Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
dem Event nicht berichtet wird, dann ist es so, als hätte es gar nicht stattgefunden. Da so ein Event aber Geld kostet, muss es stattfinden.«
»Sonst schmeißen sie als Erstes die Eventmanagerin raus. Und das kann ja nun wohl keiner wollen«, murmelte Max, der es geschafft hatte, einem Kellner ein ganzes Tablett mit Champagnergläsern abzunehmen, und sich nun ein Glas nach dem anderen gönnte.
»Interessante Gäste gibt es aber nicht so viele«, fuhr Franz fort. »Die wirklich wichtigen Promis haben auch gar nicht die Zeit, geschweige die Lust, ihre Abende auf Veranstaltungen wie dieser hier zu verplempern. Die müssen schließlich was arbeiten. Da eine Party aber vor allem voll sein muss, um gut zu sein, werden eben auch viele andere Leute eingeladen, für die sich kein Aas interessiert.«
»Aber wenigstens sieht dann das Event nach einem Event aus.«
»Genau. Und diese unwichtigen Menschen, das Eventfußvolk, Menschen wie du und ich, die sind dann bei so einer Party wie heute eben auch dabei. Verstehst? A dabei! Auch dabei.«
Ich hatte verstanden. Was seine Arbeit anging, darüber machte Franz sich keine Illusionen. Für ihn war Champagner-Saufen zur Fließbandarbeit geworden. Er traf die immer gleichen Leute auf den immer gleichen Events, führte die immer gleichen Gespräche und machte die immer gleichen Fotos. Die meisten dieser Veranstaltungen, sagte er, waren Pseudo-Events, die es nur gab, weil sie von der Klatsch- und Regenbogenpresse verkauft werden konnten. Ein Business, in dem alle Beteiligten wussten, was von ihnen verlangt wurde. Promis oder Adabeis liefern Kleider, über die man am Tag danach sprechen kann, oder die eine oder andere Neuigkeit zu einem anstehenden Film, ein geplantes Buch oder – Jackpot – eine neue Liebe. Die Fotografen wiederum liefern schöne Bilder, und die Reporter verpacken die Instant-Infohappen in Exklusivgeschichten. Und der spendable Gastgeber glänzt für einen kurzen Augenblick im Licht der von ihm organisierten Promigala. Es gab allerdings auch Abende, erzählte Franz, an dem bekamen Fotografen und Reporter sehr viel mehr zu sehen. Zum Beispiel, wenn der Alkohol, die Lust, oder beides, zwei Menschen zusammenführte, die eigentlich nicht zusammengehörten, weil sie bereits anderweitig liiert waren.
»Das kommt häufiger vor, als man denkt. Aber es wird nicht geschrieben. Und schon gar nicht fotografiert.«
»Wieso nicht?«
»Weil man sich schließlich bei der nächsten Party wiedersieht!«, grinste Franz. »Es ist gar nicht so, dass die Promis heutzutage unbedingt braver sind. Sie haben einfach bessere Anwälte. Und welcher Verlag hat schon noch Lust auf Anwaltskosten? Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, solche Geschichten unter der Decke zu halten. Als Fotograf brauchst du für solche Events ja eine Akkreditierung vom Veranstalter. Bring einmal die falsche Story über die falsche Person, und du verlierst die Grundlage für deine Arbeit. Wenn die Person wichtig genug ist, wird sie beim nächsten Event beim Veranstalter dezent durchblicken lassen, dass sie ihr Erscheinen an die Bedingung knüpft, eine bestimmte Person nicht zu sehen. Und wer braucht schon einen Fotografen oder Reporter, wenn er auf der Stelle zehn andere haben kann? Schon bist du weg vom Fenster. Das tut dem Promi nicht weh, dem Veranstalter auch nicht. Das tut nur dir weh. Also machst du lieber, was von dir erwartet wird. Immer schön mit dem Strom schwimmen.«
Ich verstand Franz. Die Promiwelt folgte ihren eigenen Regeln. Und wer sich in dieser Welt straffrei bewegen wollte, befolgte diese besser, um nicht als Nestbeschmutzer dazustehen. »Komisch, dass diese Oberflächlichkeit bei den Lesern der Klatschpresse nicht ankommt. Die müssten doch mitkriegen, dass das immer nur dieselbe Soße ist, die für sie aufgewärmt wird«, warf ich ein.
»Das ist genetisch bedingt. Die Leute können nicht anders. Das Society-Business steckt jedem von uns in den Knochen. Ich hab mal von einem Experiment gelesen, das sie bei einem Rudel Affen gemacht haben. Da bekam jeder Affe eine Portion Kirschsaft zugeteilt. Im Laufe des Experimentes hat man dann festgestellt, dass die rangniederen Tiere im Rudel bereit waren, einen Teil ihres Kirschsaftes einzutauschen, wenn sie dafür Bilder der ranghöheren Affen im Rudel angucken durften. Es ist anscheinend ein Urbedürfnis, sich an der Elite einer Gemeinschaft zu orientieren. Das steckt in uns drin.«
»Da bekommt die Redewendung ›sich zum Affen machen‹ für
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