Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
mich eine ganz neue Bedeutung, gell?!«, tönte Max von seinem Platz aus. Es war ein Wunder, dass er bei der Menge, die er getrunken hatte, noch nicht vom Hocker gekippt war.
»Ja, aber diese Leute hier, die sind doch nicht die Elite unserer Gesellschaft!«, bemerkte ich entsetzt zu Franz.
»Ja, der Gedanke, der ist mir auch schon so manches Mal gekommen.« Wir schwiegen eine Weile, bis Franz sagte: »Die männlichen Affen haben ihren Kirschsaft bei dem Experiment übrigens auch dann hergegeben, wenn sie dafür Bilder von den Hintern ihrer Weibchen gezeigt bekamen.«
Franz und ich lachten. So laut, dass sich einige der anderen Gäste argwöhnisch zu uns umdrehten, um zu schauen, ob sie etwas verpasst hatten.
23. Kapitel: In welchem ein Stromausfall zwei Männer zusammenführt und jemand »Oachkatzlschwoaf« sagt
Francesca und ich saßen im Dunkeln. Es war 23 Uhr. Zu dieser Zeit hat es dunkel zu sein. Es sei denn, man wohnt im nördlichsten Zipfel Finnlands zur Zeit der Mitternachtssonne. Wir saßen jedoch zu Hause in unserer Wohnung in München, und eben hatte in dieser Wohnung noch Licht gebrannt und im Badezimmer ein Föhn gesurrt.
»Kannst du mal bitte den Strom wieder anmachen?«, rief Francesca aus dem Badezimmer. Ich schlurfte zum Sicherungskasten im Flur. Klack, klack, klack, fummelte ich an den Sicherungen herum. Nichts geschah.
»Geht nicht«, rief ich ins Bad.
»Ma come! Geht nicht?«
»Geht halt nicht. Muss die Hauptsicherung sein.«
»Ja, dann mach die doch wieder rein!«, meinte Francesca bereits leicht genervt. »Ich steh mit nassen Haaren im Bad.« Ja und? Ich bin hier nicht der Elektriker, moserte ich im Stillen.
»Ich hab keine Ahnung, wo die Hauptsicherung ist.«
»Dann geh halt zu unserem Hausmeister und frage ihn!«
»Zum Herrn Rieger? Ich bin doch nicht blöd. Es ist 23 Uhr, der pennt bestimmt schon!«
»Ich muss meine Haare föhnen!« Das war ein Befehl. Ich hatte trotzdem keine Lust, zu unserem Hausmeister zu gehen. Der alte Rieger benahm sich stets so, als würde eine kleine dunkle Wolke über seinem Haupt schweben und auf ihn hinabregnen. Immer wenn wir einander zufällig begegneten, grüßte ich und beschleunigte meine Schritte, als ob ich in Eile wäre. Er gab meist nur undefinierbare Geräusche von sich. Ein Gruß? Ein Fluch? Reizhusten? Mir doch egal. Ich war mit dieser Form der männlichen Koexistenz glücklich. Keine überflüssigen Worte, keine überflüssigen Gefühle, kein überflüssiger Kontakt. So konnte es bleiben.
»Warte doch noch zwei Minuten, vielleicht geht der Strom ja wieder von allein an«, versuchte ich mich zu drücken.
»Strom repariert sich nicht von allein«, wusste Francesca Bescheid. Wieso war sie auf einmal so logisch? Sie war doch sonst nie so logisch.
»Ist doch auch von allein kaputtgegangen«, maulte ich.
»Jetzt geh schon endlich. Der Herr Rieger wird dir schon nichts tun.« Na klar. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste runter. Zum Rieger Schorsch. Als ich vor seiner Tür stand, atmete ich dreimal tief durch und klingelte. Ich wartete und ging in Gedanken die Zeit durch, die jemand braucht, um von seinem Sofa aufzustehen und zur Tür zu kommen. Gerade als ich ein zweites Mal klingeln wollte, hörte ich Schritte im Flur und die polternde Stimme von Georg Rieger.
»Ja, Zefix, wos is do jetz scho wieder drumanand.« Die Tür wurde aufgerissen, und vor mir stand ein Berg von einem Mann, fast so, wie Gott ihn geschaffen hatte. Nur ein weißes Unterhemd und eine weiße Unterhose mit roten Punkten verhinderte das Schlimmste. Ich wusste nicht, wo ich hingucken sollte. Mein Gott, wie viele Haare der Mann an den Beinen hatte. War er etwa gerade dabei, sich in einen Werwolf zu verwandeln? Ich wusste doch, dass es keine gute Idee gewesen war, ihn zu stören.
»Ähm, bei uns in der Wohnung geht der Strom nicht«, stammelte ich. »Es muss wohl die Hauptsicherung sein. Ich hab oben schon alles kontrolliert.«
Georg Rieger sagte kein Wort und knallte die Tür wieder zu. Ich konnte ihn gut verstehen. Es war spät. Und gemessen an seinem Gesichtsausdruck, trug er heute nicht nur eine Regenwolke mit sich herum, sondern ein ganzes Gewitter. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.
Noch mal klingeln?
Als ich mich entschieden hatte, wieder nach oben zu gehen, um Francesca zu berichten, dass Hausmeister Schorsch nicht in der Stimmung für Stromprobleme war, hörte ich erneut Schritte in der Wohnung. Die Tür ging auf. Georg Rieger hatte sich einen
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