Schleichendes Gift
Benjamin dort sein würde? Warum sollte er in Erfahrung bringen, welche Personen er töten würde? Er wollte doch nur seiner dreckigen, elenden Idee Ausdruck verleihen.« Sie stieß einen tiefen, zitternden Seufzer aus. »Es ist einfach nur ein schrecklicher Zufall.«
Vielleicht hatte sie recht, dachte Tony. Manchmal ist eine Zigarre einfach nur eine Zigarre. Oder wäre es, wenn die Zielperson das richtige Profil hätte. Er klammerte sich an seine Theorie und war nicht bereit, einen Irrtum beim Verstehen von Mustern menschlicher Verhaltensweisen zuzugeben. »Es ist möglich«, meinte er.
Sie zitterte wieder, bedeckte das Gesicht mit den Händen und sah kläglich zu ihm auf. »Wir haben ihnen Geld bezahlt. Wir haben ihre … In unserem Lager haben wir Sachen, die ihre Hände berührt haben. Es widert mich an. Was für Leute sind das, die uns so etwas antun?«
»Es tut mir leid«, sagte Tony. »Sehr leid. Aber ich muss mir sicher sein. Ihr Mann hat also nie davon gesprochen, mit wem er bei First Fabrics zu tun hatte? Er hat nie mit Ihnen über die Besprechungen dort geredet?«
»Sie können gerne in seinem Terminkalender nachsehen. Er ist in seinem Büro. Aber das ist alles, was ich weiß. Benjamin sollte sich mit einem griechischen Zyprioten treffen, von dem wir kaufen, aber der Mann verspätete sich. Während Benjamin wartete, lernte er jemanden von einer Firma kennen, von der wir durch den Zwischenhändler schon Waren erworben hatten. Ihre Ware gefiel uns, gute Qualität, zuverlässig. Und das ist mehr, als man über viele von ihnen sagen kann.« Eine bissige kleine Zwischenbemerkung. »Benjamin erzählte mir, dass sie sich unterhalten und schließlich ein Geschäft abgeschlossen hätten über einige exklusive Modelle, die First Fabrics selbst hergestellt hatte. Es war eine Vereinbarung, die für beide von Vorteil war. Und sie funktionierte.«
»Es war nicht im Gespräch, sich aus der Abmachung zurückzuziehen? Kein Ärger aus irgendeinem Grund?«, stieß Paula mit ihrer Frage als Ermittlerin dazu.
Rachel strich sich das Haar aus dem Gesicht und sah plötzlich müde aus. »Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, wir machten gerne Geschäfte mit ihnen. Denn so wie wir es angelegt hatten, war die Gewinnspanne für uns günstiger. Hören Sie, es gab keinen geschäftlichen Grund für diesen Menschen, Benjamin anzugreifen. Wie ich schon sagte, es kann nur ein schrecklicher Zufall gewesen sein.«
Bevor sie noch weiterreden konnte, ging die Tür auf, und ein kleiner Junge kam herein. Er war schmal und dunkelhaarig und sah aus, als müssten sich seine Züge erst noch deutlicher ausprägen. Er trat von einem Fuß auf den anderen und spielte mit den Fransen an einem Überwurf. »Mum, kannst du mitkommen und mir mit den Legos helfen?«, fragte er, ohne die Fremden in seinem Haus zu beachten.
»Gleich, mein Schatz.« Sie wandte sich wieder an Tony. »Das ist unser Sohn Lew.« Sie stand auf. »Ich glaube, wir sind hier fertig. Es gibt wirklich nichts mehr, was ich Ihnen sagen kann. Bitte, ich begleite Sie hinaus.«
Sie folgten ihr zur Tür, Tony musste sich anstrengen, dass er mitkam.
Lew ging mit ihnen. »Kennen Sie meinen Dad?«, fragte er Tony plötzlich.
»Nein«, antwortete er. »Siehst du ihm ähnlich?«
Lew sah ihn neugierig an. »Eines Tages werde ich so aussehen«, erklärte er. »Aber ich bin noch zu klein. Jetzt seh ich einfach aus wie ich selbst.«
»Und du siehst ja auch sehr gut aus«, meinte Tony.
»Was ist mit Ihrem Bein passiert? Hat Sie auch jemand in die Luft gesprengt? Jemand hat meinen Dad in die Luft gesprengt.«
»Nein, niemand hat mich in die Luft gesprengt«, erwiderte Tony. »Ein Mann hat mich mit einer Axt angegriffen.«
»Wow«, machte Lew. »Das ist ja cool. Hat es wehgetan?«
»Es tut immer noch weh.« Er hatte Paula und Rachel fast eingeholt. »Aber es wird langsam besser.«
Lew streckte die Hand hoch und ergriff seine. »Werden Sie den Mann töten, der Sie mit der Axt angegriffen hat?«
Tony schüttelte den Kopf. »Nein. Ich werde ihm helfen, es nicht wieder zu tun. Ich bin so eine Art Arzt, Lew. Ich versuche, den Leuten zu helfen, dass sie sich im Inneren besser fühlen. Wenn man sich innen drin schlecht fühlt, da gibt es Leute wie mich, mit denen man reden kann. Hab keine Angst zu fragen. Deine Mum wird dich unterstützen, den richtigen zu finden, nicht wahr, Rachel?«
Rachel schluckte heftig, ihre Augen wurden feucht. »Natürlich tu ich das. Sag jetzt auf Wiedersehen,
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