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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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Der Laden war teuer. Und der Name des Shops klang zumindest sehr italienisch.
    Die junge Dame am Eingang mit der Gästeliste brauchte sich gar nicht erst durch die Namen zu wühlen, um uns zu finden. Sie kannte Max. »Der Herr Brunner, wie schön.« Flüsternd schob sie hinterher: »Anna ist drinnen. Sie ist grad am Ausrasten. Der Getränkeservice hat zu wenige Gläser angeliefert. Und sie muss jetzt noch welche organisieren.« Die Dame gehörte zu Annas Truppe, die dafür verantwortlich war, dass heute Abend alles lief wie geplant. Sie trug ein Businesskostüm. Eines von der Sorte, die ausdrückten, dass man eine Frau und sexy war, heute aber leider arbeiten musste.
    »Servus, Kathrin. Ich werde das nie verstehen, wie man für eine Tätigkeit wie das Herbeizaubern von Gläsern so unanständig gut bezahlt wird«, flüsterte Max verschwörerisch zurück.
    Bussi links, Bussi rechts. Drin waren wir.
    Die Boutique war bereits gut gefüllt mit Menschen, deren Arbeit es war, schön auszusehen oder aufzufallen. Viele davon konnte man nicht kennen, wenn man bis nach achtzehn Uhr arbeiten musste und daher die klebrig-süßen Vorabendserien à la »Sturm der Liebe« oder den »Marienhof« in der ARD verpasste. Anderen – vor allem älteren Damen – sah man an, dass sie für ihre Schönheit einen stattlichen Preis bezahlt hatten. An einen Chirurgen. Die steifen Gesichtszüge sprachen Bände. Eine der Damen hatte die Besuche beim Arzt deutlich übertrieben. Sie war überall aufgequollen. Am Mund, über den Augen, an den Wangen und der Stirn.
    »Meine Güte, die sieht ja aus wie ein Schwergewichtsboxer nach der zwölften Runde«, flüsterte ich zu Max.
    »Ja, nur dass die sich keine Steaks auf die Schwellungen zu legen braucht. Die Beulen bleiben«, flüsterte Max zurück. »Die hat bestimmt ’ne Botox-Flatrate.«
    »Eine was?«
    »Eine Flatrate. Für Botox-Behandlungen. Jaa, so was gibt’s heutzutage beim Schönheitschirurgen deines Vertrauens.«
    Die anwesenden Männer steckten entweder in langweiligen oder teuren Anzügen, die Modeltypen in bunten Ed-Hardy-Shirts. Die dünnen verhuschten Typen versuchten sich an einem betont schlampigen Künstler-Look. Man kannte sich, lachte und scherzte mit gekonnter Falschheit und musterte die Neuankömmlinge betont unaufmerksam. Ob es jemand Wichtiges oder zumindest Bekanntes war, konnte man schon am plötzlich aufkommenden hektischen Klacken der Kameras der Fotografen am Eingang hören. Das alles fügte sich zu einer hohlen, irgendwie bemühten Atmosphäre, die auch der DJ mit seinen wuchtigen Clubsounds nicht aufzulockern vermochte. Alle schienen sich zu belauern. Wie in einem Wolfsrudel, dessen Leitwolf gerade dahingeschieden war und das nun einen neuen Anführer brauchte. Es gab nicht wenige Kandidaten, die die gebleechten Zähne fletschten und schon unruhig mit den Hufen scharrten. Max lotste mich sicher durch den Raum und fand eine Ecke, in der Handtaschen auf weißen Plastikkuben platziert waren. Max schnappte sich die Taschen, stellte sie zu anderen ins Regal, schon hatten wir eine prima Sitzgelegenheit für uns.
    »Das kannst du doch nicht machen«, sagte ich zu Max. »Eine von diesen Taschen kostet so viel, wie wir im Monat verdienen.«
    »Ich hab’s doch schon gemacht«, funkelte Max mich an. »Ich hab die Stühle organisiert, du kümmerst dich um Getränke.«
    »Irgendwelche Wünsche?«
    »Nein, Hauptsache, es ist kein Wasser.«
    Ich schaute mich um. Zwischen den aufgebauten Stehtischen, um die sich alle anderen Gäste bisher geschart hatten, flanierten umsichtige Kellner mit Tabletts, auf denen Gläser mit Wasser, Champagner und Orangensaft standen oder kleine Schweinereien zu essen. Dorthin musste ich. Als ich mit zwei Gläsern Champagner zurückkam, hatte Max es sich längst auf einem der Kuben bequem gemacht. Ich setzte mich, immer noch etwas unsicher, dazu.
    »Na, so schlimm ist es doch gar nicht, oder?«, meinte Max, nachdem er sein Glas in Empfang genommen hatte. Wir stießen an. Von unseren Plätzen aus konnten wir das Treiben in der Boutique perfekt überblicken.
    »Und … was passiert jetzt?«, wollte ich von Max wissen.
    »Nichts. Wir sitzen hier gemütlich beieinander und trinken so viel Champagner, wie wir können.«
    »Das war’s?«
    »Das war’s.«
    »Sollte nicht noch irgendetwas … Außergewöhnliches oder Aufregendes passieren?«
    »Was Aufregendes? Du meinst, dass einer der aufgespritzten Damen eines ihrer Botoxkissen platzt? Oder dass einer von

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