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Schlehenherz

Schlehenherz

Titel: Schlehenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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genug hatte abblitzen lassen. Auch jetzt war ich drauf und dran, seine Mail einfach zu löschen, als mir mein heimlicher Schwur Vio gegenüber einfiel. Also schmiss ich meinen Vorsatz, Grover zu ignorieren, über Bord.

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: AW: wieder besser?

    Hallo Grover,
    nett, dass du fragst, ich bin ok. Sag mal, hast du eigentlich gewusst, dass Vio auch bei Schüvizett war? Hast du mal mit ihr gechattet?
    Lila
    Ja. Nein.

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: AW: RE: AW: wieder besser?

    ???

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: RE: AW: RE: AW: wieder besser?

    Übersetzt: Yep, ich hab Vios Profil mal gesehen. Aber ihr geschrieben? Nope. Ich chatte nur mit Leuten, die mich interessieren :-D auch wenn einige von ihnen meine Mails bisher stur ignoriert haben …!
    P.S.: Diavolo richtet dir schöne Grüße aus, wuff!
    Grover

    Ich wurde ärgerlich. Grover nahm mich überhaupt nicht ernst, sondern versuchte offenbar immer noch zu baggern. Und war sich nicht mal zu schade, den armen Hund als Mitleidsbonus einzusetzen. Für seine Art von Humor hatte ich aber nun keinen Nerv und sparte mir daher eine Antwort. Es dürfte ihn kaum wundern. Oder – und dieser blitzartige Einfall verursachte mir Gänsehaut – hatte er etwas zu verbergen? Vielleicht hatte er doch mit Vio gechattet und gab es einfach nicht zu?
    Gleich darauf nannte ich mich selbst eine hysterische Kuh. Dachte ich überhaupt noch realistisch oder begann ich langsam an Verfolgungswahn zu leiden?
    Ich vergrub den Kopf in den Händen, frustriert – und voller Angst. Ich musste Vios Mörder ausfindig machen. Nicht nur, um mein Versprechen einzulösen, sondern auch um meinetwillen. Irgendetwas sagte mir, dass er nicht aufgeben würde. Im Moor war ich ihm entkommen, aber er lauerte irgendwo da draußen wie eine Spinne im Netz auf ihre Beute.

    Das Mädchen in Monika Helds Büro starrte auf den Boden. Sie hielt den Kopf gesenkt, ihr Gesicht war fast vollständig hinter ihren langen, hellbraunen Haaren verborgen. Mit rundem Rücken, die Schultern wie zum Schutz nach vorne gezogen, hockte sie in einem viel zu großen Pulli auf dem Stuhl im Präsidium und beantwortete mit leiser Stimme Monikas Fragen. Sie sah der Kommissarin kein einziges Mal ins Gesicht. Die überlangen Ärmel des Pullovers verbargen ihre Hände. Trotzdem sah Monika bei einem flüchtigen Blick, dass die Fingernägel bis aufs Fleisch abgekaut waren.
    Kein Wunder, dachte Monika, es ist gerade mal dreieinhalb Monate her. Aber vergessen wird sie den Tag, an dem sie vom Klavierunterricht mit dem Rad nach Hause gefahren und für die Abkürzung in den Hohlweg eingebogen war, in ihrem ganzen Leben wohl nicht mehr.
    Vierzehn, dachte Monika, die Kleine ist erst vierzehn, verdammt noch mal! Wer macht so was? Sofort gab sie sich im Geiste selbst die Antwort: Vielleicht derselbe Täter, der Viktoria Neubauer ermordet hat. Monika versuchte gleich zum Punkt zu kommen, um dem Mädchen eine weitere, quälende Befragung zu ersparen. Das hatte sie seit der Vergewaltigung oft genug über sich ergehen lassen müssen und trotzdem war der Täter bis heute nicht gefasst.
    Nach einem Becher Tee und zwanzig Minuten war das Mädchen wieder draußen und mit der Mutter, die auf dem Flur gewartet hatte, auf dem Nachhauseweg.
    Monika hatte erfahren, was sie wissen wollte. Ihr Bauchgefühl hatte sie nicht getrogen: Das Mädchen war ein paar Wochen vor der Tat in drei verschiedenen Foren online gegangen, darunter schülerVZ. Ihren Eltern allerdings hatte sie das bis jetzt verschwiegen. Aus Angst, weil die ihr verboten hatten, am Computer zu chatten. Zu groß waren ihre Bedenken, wer sich dort alles herumtrieb.
    Monika musste die Mutter des Mädchens nach der Befragung also behutsam von den Onlineaktivitäten ihrer Tochter in Kenntnis setzen. Und von der Angst des Mädchens, dass ihre Eltern böse auf sie sein würden, wenn sie erfuhren, dass sie sich über das Verbot hinweggesetzt hatte. Monika kostete es einige Zeit, die Kleine davon zu überzeugen, dass sie nicht schuld an dem war, was ihr passiert war. Zum Glück erklärte sich die Mutter sofort bereit, den Computer, der von allen Familienmitgliedern genutzt wurde, morgen ins Präsidium zu bringen. Monika würde ein paar Spezialisten darauf ansetzen. Auch wenn jemand versucht hatte, alle Spuren zu verwischen – die Computerexperten hatten

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