Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Viertelstunde.«
    Im Weggehen setzte sich Carol über das Mobilfunkverbot des Krankenhauses hinweg und rief ihren Chef an. John Brandon, Polizeipräsident der Bradfield Metropolitan Police, hatte sie zur Polizeiarbeit zurückgebracht, als sie diese voller Verzweiflung an den Nagel hatte hängen wollen. Er hatte das Sondereinsatzteam gegründet, das sie leitete, und war der einzige höhere Polizeibeamte, dem sie vorbehaltlos vertraute.
    Sie informierte ihn über den Stand der Dinge im Fall Robbie Bishop und erklärte, dass sie eine gemeinsame Pressekonferenz abhalten müssten.
    »Tun Sie das«, bekräftigte Brandon. »Sie sind vor Ort. Ich vertraue Ihrem Urteil.«
    »Ich bin mir nur wegen einer Sache nicht sicher. Ich weiß nicht, ob wir es öffentlich Mord nennen oder bei ungeklärter Todesursache bleiben sollten.«
    »Meinen Sie, dass es um einen Mord geht?«
    »Man kann es kaum anders sehen.«
    »Dann entscheiden Sie sich für Mord. In einem Fall wie diesem, der großes Interesse erregen wird, werden sie uns fertigmachen, wenn sie meinen, wir sicherten uns nur ab. Nennen Sie es beim Namen, wenn Sie es so sehen.«
    »Danke, Sir.«
    »Und, Carol, halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Carol legte gerade noch rechtzeitig auf. Als sie ihr Telefon in die Tasche zurücksteckte, stand ein Fernsehreporter, der sie erkannt hatte, am Rand der Gruppe von Presseleuten. Er löste sich aus dem Pulk, rief ihren Namen und lief auf sie zu.
    Carol lächelte und deutete mit den Fingern ein Winken an. Als er den Haupteingang erreichte, war sie schon weit ins Labyrinth der Krankenhauskorridore vorgedrungen. Es ging also los.

    Yousef betrat gleich nach dem Beginn der abendlichen Lokalnachrichten das Wohnzimmer. Er setzte zum Sprechen an, aber Raj und Sanjar gaben ihm beide ein Zeichen, still zu sein. »Warum?«, protestierte er und schubste Raj leicht, damit er Platz machte und Yousef sich auf das Couchende quetschen konnte.
    »Robbie Bishop«, sagte Sanjar. »Er ist tot.«
    »Das kann nicht sein«, widersprach Yousef.
    »Psst!«, beharrte Raj. Er war der einzige wirkliche Fußballfan der drei Brüder. Sanjar mochte Kricket, aber Yousef hatte sich nie von der Sportbegeisterung anstecken lassen. Trotzdem war diese Nachricht für seine Wochenendpläne interessant.
    Der Nachrichtensprecher auf dem Bildschirm blickte sehr ernst. »Und jetzt schalten wir live zur Pressekonferenz im Bradfield Cross Hospital, wo Robbie Bishops Arzt Dr. Thomas Denby eine Erklärung abgibt.«
    Ein Typ in formellem Anzug und mit elegantem Haarschnitt saß an einem Tisch neben einer gutaussehenden Blondine und einer unscheinbaren Brünetten in einem weißen Kittel. »Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Robbie Bishop vor einer halben Stunde hier auf der Intensivstation im Bradfield-Cross-Krankenhaus verschieden ist. Seine Eltern und Martin Flanagan, der Manager von Bradfield Victoria, waren bei ihm, als er starb.« Piekfeine Aussprache. Er räusperte sich und fuhr fort: »Wir wussten schon seit einigen Stunden, dass wir nichts mehr für Robbie tun konnten, als dafür zu sorgen, dass seine letzten Stunden für ihn so erträglich wie möglich waren.« Im Hintergrund war das Murmeln von Reportern zu hören, die weder die Geduld noch die Manieren hatten, um auf das zu warten, was Denby zu sagen hatte. Genau wie sein jüngster Bruder, der ständig wiederholte: »Woran ist er denn gestorben?«
    Der vornehme alte Knacker hielt die Hand hoch und bat um Ruhe. Er wartete ein paar Sekunden und fing dann noch einmal an. »Heute früh bekamen wir die Laborergebnisse, die schlüssig bewiesen, dass Robbie Bishop keine Infektion hatte. Die Todesursache war eine beträchtliche Dosis des Giftes Rizin.« Im Raum entstand Unruhe.
    »Verdammt«, flüsterte Sanjar. »Ist das nicht das Zeug, weswegen sie all die Jungs festgenommen haben, die es hergestellt haben sollten? Die sogenannten Terroristen?«
    »Ja, aber die meisten haben sie wieder laufenlassen«, antwortete Yousef. »Ich glaube, nur einer von den Typen musste deshalb vor Gericht.«
    »Dann werden sie uns die Schuld geben«, mutmaßte Raj mit ernstem Gesicht und glänzenden Augen. »Sie werden sagen, dass es islamische Fundamentalisten waren. Ich sag euch, ich bin Fan der Vics, seit ich klein war, aber das wird jetzt keinen Unterschied machen.«
    Yousef klopfte ihm unbeholfen auf die Schulter. Raj tat ihm leid, aber er musste an den größeren Zusammenhang denken – für den es jetzt noch besser aussah. In letzter

Weitere Kostenlose Bücher