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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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von Berlin aus betrachtet wie eine typische provinzielle bayerische Posse auf mich gewirkt hatte. Es ging wohl darum, ob in München Hochhäuser gebaut werden dürfen, die die Türme der Frauenkirche überragen. Der Entscheid ging knapp zugunsten der Hochhausgegner aus. Gerade einmal 3206 Stimmen hatten den Ausschlag gegeben. Seitdem ist die Frauenkirche das Maß aller Dinge. Höher als hundert Meter geht nichts in München.
    »Was ist denn so schlimm an Hochhäusern? Die Welt ändert sich nun mal. Jeden Tag. Sogar in Bayern!«
    »Genau des hab i meiner Oma a g’sagt. Und weißt, was sie geantwortet hat?«
    Natürlich wusste ich es nicht. Woher denn auch? Erwartungsvoll schaute ich Max an.
    »›Maxl‹ hat sie gesagt, ›die Welt, die ändert sich nicht. Die Welt ist immer dieselbe. Wir Menschen sind es, die sich ändern.‹ Tja, da stehst erst mal da. Da fällt dir nix mehr ein. Oder fällt dir da was ein?«
    Ich überlegte. Natürlich ändert sich die Welt. Aber wir Menschen, wir ändern uns viel schneller. Da hatte die Oma von Max schon recht. Ich hatte keine Antwort auf seine Frage. »Und? Wie hast du jetzt abgestimmt, bei dem Entscheid?«, wollte ich stattdessen von Max wissen.
    »Natürlich dagegen. Ich weiß noch genau, wie mei Oma mich extra noch einmal angerufen hat, um mir einzuschärfen, dass man bei dem Entscheid mit Ja stimmen muss, um gegen die Hochhäuser zu sein. Das sei ein Trick vom Ude, hat sie gesagt, der ja für die Hochhäuser sei. Damals hab ich gedacht, dass meine Oma halt eine alte Frau ist, die einfach nur alles so behalten will, wie sie’s kennt. Und heute bin ich froh über jeden Tag, an dem München nicht so aussieht wie jede andere Metropole.« Max sprach das Wort »Metropole«, als würde er es ausspucken. »In der Kaufingerstraße hast fast eh nur noch dieselben Geschäfte wie überall auf der Welt. Die Straße könntest nehmen und nach Hamburg, Berlin oder sonst wohin verfrachten. Es würd koaner einen Unterschied bemerken. Naa, des mit den Hochhäusern, des war schon a guade Sach. Des koan a Berliner wie du natürlich schwer verstehen.«
    »Nein, das stimmt nicht.« Diesmal überraschte ich Max. »Ich find’s auch schön, wenn eine Stadt ihr eigenes Gesicht hat. Weißt du, wo ich Berlin am schönsten finde? Auf Bildern von vor dem Krieg.« Irgendwann vor zehn Jahren war es mir das erste Mal so ergangen. Ich hatte in einer Zeitschrift Bilder mit Straßenszenen aus den zwanziger und dreißiger Jahren gesehen. Schon damals schien Berlin Größe und dieses unbestimmte Vibrieren zu haben. Max nickte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Lass mal, uns hat’s damals auch ganz schön erwischt. Neunzig Prozent der Altstadt.«
    »Komisch, merkt man oft gar nicht.«
    »Genau das ist der Trick!«
    »Mögn ma noch a Bier?«, fragte die Bedienung, die zu uns an den Tisch gekommen war, unsere leeren Gläser bereits in der Hand. Max schaute mich erwartungsvoll an. Wir mochten.
    Das Weißbier zum Essen hatte mich einerseits locker, mir auf der anderen Seite schwere Arme und Beine gemacht. Mit meiner Arbeit kam ich nur mühsam voran. Ein Glück, dass ich einen ausreichenden Puffer hatte, um damit fertig zu werden. Und obwohl ich im Büro kaum was geschafft hatte, kam ich müder als sonst zu Hause an. So konnte es nicht weitergehen, wenn ich in den Bergen nicht schon auf dem Parkplatz schlappmachen wollte. Francesca bemerkte sofort, dass etwas mit mir nicht stimmte.
    »Ich habe heute Mittag das Euter einer Kuh gegessen!«, beichtete ich ihr. Francesca schaute mich erschrocken an: »Aber warum denn, wir haben doch genügend Milch im Kühlschrank.«

16. Kapitel: In welchem eine Frau ein Geheimnis zu ergründen sucht und dabei eine merkwürdige Verwandlung durchlebt
    In den nächsten Tagen zog ich mein ambitioniertes Sportprogramm endlich weiter durch. Als ich eines Abends gegen zwanzig Uhr vom Joggen wiederkam, wurde ich bereits von einer unruhigen Francesca empfangen. Ein schneller Kuss, schon huschte sie an mir vorbei in den Hausflur.
    »In spätestens zwei Stunden bin ich wieder da. Ich muss zu Frau Pschierer.«
    »Um was zu machen?«
    »Ihr das Rezept für den Kaiserschmarrn entlocken.« Francesca sagte diesen Satz in einem Ton, der mich kurz überlegen ließ, ob ich sie nach Waffen durchsuchen sollte. Dabei hätte ich es wissen müssen. Wenn Francesca etwas wirklich wollte, dann bekam sie das auch. Ein Nein bedeutet für einen Italiener nicht etwa Nein, sondern nur, dass er sich

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