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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Ich glaube das nicht von ihm.«
    »Sie sagten vorhin, dass Sie Torhüter, nicht Robbies Hüter seien. Wie können Sie so sicher sein, dass er nie Drogen nimmt?«, fragte Kevin mit milder Stimme, aber aufmerksamem Blick.
    »Wir haben darüber gesprochen. Über Drogen im Sport. Und zum Spaß. Robbie und ich, wir haben da die gleiche Meinung. Es ist eine Dummheit. Man betrügt sich selbst, man betrügt die Fans und den Club. Wir kennen beide Leute, die Drogen nehmen, und wir verachten sie«, sagte er heftig. »Wer immer Robbie vergiftet hat, mit Drogen hat er es nicht gemacht.«

    Als Carol in Robbie Bishops Wohnung ankam, hatte Detective Constable Sam Evans schon mit der Durchsuchung angefangen. Das Zuhause des Fußballers war eine Penthouse-Wohnung mit Dachterrasse mitten in der Stadt. Das Gebäude war früher ein Lagerhaus gewesen. Der Hauptwohnbereich war sehr hell vom Tageslicht, das durch Jugendstilfenster mit Eisenrahmen hereinfiel. Sam durchsuchte gerade die Schreibtischschubladen, und ein Sonnenstrahl ließ seine kaffeebraune Haut glänzen. Er sah auf, als Carol hereinkam, schüttelte dann aber wehmütig den Kopf. »Nichts«, meinte er. »Bis jetzt jedenfalls.«
    »Welche Art Nichts?« Sie zog ein Paar Latexhandschuhe an.
    »Ordentlich abgeheftete Rechnungen, Bankauszüge, Kreditkartenabrechnungen. Er zahlt seine Rechnungen pünktlich und bringt jeden Monat sein Kreditkartenkonto in Ordnung. Er ist Kunde bei einem Wettbüro, setzt ein paar hundert im Monat auf Pferde. Nichts Auffälliges. Ich hab noch nicht in seinen Computer geguckt, hab gedacht, ich überlasse das Stacey.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie das freut. Meinen Sie, dass sie überhaupt weiß, was Fußball ist?«, fragte Carol und ging zum Fenster hinüber und schaute hinaus. Man sah aus der Vogelperspektive auf die Stadtmitte. Leute gingen ihren Geschäften nach, Straßenbahnen fuhren auf den sich kreuzenden Schienen, Brunnen spuckten Wasser, Verkäufer von Straßenzeitungen versuchten Käufer zu überreden, Schaufensterbummler standen vor vielversprechenden Auslagen. Niemand dort dachte daran, einen Spieler der Premier League mit Rizin zu vergiften, heute nicht. Morgen oder übermorgen, wenn Robbie Bishop schließlich starb, würde sich das ändern. Aber heute nicht. Noch nicht. Sie drehte sich um. »Was haben Sie bis jetzt schon gemacht?«
    »Nur den Schreibtisch.«
    Carol nickte. Sie sah sich um. Sams Entscheidung, mit dem Schreibtisch anzufangen, war die richtige gewesen. Es gab nicht viele andere Möglichkeiten. Im Essbereich war alles aus Glas und Stahl, dort konnte man nichts verstecken. Es gab zwei Garnituren aus roten Ledersofas, eine stand einem riesigen Flachbildschirm mit Heimkino und PlayStation gegenüber. Die andere Garnitur umlagerte einen niedrigen Couchtisch aus Glas, dessen Vorderkante wie eine sich brechende Woge geformt war. An einer Wand standen flächendeckend Regale mit einer umfangreichen Sammlung von DVDs und CDs. Jemand musste sie einzeln durchgehen, aber das würde sie dem Technikerteam überlassen. Sie ging zum Regal hinüber. Die CDs waren zum größten Teil von Leuten, die sie nicht kannte. Was sie den Namen nach zuordnen konnte, war Tanzmusik und Hip-Hop. Sie nahm an, dass auch der Rest diesem Geschmack entsprach.
    Die DVDs waren ungefähr nach Genres geordnet, auf zwei Regalbrettern in der Mitte Fußball, populäre Action- und Comedyfilme dazwischen, Fernsehcomedys und -filme darüber. PlayStation- und Computerspiele füllten das unterste Regal. Bezeichnenderweise fanden sich die Pornos auf dem obersten. Carol überflog die Titel und fand, dass Robbies Geschmack bei Pornofilmen genau so wenig abenteuerlich war wie bei den anderen Filmen. Falls es nicht irgendwo noch einen geheimen Vorrat gab, schienen Robbies sexuelle Neigungen nicht so geartet zu sein, dass er ihretwegen umgebracht werden könnte.
    Carol schlenderte ins Schlafzimmer und lächelte sarkastisch beim Anblick eines Bettes, das bestimmt über zwei Meter breit war. Auf den zerknitterten dunkelblauen Seidenbezügen lagen ein Haufen Kunstpelze und ein Dutzend Kissen. Die Wand gegenüber dem Bett wurde von einem weiteren Flachbildschirm beherrscht, und an den anderen Wänden hingen Akte, die der Händler bestimmt als »künstlerisch wertvoll« beschrieben hatte.
    Ein begehbarer Schrank nahm eine komplette Wand ein. Ein Teil war leer. Carol fragte sich, ob die Sachen seiner Verlobten zuvor hier gehangen hatten oder ob er gerade gründlich aufgeräumt hatte.

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