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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Elternrolle.
    Flanagan zuckte mit den Schultern. »Sie sind ja keine Kinder mehr, wissen Sie. Und ich bin nicht wie manche andere Manager. Ich stürze nicht in ihre Wohnungen, schalte ihre Stereoanlagen ab und schmeiße ihre Freundinnen raus. Es gibt Regeln, dass man in der Nacht vor einem Spiel nicht ausgehen soll. Aber davon abgesehen können sie ihr Ding machen.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Ich kann’s nicht glauben.«
    »Und was war Robbies Ding?«
    »Wo er wohnt, gibt es ein Fitnesscenter. Sie haben einen großen Pool im Keller. Er schwimmt gern, relaxt in der Sauna, so was macht er. Er ist ein guter Freund von Phil Campsie, der hat oben am Rand vom Moor etwas Land. Sie gehen fischen und jagen zusammen.« Flanagan richtete sich auf und begann wieder, rastlos auf und ab zu wandern. »Das ist so ungefähr alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    »Was ist mit Freundinnen? Ging Robbie öfter mit jemandem aus?«
    Flanagan schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Er war eine Weile verlobt. Mit Bindie Blyth, DJane bei Radio One. Aber sie haben vor drei Monaten Schluss gemacht.«
    Paulas Interesse erwachte. »Wer hat Schluss gemacht? Robbie oder Bindie?«
    »Darüber weiß ich nichts. Aber es schien ihm nicht so viel auszumachen.« Er legte wieder die Stirn an die Fensterscheibe. »Was hat denn das alles damit zu tun, dass jemand Robbie vergiftet hat? Seine Teamkameraden oder seine Ex würden so etwas doch nie tun.«
    »Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, Mr. Flanagan. Also – seit Bindie, da hat er … das ganze Spielfeld beackert?« Paula war das unbeabsichtigte Wortspiel peinlich. Bitte, lass ihn nicht denken, ich mache mich über ihn lustig .
    »Das nehme ich an.« Er drehte sich um und rieb sich die Schläfen mit den Fingern. »Da müssten Sie die Jungs fragen. Phil und Pavel, die wüssten es wahrscheinlich.« Er sah sehnsüchtig zur Tür, die zur Intensivstation führte. »Ich wünschte, sie würden mir erlauben, ihn zu sehen, wissen Sie. Damit ich mich verabschieden kann. Ich kann’s nicht glauben.«
    »Und am Freitag? Wissen Sie, was er da gemacht hat?«
    »Am Freitag waren wir zum Training auf dem Platz.« Flanagan hielt einen Moment inne. »Jetzt fällt mir ein, dass er ein bisschen matt war. Ließ den Kopf hängen, ein bisschen langsam am Ball. Als wäre er irgendwie schläfrig. Ich hab mir nichts dabei gedacht, wissen Sie. Sie haben alle mal einen schlechten Tag und, ehrlich gesagt, es ist einem lieber, wenn es an einem Trainingstag statt an einem Spieltag ist. Er war aber nicht so schlecht drauf, dass ich etwas unternehmen musste. Und dann, als er am Samstag sagte, er hätte die Grippe, hab ich es diesem Umstand zugeschrieben.«
    Paula nickte. »Das hätte jeder getan. Jetzt muss ich Ihnen diese Fragen stellen. Gibt es irgendjemanden, der einen Groll gegen Robbie hegt? Hat er Drohbriefe bekommen? Gab es Probleme mit Stalkern?«
    Flanagan zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. »Man schafft es nicht dorthin, wo er ist, ohne sich irgendwann mal bei dem einen oder anderen unbeliebt zu machen, wissen Sie? Zum Beispiel gab es immer mal Ärger zwischen ihm und Nils Petersen, dem Innenverteidiger von Manchester United. Aber so ist Fußball eben. Es ist ja nicht wie im richtigen Leben. Ich meine, wenn er Petersen in einer Bar träfe, würden sie sich wahrscheinlich auf eine kleine Streiterei einlassen, aber das wäre alles. Es würde nicht zu einer Schlägerei kommen, ganz zu schweigen von Vergiftung.« Er hob die Hände. »Es ist verrückt, wie etwas aus einem schlechten Film. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, weil das alles einfach unsinnig ist.« Er wies mit dem Daumen auf die Tür. »Der Junge dort liegt im Sterben, und das ist eine Tragödie. Das ist alles, was ich weiß.«
    Paula spürte, dass sie den Punkt erreicht hatte, an dem von Flanagan keine weiteren Antworten zu erwarten waren. Sie würde wohl noch einmal mit ihm sprechen müssen, hielt es aber für unwahrscheinlich, dass er ihr jetzt viel mehr zu sagen hatte. Sie stand auf. »Ich hoffe, Sie können sich von ihm verabschieden, Mr. Flanagan. Danke für das Gespräch.«
    Er nickte, schon so zerstreut, dass es ihn nicht interessierte, was sie zu sagen hatte. Paula ging und dachte dabei an den Tod und neue Chancen. Ihr war das Leben inklusive der Schuldgefühle zurückgegeben worden, die sie als Überlebende belasteten. Aber mit der Hilfe von Tony Hill begann sie zu verstehen, dass sie diesem Geschenk einen Sinn geben

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