Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
Diabetes-Studien. Dort hat die normnahe Einstellung des Blutzuckerspiegels sogar zu einer erhöhtenTodesrate geführt. Eher lax eingestellte Patienten, die nicht so vieleTabletten einnahmen, lebten länger. Tragisch für viele Diabetesambulanzen, die als Folge viele unnötig verstorbene Diabetespatienten zu verantworten haben.
Das IQW i G drückt seine Ergebnisse, die jeder auf der Patientenseite www.gesundheitsinformation.de nachlesen kann, nicht so drastisch aus, wie ich es in diesem Buch tue. Ich würde mir auf dieser Homepage noch deutlichere Hinweise wünschen, welche der aufgeführten Empfehlungen, obwohl sie der Lehrmeinung entsprechen, noch gar nicht klar in ihrem Nutzen belegt sind. Denn ganz besonders dann, wenn wir über solche Empfehlungen sprechen, die seit Jahrzehnten nur mit einem Expertenkonsens begründet werden, ist mehr alsVorsicht angebracht. Da diese klaren Hinweise fehlen, kann der Eindruck entstehen, das IQW i G stünde hinter diesen Empfehlungen.An den Stellen aber, an denen eine klare Meinung geäußert wird, für oder gegen eineTherapie, können Sie davon ausgehen, dass diese kompetent nach den Regeln des Studien- TÜV erarbeitet wurde. Berücksichtigt man dies, bietet diese Homepage zurzeit die beste wissenschaftliche Information, die Sie im Internet im Bereich Medizin finden können.
Die Ergebnisse des IQW i G haben große ökonomische Folgen. Zum einen für Anbieter von Medizinprodukten und ärztlichen Leistungen, wenn es zum Beispiel eine teure Therapie als nutzlos oder sogar schädlich bewertet und dadurch Umsatzeinbrüche drohen. Zum anderen für Kostenträger wie Krankenkassen, wenn es teure Therapien oder Hightech-Verfahren als nützlich bewerten sollte und damit Gründe für deren Bezahlung liefert. Je einflussreicher die Arbeit des IQW i G wird, desto größer wird die Versuchung sein, Druck auf dessen Ergebnisse auszuüben. Deshalb ist es unabdingbar, die Unabhängigkeit des IQW i G , wie sie zurzeit besteht, zu erhalten. Ich würde mir wünschen, dass die Medien das IQW i G in seiner Aufgabe, schlechte Medizin zu entlarven und gute Medizin besser durchzusetzen, stärker wahrnehmen und unterstützen.
Denn bald könnte es für das IQW i Q tatsächlich stürmisch werden, denn es hat damit begonnen, systematische Leitlinienbewertungen durchzuführen. Allerdings vergleicht es bisher nur bestehende Leitlinien und bewertet sie formal vor allem danach, ob sie evidenzbasiert erstellt wurden, ob also die Quellen korrekt benannt und sie den Evidenzklassen zugeordnet wurden. Ob die Leitlinienautoren den Empfehlungsgrad korrekt vergeben haben, prüft das IQW i G noch nicht, obwohl es dringend notwendig wäre. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine solche Überprüfung der Quellen zu derart katastrophalen Ergebnissen führen wird, dass heftige Reaktionen vorprogrammiert sind. Die Profiteure schlechter Medizin würden nicht untätig bleiben. Besonders die vielfältigen finanziellenVerflechtungen im Gesundheitssystem sind ein gravierendes Problem, das sich besonders im Bereich der Leitlinienerstellung verheerend auswirkt, jedoch nicht nur dort. Es wird Zeit, über die Ursachen von schlechter Medizin zu reden. Fangen wir mit den falschen finanziellen Anreizen und Geldflüssen an.
7 Mehr dazu: www.lizenz-zum-essen.de
TEIL II
Die Ursachen schlechter Medizin
» Die Wahrheit triumphiert nie, die Gegner sterben nur aus. «
Max Planck
Geld regiert die Welt: Wie gekaufte Meinungsführer den medizinischen Alltag diktieren
Jetzt geht es ums Geld. Also ums Eingemachte. Eine Sache sollten wir uns vorab klarmachen.Wir leben in einer marktwirtschaftlichen Demokratie. Ich lebe gern in dieser Gesellschaftsform, ich kenne keine bessere. Doch das bedeutet nicht, dass ich die Augen davor verschließe, dass es in einer marktwirtschaftlichen Demokratie bei allen Gesundheitsinformationen, die uns erreichen, nicht in erster Linie um unserWohlergehen, sondern um unsereWählerstimmen und natürlich um unser Geld geht. Um wie viel genau, kann man den Zahlen des Statistischen Bundesamtes entnehmen. Im Jahr 2009 wurden in Deutschland 278Milliarden Euro für das Gesundheitswesen ausgegeben. Hier eine Auflistung darüber, wer wie viel bezahlt hat:
Gesundheitsausgaben 2009 nach Ausgabenträgern
Ausgabenträger
Millionen EUR
Ausgabenträger insgesamt
278 347
Öffentliche Haushalte
13 655
Gesetzliche Krankenversicherung
160 854
Soziale Pflegeversicherung
20 312
Gesetzliche Rentenversicherung
4 014
Gesetzliche
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