Schlechtes Chili - Lansdale, J: Schlechtes Chili - Bad Chili
über den Gesichtern. Als der Job bei dem Raucher erledigt war, bauten sich die anderen auf und ließen sich ebenfalls bedienen.
Als alle fertig waren, stießen sie ihr Opfer in den Dreck und gingen weg. Die Kamera erlosch, und das Video zeigte uns noch ein wenig Schwärze und Flimmern, und dann war es vorbei. Es gehörte mit zu den erniedrigendsten Dingen, die ich je gesehen hatte.
»Nicht unbedingt Oscar-verdächtiges Material, oder?«, sagte ich.
»Jesus. Was sollte das denn?« »Ich weiß es nicht. War es inszeniert?«
»Keine Ahnung. Aber ich sag dir eines, wenn es inszeniert war, fällt es nicht auf… Amateurfilme?«
»Vielleicht. Aber wozu? Ein Video über Fettdiebstahl, das andere über eine Schwulenhatz? Oder soll das ein Sexfilm sein?«
»Das hat nichts mit Sex zu tun, Hap. Es geht um Macht, Mann. Schwule sind ein leichteres Ziel als Frauen oder Schwarze. Die meisten Leute meinen, wenn ein Schwuler verprügelt wird, hat er’s verdient.«
»Das könnte auch eine Schwulengang getan haben.«
»Möglich, aber Heteros lassen sich genauso gerne den Schwanz blasen wie alle anderen, besonders dann, wenn dabei jemand gedemütigt wird und es ihnen ein Machtgefühl gibt.«
»Ich muss dich unbedingt von diesen populärpsychologischen Büchern fernhalten.«
»Weißt du was, du hast recht«, sagte Leonard. »Ich rede schon so wie du. Du sagst doch niemandem, dass ich das "Wort Machtgefühl benutzt hab, oder?«
»Ich versuch's mir zu verkneifen. Aber wie auch immer, die Frage will immer noch beantwortet werden. Was soll das Ganze? Welche Verbindung gibt es zwischen Fettdiebstählen und einem verkorksten Film wie diesem?«
Leonard schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht sagen. Vielleicht hilft uns das Notizbuch weiter. Ich bin jedenfalls nicht schlau daraus geworden.«
Ich nahm es und öffnete es. Es standen Buchstabenreihen darin. Sachen wie YCU-ART-QWEP . Die ganze Seite herunter. Ich blätterte das Notizbuch langsam durch. Zehn Seiten waren damit vollgekritzelt.
»Was, zum Teufel, glaubst du, was das soll?«, sagte Leonard.
»Das ist nicht Rauls Handschrift?«
»Nein.«
Ich betrachtete das Notizbuch einen Augenblick. »In jeder Gruppe dieselbe Anzahl von Buchstaben. Bei manchen sind die ersten drei Buchstaben gleich. Denk mal scharf nach.«
»Das hab ich schon getan.«
»Es ist ganz leicht. Das ist kein Supercode. Wahrscheinlich irgendein persönliches Notizbuch. Es ist so angelegt, damit die meisten Leute, die es zufällig in die Hände bekommen, nicht sofort schlau daraus werden. Aber es braucht nicht viel Gehirnschmalz, um es sich zusammenzureimen. Eigentlich ist es sogar ziemlich dämlich, wirklich.«
»Du willst, dass ich mir dämlich vorkomme.«
»Ab und zu packe ich die Gelegenheit beim Schopf.«
»Hör auf, Hap. Ich bin schon deprimiert genug.«
»Telefonnummern. Wenn man für die Buchstaben Zahlen einsetzt, bekommt man Telefonnummern. Die ersten drei Buchstaben sind Vorwahlen.«
Ich ging zum Telefon, betrachtete die Buchstaben auf der Wählscheibe und verglich sie mit den Zahlen darunter.
Ich sagte: »Viele Vorwahlen sind aus dem Raum Houston. Ein paar andere aus Dallas. Den Rest kenne ich nicht.«
Ich nahm den Hörer ab und wählte eine der Nummern. Eine Frauenstimme sagte: »East Side Video.«
»Wo genau ist Ihr Laden?«
Sie sagte es mir. Ich schrieb auf einem Blatt mit, während sie redete.
»Danke«, sagte ich. »Ich war nicht ganz sicher.« Ich probierte noch ein paar andere Nummern aus. Alle gehörten zu Videoläden. Ich schrieb sie auf. Ich gab Leonard die Liste mit den Namen und Geschäften und Adressen und ließ ihn sie sich ansehen.
»Es passt irgendwie zusammen«, sagte Leonard. »Als käme ich jeden Augenblick auf die Antwort, aber eben doch noch nicht ganz.«
»Ich glaube, das sind Überfall-und-Vergewaltigungsvideos«, sagte ich. »Dieses Zeug kommt ursprünglich aus Japan. Vor einer Weile habe ich was darüber in einer dieser neuen Sendungen gesehen. Vielleicht lese ich nicht genug Zeitung, aber was das Fernsehen betrifft, geb ich mir Mühe, nichts zu versäumen. In dem Zeug, das sie in Japan drehen, wird die eigentliche Vergewaltigung nicht gezeigt. Es ist vielleicht inszeniert, aber wie du schon über den Film sagtest, wenn es so ist, dann merkt man es nicht.«
»Und was ist mit diesen japanischen Videos?«
»Die Japaner haben damit angefangen, diesen Scheiß hier in den Staaten zu verkaufen. Die Videoläden haben die Bänder verkauft und ausgeliehen. Sie waren
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