher Diskussion, sondern auf Fehlern beruht. Und daran haben die Leitlinien in meinen Augen großen Anteil.
    Von der Redlichkeit in der Wissenschaft: Der Fall Lauterbach
    Die deutscheWissenschaftswelt nimmt redliches Arbeiten und hehre Ziele wie selbstverständlich für sich in Anspruch. Ich möchte noch einmal auf Karl Lauterbach zurückkommen, der diesen Anspruch ganz ausdrücklich auch auf sich selbst bezieht. Doch wie sieht es in Wirklichkeit aus? Karl Lauterbach ist nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern auch Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie der Universität zu Köln. Er ist also Arzt undWissenschaftler und steht in dieser Eigenschaft einem Universitätsinstitut vor, das sich vor allem damit beschäftigt, wie sich dieVerteilung von Krankheiten in einer Bevölkerung entwickelt und welche Faktoren dieseVerteilung beeinflussen. Institute wie das, dem Karl Lauterbach vorsteht, sind ganz besonders dazu verpflichtet, sich an die Regeln des statistischen Handwerks zu halten, und haben die Aufgabe, die Bevölkerung wissenschaftlich korrekt zu informieren. Genau diesen Anspruch erhebt Lauterbach auch öffentlich.
    Als häufiger Gast inTalkshows äußert er sich gerne zum gesunden Lebensstil. Er betont stets, wie wichtig gesunde Ernährung sei, worunter er fettarmes Essen mit viel Obst und Gemüse versteht. Er warnt vor gegrilltem Fleisch und fast allem, was dem Durchschnittsbürger nun mal gut schmeckt: Zucker, Süßigkeiten, Salz und Deftiges.Wer dies beachte und sich zusätzlich noch viel bewege, sei gesund und könne dramatisch zunehmenden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Herzinfarkt vorbeugen. Alle Gegenargumente entkräftet er mit der Begründung, die Zusammenhänge seien unbestreitbar Konsens unter allen führendenWissenschaftlern.
    Als Karl Lauterbach in einer »hart aber fair«-Sendung im November 2009das Grillen wieder einmal verteufelte, fettarme Ernährung pries und vor Übergewicht warnte, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich schrieb zunächst an die Redaktion, sie möge mir doch bitte die Quellen, auf die sich ihr Studiogast beruft, zusenden. Eigentlich keine Schwierigkeit, denn Formate wie »hart aber fair« führen in ihren Redaktionen einen Faktencheck durch. Doch dieser Faktencheck beruht darauf, dass etablierte Experten, die ihre Position ihrerTreue zur herrschenden Lehrmeinung verdanken, ob sie richtig oder falsch ist, einen anderen etablierten Experten beurteilen, der genau diese Lehrmeinung vertritt.Wer kritisiert sich denn schon gerne selbst?
    Die Redaktion konnte mir die entsprechenden Quellen nicht nennen, gleichwohl der Faktencheck durchgeführt worden war. Stattdessen verwies man mich an das Büro von Karl Lauterbach. Nach Anfrage sendete man mir eine Quelle zu, mit der die Aussagen von Prof. Lauterbach belegt werden sollten. Es handelte sich um die evidenzbasierte Leitlinie zur Behandlung von Adipositas in Deutschland aus dem Jahr 1998. Es ist dieVorgängerversion der Leitlinie aus dem Jahr 2007, die weiter oben bereitsThema war. Ich habe dort an einem Beispiel gezeigt, dass sie Empfehlungsgrade falsch vergeben hat, mit Folgen bis auf Ihren Frühstückstisch. 1998 war Prof. Lauterbach einer der Autoren, er verfasste sogar dasVorwort. Darin erklärt er: » Die Handlungsempfehlungen basieren auf den ›besten, verfügbaren Beweisen‹. « Dies bedeutet nichts anderes, als dass diese Leitlinien nach den höchsten Qualitätskriterien entwickelt wurden, dafür steht er mit seinem Namen ein. Doch wenn die Autoren tatsächlich die besten verfügbaren Beweise berücksichtigt hätten, hätten sie aus meiner Sicht zwingend andere Rückschlüsse ziehen müssen.
    Sehen wir uns die Leitlinien von 1998 genauer an. Nach den geltenden Regeln sollte man die Finanzierung solcher Leitlinien offenlegen, und so findet man unter dem Stichwort » Interessenskonflikt « auf Seite3 folgenden Eintrag:
    » Wir

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